Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 22.1930

DOI issue:
Heft 17/18
DOI article:
Rundschau
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.27696#0512
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
liche Malerei, brachte ihn früh in bewußten Gegen-
satz zu der abstrakten Richtung des Bauhauses und
zur Auseinandersetzung mitMalernder Vergangen-
heit, vor allem Rembrandt und Marees. Der kom-
positionellen Sicherheit seiner ersten Arheiten ent-
spricht eine klare, ungebrochcne Farbgebung, der
altmeisterliclien Haltung in den Bildern seiner
zweiten Periode eine abgestimmte, immer mehr
raumgliedernde Farbigkeit. Zuletzt bescbäftigten
ihn mythologische und religiöse Stoffe, wie die
»Geburt der Venus« und »Noli me tangere« ; aucli
landschaftliche Motive klingen an. Seine Gestalten
gewinnen eine Hoheit der Gebärdensprache, die
durch Unmittelbarkeit der Empfindung und Le-
bensnähe zu ergreifenden Wirkungen gelangt. Im
Streben nach neuen Licht- und Tonwerten war
Driesch einer der erfolgreichston Vorkämpfer der
jüngsten Generation. D.

MANNHEIM

Die Städtische Kunsthalle veranstaltet zur Zeit
eine sehr ausgedehnte Ausstellung italienischer
Zeichnungen von der Frülirenaissance bis zum Aus-
gang des Barock mit sorgfältig ausgewähltem Re-
produktionsmaterial. Was der Zeichenstift als
williges Werkzeug zur Erprohung, Intensivierung
und Sublimierung des mit der llenaissance herauf-
gezogenen neuen Verhältnisses zur Natur geleistet
hat, wird in großer Überschau sichtbar, wobei neben
den überragenden Meistern die kleineren, gerade
im Zeichnerischen sich charakterisierenden Geister
niclit vergessen sind. Das von Dr. Tannenbaum
geleitete Kunsthaus trat in letzter Zeit wieder mit
einer Auswahl phanlasievoller Bilder für James
Ensor ein. Auch der Surrealist Max Ernst ist mit
mehreren interessanten Stücken vertreten.

Die Galerie Buck ist in neue, gut belichtete
Bäume übergesiedelt und beniitzt den gewonnenen
Raum derzeit zu einer beträchtlichen Garl-Hofer-
Ausstellung. E. Diirr

WILIIELM TISCIIBEIN - AUSSTELLUNG IN
OLDENBURG

Zur Zeit wird im Landesmuseum die große Wil-
helm Tischbein-Gedächtnisausstellung gezeigt. In-
und Ausland, öffentliche und private Sammlun-
gen haben sich an der Beschickung beteiligt und
eine durch Qualität und Zalil sehr erfreuliche
Menge von Werken Tischbeins zur Verfügung ge-
stellt. Direktor Dr. M ü 11 e r -W u 1 c k o w ist es ge-
lungen, auch aus der bisher kaum bekannten
Frühzeit des Malers eine Fiille von Material zu-
sammenzubringen und sie einer Auswahl aus der
Überfülle der Spätwerke gegenüberzustellen. Tisch-
bein hat durch eine ungewöhnliche Vielseitigkeit
Bedeutung gehabt. In den Frühwerken finden
sich eindeutige Anklänge an Boucher, an den Rem-
brandt-Kreis, an chinesische Malerei. In den 70 er
Jahren des 18. Jahrhunderts greift er bereits Na-
turmotive auf, die er t\o Jahrc später bei der Idylle

480

verwendet und bei denen man bisher eine Abhän-
gigkeit von G. D. Friedrich annehmen mochte. Es
ist höchst interessant zu selien, wie er sich unter
den Anregungen von Lavater und Goethe entwik-
kelt, wie er auf Dürer und die italienischen Mei-
ster bis zu Michelangelo und Giulio Romano re-
agiert, ehe er unter dem entscheidenden Einfluß
des Studiums der antiken Vasen, Fresken und Sar-
kophage zu jener Manier kommt, die ein wesent-
liches Merkmal seiner Spätzeit ist. Er bringt aus
Italicn nach Ilamburg einen Formenbestand, der
für die frühen Romantiker von fundamentaler Be-
deutung wird. Er greift in Hamburg erneut mit
Begeisterung nach den Bildern der niederländi-
schen Malerei des 17. Jahrhunderts, kopiert, modi-
fiziert — und liefert der Genremalerei und der
Historienmalerei des ig. Jahrhunderts Bildtypen,
die wenig verwandelt lange noch gelebt haben. So
geben die Bilder und Studien der Wilhelm Tiscli-
bein-Gedächtnisausstellung eine Fülle von Anre-
gungen und Hinweisen zur Kenntnis der Kunst-
geschichte zwischen Rokoko und Biedermeierzeit
und zum Verständnis der kulturellen Grundlagen
des ig. Jahrhunderts. Der Katalog enthält 554
Nummern und 28 Abbildungen. Meinhof

ULM a.D.

OberschwäbischeRenaissance-Ausstellung
Wiihrend der Monate August und September findet
im Ulmer Schwörhause und im Kupferstichkabinett
des Museums eine Renaissance - Ausstellung statt,
deren Hauptnachdruck auf dom Gebiete der Ma-
lerei und Graphik liegt, während die Plastik
nur mit wenigen Stücken vertreten ist. DasKunst-
handwerk der Ulmer Renaissance soll einer spä-
teren Ausstellung vorbehalten sein.

Die verdienstvolle Ausstellung sucht die künstle-
rischen Leistungen Ulms und Oberschwabens wäh-
rend der genannten Epoche vor allem auf drei
Gebieten aufzuweisen. Zunächst zeigt sie die Ent-
wicklung der religiösen Malerei und Graphik
vom Ausgang der Spätgotik über das ganze iG. und
17. Jahrhundert bis zum Friihbarock. Die Spät-
gotik ist mit einigen vortrefflichen Stücken ver-
treten, so vor allem mit drei Tafeln eines großen
Flügelaltares von Jörg Stocker, die sich im Schlosse
zu Allmendingen hefinden, einem vorzüglichen
kleinen Brustbild des lil. Andreas (Dr. Mühsam,
Berlin) mit dem versonnen lesenden Alten und
der an die Donauschule gemahnenclen Gebirgs-
landschaft im Ilintergrunde, einer figurenreichen
Predella der hl. Sippe von Ilans I’ries (Leihgabe
von Max Singerwald in Leipzig). Neben diesen
guten Leistungen wird aucli das Erstarren der spät-
gotisclien Ulmer Schule ins Formelhafte an vier
großen Tafeln aus der Werkstatt Schüchlins sicht-
bar. Die typisch ulmische Steifheit und Unbe-
wegtheit im Ausdruck, die aber in Wirklichkeit
andächtige Ergriffenheit bedeuten soll, die nücli-
terne Schilderung der Menschen und Dinge, die
 
Annotationen