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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 22.1930

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Heft 17/18
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.27696#0511

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dazu Deckfarbenmalereien und Federzeichnungen
nach den Feslumzügen, Jagdcn, Aufführungen,
Dekorationen, PöppelmannsKupferstichwerk »Der
Zwinger« (1728) u. a. Die Geschichle des Zwingers
aber setzte sich fort bis in unsere Tage und war
den Malern und Zeichnern des 18. und ig. Jahr-
hunderts eine reiche Quelle der Anregung, vor
allem den Dresdner Romantikern und Realisten
bis A. Menzel, dessen »Wallpavillon« (1880) die
erste Seite des hübschen Kataloges (bearbeitet von
F. Schubert) schmückt.

Es wird von Jahr zu Jahr schwieriger, Querschnitte
durch lokal abgegrenzte Rezirke des deutschen
Kunslschaffens zu geben. Allgemeinedeutsche Aus-
stellungen sind eher zu bewerkstelligen, weil man
mit Prominenten glaubliaftc Akzente geben kann.
Das giR selbst für Berlin. Die dicsjährige Aus-
stellung Dresdner Ivunst hat wie alle gegcn-
wärtigen YeranstaRungen dieser Art ein anständiges
Niveau, zeigt eine weiter zunehmende Konsolidie-
rung der künstlerischen Form, aber wenig Unbe-
kanntes und noch weniger Höhepunkte. Vielleicht
sind wir aucli nacli so viel entscheidenden Anfängen
verwöhnt, es können nicht dauernd große Talente
nachwachsen. Die begonnenen EntwickRmgslinien
werden fortgesetzt. Dabei ist man nicht mehr so
ängstlich wie früher, Es giR nicht als kompromittie-
rend, auf Munch oder Corinth zurückzugreifen. Na-
türlich, daß andere Komponenten leicht mitschwin-
gen. Eine große Rolle spieR immer noch die aRe
Sachlichkeit, sowohl von Richard MüRer wie von
Otto Dix lier. Dies also war die Rettung aus dem
Überschwang, denn immer nocli besser nüchtern als
ekstatisch ohne Iiintcrgrund. Die konstruktive und
ungegenständRchc Kunst hat inSachsen keinenBo-
den gefunden. Die bekannten Dresdner sind gut
vertreten: Dorsch, Feldbauer, L. v. Hofmann,
Rößler. Yon den Jüngeren zeigt Ottolange far-
benreiche Landschaften, P. Cassel einen pliantasie-
begabten Naturausschnitt, W. Kriegel den in Ber-
Rn bekannten »Gorilla«,H. Cristoph ein ausdrucks-
starkes »Selbstporträt«, G. Schmidt ein »Mutter-
pferd«, P. Wilhelm ein gut gebautes Stadtbild.
Beutner, Frank, Grundig, Miller, Hebert, Rosen-
hauer mid Skade sind der aussichtsreiche Nach-
wuchs des Ortes. Es ist allerlei los, aber eine Auf-
frischung der Akademie könnte nichts schaden und
würde dem Kunstleben neue Rnpulse geben.

In der »Fides« Aquarelle und Zeichnungen von
011 o D i x aus den Jahren 1 g 13— 1 g3o. Ein »Kna-
benkopf« von igi5 von unbegreiflicher Frühreife,
fremdereBlätter aus demKrieg, die phosphoreszie-
renden Darstellungen der weiblichen bete humaine
mit dadaistischen, aber künstlerisch restlos über-
zeugenden Formelementen, die immer wieder
faszinierenden Köpfe von ig22/23 mit ihrer inten-
siven Erfassung menschlichen Seins. Dann, selte-
ner auftretend, AquareRe und Zeichnungen als
Begleitung des Gemäldes, die Frau, die Kinder;
wie nebenbei und unabsichtlich entstanden, aber

Rueland Frueauf Der hl. Hieronymus

Aus der Versteigerung der Sammlung Figdor
am 2g. und 50. September in Berlin

gerade in diesem Nebenher treffend, Gelegenheits-
gedichte. Schließlich Werkzeichnungen zu Kompo-
sitionen aus letzter Zeit. Das Ganze der Beweis
einer einseiRgen großen Kraft, die nacli wie vor
die deutsche Kunst mitbestimmt.

Nach Dix die »Aktion«. Malerische oder politi-
sche Aktivisten? Außer bei Otto Griebel, der zu
Dix und Grols geliört und ein Sacco-Vanzetti-Bild
ausstellt, ist von Politik nicht viel zu spüren. Da-
für stellt B. Kretzschmar sehr gute Malereien aus,
von großer Kultur der farbigen Gestaltung. Ne-
ben ihm vor allem W. Lachnit und E. Schönberg
und der ausgezeichnete Bildhauer Eugen Hoff-
mann. Das Ganze eine notwcndige Ergänzung der
gleichzeitigen Ausstellung im Kunstverein.

Grohmann

ERFURT

In den Räumen des Kunstvereins ist der Nachlaß
des Malers Johannes Driesch zu einer Ge-
dächtnisausstellung vereinigt worden und wird von
hier aus den Weg durch verschiedene Kunststätten
Deutschlands antreten. Driesch, der im Februar
dieses Jahres in Erfurt gestorben ist, hat nur ein
Alter von 29 Jahrcn erreicht. Er ist in Krefeld ge-
boren und arbeitete nach vorübergehendem Auf-
enthalt in München am Weimarer Bauhaus, wo er
Schüler von Gerhard Marcks war. Die letzten bei-
den Jalire seines Lebens verbrachte er in Frank-
furt. Sein Ziel: Raumgestaltung durch gegenständ-

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