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XXXIV. Alte Strassen in per Wetterau
XXXIV. Alte Strassen in der Wetterau und auf der rechten Seite
des Mains und des Rheins bis Rheinbrohl*) (Taf. XXXI).
Die Unterscheidungsmerkmale, an denen wir eine alte Strasse er-
kennen, sind schwer festzustellen, wenn uns nicht, wie bei römischen, wenig-
stens stellenweise die Konstruktion in einem Querprofil erhalten ist. Man
kann sagen, dass eines derselben die Rücksichtslosigkeit sei, mit welcher
sie die Ortschaften, ohne sie zu berühren, rechts und links liegen lassen,
und welche uns zeigt, dass sie ferne Ziele, -unbekümmert um die Interessen
der zunächstwohnenden Bauern, verfolge; in der Ebene ist es die lange
gerade Linie, im Gebirg der Zug auf den Höhenrücken, die Vermeidung
der Stellen, die Brücken und sonstige Kunstbauten bedurft hätten, welche
die alten Heer- und Handelsstrassen kennzeichnen. Von vornherein dürfen
wir nicht alle alten Strassen für Römerstrassen ansehen, denn so gut wie
schon, ehe die Römer ins Land kamen, Handel und Wandel bestand, Waaren
ein- und ausgeführt und zwischen dem Land und seinen Emporien ausge-
tauscht wurden, bestanden auch Strassen und Wege und ich glaube nicht,
dass jemand im Ernst ausserhalb des Limes gelegene alte Strassen den
Römern wird zuschreiben wollen.
Wohl mögen diese während eines Feldzuges nach Deutschland vorüber-
gehend die Bewohner zur Instandhaltung, auf kurze Strecken selbst zur
Neuanlage von Strassen angeleitet und gezwungen haben, auch Holzbrücken
und Knüppeldämme nach Landesart zu bauen; ihre Agenten werden auch
in Friedenszeiten, wie sie für ihre Handelsleute eintraten und deren Verkehr
durch Verträge, Geschenke und Tribut sicherten, wohl auch auf die Instand-
haltung der Handelsstrassen gewirkt haben, aber selbst angelegt haben die
Römer im Ausland keine Strassen, und keine jenseits des Limes gelegene
Strasse verdient den Namen Römerstrasse; wo sie dennoch so genannt werden,
geschieht es in Folge importierter Gelahrtheit.
Die alten vorrömischen und ausserrömischen Strassen hatten sich durch
die Landschaft hin gesucht, und die Strecken gewählt, wo sie für Fuhrwerk
und Saumtiere brauchbar blieben auch ohne Kunstbauten, auch ohne Unter-
haltung; sah man doch noch in unseren Tagen an manchem Fuhrwerk
eine Hacke angebracht, mit welcher der Fuhrmann, zumal der Lücker (Lüt-
ticher Fuhrleute) kleine Wegbesserungen selbst vornehmen konnte! Die
Strassen hatten die von Natur fest und trocken bleibenden Höhenrücken
*) Vergl. auch Dr. Hammeran (Anthropol. Festschrift), Urgeschichte von Frank-
furt, 1882, mit zahlreichen litterarischen Citaten; äusser diesem verdanke ich vieles den
brieflichen Mitteilungen und persönlichen Begehungen mit Herrn Dr. Lotz.
XXXIV. Alte Strassen in per Wetterau
XXXIV. Alte Strassen in der Wetterau und auf der rechten Seite
des Mains und des Rheins bis Rheinbrohl*) (Taf. XXXI).
Die Unterscheidungsmerkmale, an denen wir eine alte Strasse er-
kennen, sind schwer festzustellen, wenn uns nicht, wie bei römischen, wenig-
stens stellenweise die Konstruktion in einem Querprofil erhalten ist. Man
kann sagen, dass eines derselben die Rücksichtslosigkeit sei, mit welcher
sie die Ortschaften, ohne sie zu berühren, rechts und links liegen lassen,
und welche uns zeigt, dass sie ferne Ziele, -unbekümmert um die Interessen
der zunächstwohnenden Bauern, verfolge; in der Ebene ist es die lange
gerade Linie, im Gebirg der Zug auf den Höhenrücken, die Vermeidung
der Stellen, die Brücken und sonstige Kunstbauten bedurft hätten, welche
die alten Heer- und Handelsstrassen kennzeichnen. Von vornherein dürfen
wir nicht alle alten Strassen für Römerstrassen ansehen, denn so gut wie
schon, ehe die Römer ins Land kamen, Handel und Wandel bestand, Waaren
ein- und ausgeführt und zwischen dem Land und seinen Emporien ausge-
tauscht wurden, bestanden auch Strassen und Wege und ich glaube nicht,
dass jemand im Ernst ausserhalb des Limes gelegene alte Strassen den
Römern wird zuschreiben wollen.
Wohl mögen diese während eines Feldzuges nach Deutschland vorüber-
gehend die Bewohner zur Instandhaltung, auf kurze Strecken selbst zur
Neuanlage von Strassen angeleitet und gezwungen haben, auch Holzbrücken
und Knüppeldämme nach Landesart zu bauen; ihre Agenten werden auch
in Friedenszeiten, wie sie für ihre Handelsleute eintraten und deren Verkehr
durch Verträge, Geschenke und Tribut sicherten, wohl auch auf die Instand-
haltung der Handelsstrassen gewirkt haben, aber selbst angelegt haben die
Römer im Ausland keine Strassen, und keine jenseits des Limes gelegene
Strasse verdient den Namen Römerstrasse; wo sie dennoch so genannt werden,
geschieht es in Folge importierter Gelahrtheit.
Die alten vorrömischen und ausserrömischen Strassen hatten sich durch
die Landschaft hin gesucht, und die Strecken gewählt, wo sie für Fuhrwerk
und Saumtiere brauchbar blieben auch ohne Kunstbauten, auch ohne Unter-
haltung; sah man doch noch in unseren Tagen an manchem Fuhrwerk
eine Hacke angebracht, mit welcher der Fuhrmann, zumal der Lücker (Lüt-
ticher Fuhrleute) kleine Wegbesserungen selbst vornehmen konnte! Die
Strassen hatten die von Natur fest und trocken bleibenden Höhenrücken
*) Vergl. auch Dr. Hammeran (Anthropol. Festschrift), Urgeschichte von Frank-
furt, 1882, mit zahlreichen litterarischen Citaten; äusser diesem verdanke ich vieles den
brieflichen Mitteilungen und persönlichen Begehungen mit Herrn Dr. Lotz.