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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 22.1930

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Heft 17/18
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.27696#0513
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Bernhard Strigel Bildnis der Bianca Maria Sforza

Aus der Versteigerung der Sammlung Figdor am
29. und 30. September in Berlin

harte und kalte Form- und Faltengebung
läßt das Erlahmen der religiösen Bildkräfte
deutlicli verspiiren. Wie lange die Spätgotik
in Ulm nachgewirkt hat, zeigt eine Kreuz-
tragung aus der Ulmer Dreifaltigkeitskirche
um i55o und ein für diese Zeit (Mitte des
16. Jahrhunderts) sehr seltener Schnitzaltar
aus Donaurieden, jetzt im Schloß Erbach.

Ein Abendmahl aus der Schule Jörg Rath-
gebs von Gmünd und eine Kreuzigung
aus der Ulmer Dreifaltigkeitskirche zeigen
die völlige Auflösung des religiösen Bildes
in zahllose, anekdotisch geschilderte Einzcl-
heiten. Erst von der Mitte des 17. Jahr-
hunderts an ist ein neuQr Aufstieg der
religiösen Malerei zu beobachten, so in dem
großen Abendmahl aus der Kirche zu Un-
terbalzheim, wohl von dem Memminger
Joliann Heiß, das schon die ganze Bewegt-
hcit und große Bildeinheit des Barock be-
sitzt, ferner in einem sehr feinen hl.Joseph
desselben Künstlers, schließlich in den Wer-
ken von Josepli Esperlin aus Degernau
(17 o 7 — 7 5) und in den Stichen von Johann
Heinrich Schönfeld und Johann Heiß.

Dcr Hauptnachdruck des künstlerischen
Schaffens dieser Zeit liegt im Porträt. Über
die Entwicklung des ulmischen und ober-
schwäbischen Porträts von iler Frührenais-
sance bis zum Frühbarock gibt die Ulmer
Ausstellung einen umfassenden Überblick.

Neben zahlreichen anonymen Werken seien
vor allem der jüngere Georg Rieder aus
dem 16., die Schuech, Kummer, Stölzlin,
die aRerdings nur mit Graphik verlreten
sind, aus dem 17., Tobias Laub aus dem
18. Jalirhundcrt erwähnt.

Ein weiteres Verdienst der Ulmer Ausstel-
lung besteht darin, daß sie die Bedeutung
der größten oberschwäbischen Renaissance-
maler stark herausarbeitet, so vor allem
des Biberacher Johann Heinrich Schönfeld
(i6o()-8a). Seine »Musikalische Unter-
haltung« aus der Dresdner Galerie mit dem
hohen geschlossenen Raum, dem feinen Spiel
von Luft undLicht, sein imFIelldunkel vorzüglicher
»Kadmus den Drachcn tötend« und vor allem sein
kleines, aber vollendetes Bild »Jakob am Brunnen«,
das in dem feinen Duft der samtigen Farben zum
besten der Ausstellung gehört, schließlich scine
wertvollen Zeichnungen und Sticlie lassen ihn als
einen der größten Renaissancemaler nicht nur
Schwabens, sondern Deutschlands erscheinen. Am
nächsten kommt ihm der bereits genannte Joliann
Heiß von Memmingen (16/16-170/1), der sowolil
mit Gemälden wie mit Stichcn gut vertreten ist.
Wichtig sind schließlich noch die Ulmer Stein-
ätzungen aus dem 16. Jahrhundert, so vor allem
die reich mit Farben und Metall geschmückte
Schreibtafel des Ulmer Schreibmeisters Johann

Kraft von i5gi, die das Ulmer Museum jüngst aus
St. Gallcn zurückerworben hat und die kostbare
runde Tischplatte aus dem Scliloß Achstetten, ein
Werk dcs Isaak Kiening von Isny.

So bietet die Ulmer Ausslellung viel des Sehens-
werten und vermag unsere Kenntnisse auf einem
bisher vernachlässigten Gebiete zu erweitern und
zu vertiefen. Ifeinrich Getzeny

KOSTBARKEITEN AUS PREUSSISCITEN
SCHLÖSSERN

Die Preußische Akademie der Künste veranstaltet
von Ende September his Ende November in ihren
Räumen am Pariser Platz gemeinschaftlich mit der
Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten

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36 Der Cicerone, Jahrg. XXII, Heft i7/i8
 
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