784 die rheinische monumentalmalerei.
Zeichnung, auch die Ornamentik ist aber ganz im Sinne der romanischen Deckmalerei103. — Der
zeichnerische Stil der hochromanischen Zeit hat am Niederrhein keine so außerordentlichen Kunst-
werke geschaffen, wie es der Hortus Deliciarum der Herrad von Landsberg, wie es die verschiedenen
Handschriften des Speculum virgmum des Konrad von Hirsau sind. Bei den Malereien der frommen
Äbtissin des elsässischen Odilienklosters denken wir immer zunächst an die Malereien von Schwarz-
rheindorf. Das aus M.Gladbach stammende Evangelienbuch in der Großherzoglichen Bibliothek (Nr. 530)
in Darmstadt gibt diesen ganzen Stil nur in einer sehr zarten, schüchternen, ein wenig verblasenen Form,
besser eine noch in M.Gladbach selbst befindliche Handschrift eines Missale und eine jüngst in die
Königl. Bibliothek zu Berlin gelangte, durch den Mönch Konrad in Gladbach nach 1150 gefertigte
Abschrift der Chronik des Albertus Aquensis104.
Die Bilder des Schreibers und der vier Evan-
gelisten in dem Darmstädter Kodex geben in der
höchst sorgfältigen Zeichnung mit den überein-
andergeschlagenen Beinen, dem Durchmodellieren
der Glieder durch die Gewandung eine Parallele zu
den Evangelistenbildern in der Hauptapsis von
Schwarzrheindorf. Wohl die künstlerisch vollen-
detsten Buchmalereien dieser rheinisch-romanischen
Malerei des rationalen Stiles weist das Kölner (?)
Lektionar in Paris (Bibl. nat., Cod. lat. 17325) auf.
Wie glücklich ist hier der weiche, fließende Stil
den besonderen Ansprüchen der Buchillustration
angepaßt. Eine ausgeglichene Schönheit der Zeich-
nung, ohne die flatternden Gewandzipfel des
Meisters von Schwarzrheindorf, aber das Ganze
temperamentlos, unindividuell. In dem Typus der
Madonna hier schon früh das byzantinische Vorbild,
ebenso in zweien der Evangelisten, deren seltsam
langgezogene Köpfe mit den steilen kahlen Stirnen
sicher aus dem Osten stammen.
Eine sicher in Köln entstandene und ungefähr
datierte Handschrift fällt scheinbar ganz aus der
Technik dieser Federzeichnungshandschriften her-
aus: es ist die um 1160 von Theodoricus aedituus
geschriebene Chronik der Benediktinerabtei Deutz,
Köln gegenüber, in der Fürstlich Hohenzollernschen
Fig. 5i4. st. Pantaleon in dem Evangeiiar aus st. Pantaleon Bibliothek in Siemaringen (Nr. 7). Die Bilder zeigen
(Köln, Stadtarchiv). 8 b V '„*,., 7
jene Modellierung in starken Parallelstrichen der-
selben Farbe, wie sie für eine andere Gruppe von Bilderhandschriften üblich ist, aber unter dieser Schale
erscheint dann als Grundlage eine Zeichnung, die ganz mit den Skizzen des Meisters von Schwarzrheindorf
übereinstimmt — man vgl. etwa die obere Hälfte jenes das Schicksal der Verdammten schildernden Blattes,
wo die begnadigte Seele von zwei Engeln aufwärts entführt wird (Fig. 515)105. Noch weiter ent-
Düsseldorf 1904, S. 181. Nr. 530, Abb. im Anhang. — E. presque negligeable dans Pimpression d'ensemble, et n'inter-
Renard, Köln S. 37. viennent pas du tout dans le coloris qui reste brillant et clair.
103 Die Hs. im Katalog d. Kunsthistor. Ausstellung Düssel- 104 Aus dem Gladbacher Missale 3. Blatt publiziert bei
dorf 1904. S. 180, Nr. 529, von Haseloff bei Michel, Hist.de Ernst Brasse, Geschichte der Stadt u. Abtei Gladbach,
l'art II, 1, p. 327, erwähnt: revele, au moins dans les types Gladbach 1914, S..200. Ebenda als Titelbild auch Lichtdruck
de tete, unetres forte influence byzantine. Über den Anteil des der Hs. des Albertus Aquensis. Proben aus dem Berliner
Byzantinismus an den rheinischen Hs. d. 12. Jh. spricht sich Kodex im Auktionskatalog Boerner, Leipzig 1913.
