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XXXVII. Ergebnisse der Untersuchung.
Die Entfernung, in welcher die Castelle hinter dem Pfahlgraben liegen,
ist allerdings sehr verschieden. Während die Castelle des Hadrian-Walles
in England meist unmittelbar an der Grenzmauer liegen und zum Teil noch
etwas vor sie vorgreifen, liegt am rheinischen Grenzwall nur Gross-Krotzen-
burg in unmittelbarer Berührung mit demselben; etwa neun liegen unter
100 m, etwa ebensoviele liegen zwischen 100 und 600 m und zwei liegen
1200 bis 2000 m von ihm entfernt. Die oben gegebenen Bedingungen,
namentlich die Nähe des Trinkwassers, war dabei von grossem Einfluss.
Das Castell Hunnenkirchhof liegt am Fuss eines hohen Berges, des
Hausenberges, der noch dazu von einem Ringwall umgeben ist; ebenso die
Saalburg unfern der Gickelsburg, gleichfalls mit Ringwall, und das Castell
Holzhausen hat hinter sich den Grauenkopf, das Feldbergcastell die beiden
Feldberge, und das Castell Augst die spitzen Arzbacher Köpfe: alles sehr
gegen die Vegets’sche Regel.
Es wird empfohlen, die Castelle so zu legen, dass das Vorgelände nach
dem Feinde abfällt. Dies ist bei den Castellen der Capersburg, Saalburg,
Feldberg, Holzhausen befolgt, aber vor den Castellen am Zugmantel, der
Altenburg über Heimbach-Weiss, selbst von Niederbieber steigt das Gelände
vor der Angriffsfront ganz merklich an, ja das Zugmantel-Castell liegt 300x
von dem Bergrücken entfernt auf dessen Südabhang und kann den Nord-
abhang, längs dem der Pfahlgraben herzieht, so wenig wie diesen selbst über-
sehen. Wir sehen nichts, was gehindert hätte, das Castell weiter vorzulegen,
da man sich dadurch nicht weiter als andere Castelle von der Quelle der
Aar entfernt hätte; dennoch besteht die Thatsache.
Wir missachten die von den alten Schriftstellern aufgestellten Regeln
nicht, wir wollen nur nicht, dass man nach ihnen allein die Kriegskunst der
Römer konstruierte und lehrt, so wenig wie man jemanden nur nach seinen
Worten und nicht nach seinen Thaten zu beurteilen hat.
Man spricht von dem Prätorium in den Castellen als verstände es
sich von selbst, dass es besonders befestigt wäre, gleichsam ein Refugium
oder eine Citadelle in dem Castell. Nie ist das der Fall, es ist eine vor-
gefasste Meinung, (z. B. bei Hölzermann, Lokaluntersuchungen an der
Lippe) die nur auf Unkenntnis von wirklichen römischen Castellen begründet ist.
F. Ihre Besatzung.
Die Grösse eines Castells richtet sich nach der Anzahl der Mannschaften,
welche man für die Besetzung des Punktes erforderlich hält, und diese wird
sich nach dem Wert richten, welchen wir selbst oder der Feind auf den
Besitz desselben legen muss.
Die Erfahrung hat gelehrt und zur Regel gemacht, nicht seine ganze
Kraft in die Verteidigungslinie zu legen, sondern noch eine Reserve in der
XXXVII. Ergebnisse der Untersuchung.
Die Entfernung, in welcher die Castelle hinter dem Pfahlgraben liegen,
ist allerdings sehr verschieden. Während die Castelle des Hadrian-Walles
in England meist unmittelbar an der Grenzmauer liegen und zum Teil noch
etwas vor sie vorgreifen, liegt am rheinischen Grenzwall nur Gross-Krotzen-
burg in unmittelbarer Berührung mit demselben; etwa neun liegen unter
100 m, etwa ebensoviele liegen zwischen 100 und 600 m und zwei liegen
1200 bis 2000 m von ihm entfernt. Die oben gegebenen Bedingungen,
namentlich die Nähe des Trinkwassers, war dabei von grossem Einfluss.
Das Castell Hunnenkirchhof liegt am Fuss eines hohen Berges, des
Hausenberges, der noch dazu von einem Ringwall umgeben ist; ebenso die
Saalburg unfern der Gickelsburg, gleichfalls mit Ringwall, und das Castell
Holzhausen hat hinter sich den Grauenkopf, das Feldbergcastell die beiden
Feldberge, und das Castell Augst die spitzen Arzbacher Köpfe: alles sehr
gegen die Vegets’sche Regel.
Es wird empfohlen, die Castelle so zu legen, dass das Vorgelände nach
dem Feinde abfällt. Dies ist bei den Castellen der Capersburg, Saalburg,
Feldberg, Holzhausen befolgt, aber vor den Castellen am Zugmantel, der
Altenburg über Heimbach-Weiss, selbst von Niederbieber steigt das Gelände
vor der Angriffsfront ganz merklich an, ja das Zugmantel-Castell liegt 300x
von dem Bergrücken entfernt auf dessen Südabhang und kann den Nord-
abhang, längs dem der Pfahlgraben herzieht, so wenig wie diesen selbst über-
sehen. Wir sehen nichts, was gehindert hätte, das Castell weiter vorzulegen,
da man sich dadurch nicht weiter als andere Castelle von der Quelle der
Aar entfernt hätte; dennoch besteht die Thatsache.
Wir missachten die von den alten Schriftstellern aufgestellten Regeln
nicht, wir wollen nur nicht, dass man nach ihnen allein die Kriegskunst der
Römer konstruierte und lehrt, so wenig wie man jemanden nur nach seinen
Worten und nicht nach seinen Thaten zu beurteilen hat.
Man spricht von dem Prätorium in den Castellen als verstände es
sich von selbst, dass es besonders befestigt wäre, gleichsam ein Refugium
oder eine Citadelle in dem Castell. Nie ist das der Fall, es ist eine vor-
gefasste Meinung, (z. B. bei Hölzermann, Lokaluntersuchungen an der
Lippe) die nur auf Unkenntnis von wirklichen römischen Castellen begründet ist.
F. Ihre Besatzung.
Die Grösse eines Castells richtet sich nach der Anzahl der Mannschaften,
welche man für die Besetzung des Punktes erforderlich hält, und diese wird
sich nach dem Wert richten, welchen wir selbst oder der Feind auf den
Besitz desselben legen muss.
Die Erfahrung hat gelehrt und zur Regel gemacht, nicht seine ganze
Kraft in die Verteidigungslinie zu legen, sondern noch eine Reserve in der