Haseloff vorher aus (p. 326 unten): Les traces d'influences 105 Über die Deutzer Hs. (um 1170) vgl. L^comblets Archiv
byzantines n'ont pas disparu, mais elles ne jouent qu'une röle f. d. Gesch. d. Niederrheins V, S. 253, 290. — F. X. Kraus,
Zeichnung, auch die Ornamentik ist aber ganz im Sinne der romanischen Deckmalerei103. — Der
zeichnerische Stil der hochromanischen Zeit hat am Niederrhein keine so außerordentlichen Kunst-
werke geschaffen, wie es der Hortus Deliciarum der Herrad von Landsberg, wie es die verschiedenen
Handschriften des Speculum virgmum des Konrad von Hirsau sind. Bei den Malereien der frommen
Äbtissin des elsässischen Odilienklosters denken wir immer zunächst an die Malereien von Schwarz-
rheindorf. Das aus M.Gladbach stammende Evangelienbuch in der Großherzoglichen Bibliothek (Nr. 530)
in Darmstadt gibt diesen ganzen Stil nur in einer sehr zarten, schüchternen, ein wenig verblasenen Form,
besser eine noch in M.Gladbach selbst befindliche Handschrift eines Missale und eine jüngst in die
Königl. Bibliothek zu Berlin gelangte, durch den Mönch Konrad in Gladbach nach 1150 gefertigte
Abschrift der Chronik des Albertus Aquensis104.
Die Bilder des Schreibers und der vier Evan-
gelisten in dem Darmstädter Kodex geben in der
höchst sorgfältigen Zeichnung mit den überein-
andergeschlagenen Beinen, dem Durchmodellieren
der Glieder durch die Gewandung eine Parallele zu
den Evangelistenbildern in der Hauptapsis von
Schwarzrheindorf. Wohl die künstlerisch vollen-
detsten Buchmalereien dieser rheinisch-romanischen
Malerei des rationalen Stiles weist das Kölner (?)
Lektionar in Paris (Bibl. nat., Cod. lat. 17325) auf.
Wie glücklich ist hier der weiche, fließende Stil
den besonderen Ansprüchen der Buchillustration
angepaßt. Eine ausgeglichene Schönheit der Zeich-
nung, ohne die flatternden Gewandzipfel des
Meisters von Schwarzrheindorf, aber das Ganze
temperamentlos, unindividuell. In dem Typus der
Madonna hier schon früh das byzantinische Vorbild,
ebenso in zweien der Evangelisten, deren seltsam
langgezogene Köpfe mit den steilen kahlen Stirnen
sicher aus dem Osten stammen.
Eine sicher in Köln entstandene und ungefähr
datierte Handschrift fällt scheinbar ganz aus der
Technik dieser Federzeichnungshandschriften her-
aus: es ist die um 1160 von Theodoricus aedituus
geschriebene Chronik der Benediktinerabtei Deutz,
Köln gegenüber, in der Fürstlich Hohenzollernschen
Fig. 5i4. st. Pantaleon in dem Evangeiiar aus st. Pantaleon Bibliothek in Siemaringen (Nr. 7). Die Bilder zeigen
(Köln, Stadtarchiv). 8 b V '„*,., 7
jene Modellierung in starken Parallelstrichen der-
selben Farbe, wie sie für eine andere Gruppe von Bilderhandschriften üblich ist, aber unter dieser Schale
erscheint dann als Grundlage eine Zeichnung, die ganz mit den Skizzen des Meisters von Schwarzrheindorf
übereinstimmt — man vgl. etwa die obere Hälfte jenes das Schicksal der Verdammten schildernden Blattes,
wo die begnadigte Seele von zwei Engeln aufwärts entführt wird (Fig. 515)105. Noch weiter ent-
Düsseldorf 1904, S. 181. Nr. 530, Abb. im Anhang. — E. presque negligeable dans Pimpression d'ensemble, et n'inter-
Renard, Köln S. 37. viennent pas du tout dans le coloris qui reste brillant et clair.
103 Die Hs. im Katalog d. Kunsthistor. Ausstellung Düssel- 104 Aus dem Gladbacher Missale 3. Blatt publiziert bei
dorf 1904. S. 180, Nr. 529, von Haseloff bei Michel, Hist.de Ernst Brasse, Geschichte der Stadt u. Abtei Gladbach,
l'art II, 1, p. 327, erwähnt: revele, au moins dans les types Gladbach 1914, S..200. Ebenda als Titelbild auch Lichtdruck
de tete, unetres forte influence byzantine. Über den Anteil des der Hs. des Albertus Aquensis. Proben aus dem Berliner
Byzantinismus an den rheinischen Hs. d. 12. Jh. spricht sich Kodex im Auktionskatalog Boerner, Leipzig 1913.
Haseloff vorher aus (p. 326 unten): Les traces d'influences 105 Über die Deutzer Hs. (um 1170) vgl. L^comblets Archiv
byzantines n'ont pas disparu, mais elles ne jouent qu'une röle f. d. Gesch. d. Niederrheins V, S. 253, 290. — F. X. Kraus,