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Cohn, William
Ostasiatische Porträtmalerei — Bibliothek der Kunstgeschichte, Band 43: Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1922

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der berühmtesten japanischen Dichter1, möge der Maler
sie nun nach dem Leben oder aus der Phantasie ge-
staltet haben. Kurz, der Umkreis der ostasiatischen
Porträtkunst scheint nicht beschränkter gewesen zu
sein, als der der europäischen. Überall in der Welt
stellt sich der erwachte Mensch dieselben Fragen. Und
doch, wie verschieden sind die Lösungen! Das Bildnis
in China und Japan ist strenger, gesammelter als im
Westen. Die Dargestellten geben sich losgelöster von
der Umwelt, als wir es gewohnt sind. Es fehlt jedes
Liebäugeln mit dem Beschauer. Zielbewußte Sachlich-
keit gilt. Lau dschaftlicher oder architektonischer Hinter-
grund ist selten und dient höchstens zur genaueren
Kennzeichnung des Standes der Dargestellten. Und
dazu kommen die Beschränkungen, die das Wesen und
die Größe ostasiatischer Malerei ausmachen: die Zurück-
stellung von Licht- und Schattenwirkungen, alles be-
tonten Modellierens und jeder Herausarbeitung der
Räumlichkeit zugunsten allein des Ausdrucks, des
sprühenden Lebens des Pinselstriches, der Linie oder
des Konturs. Auf die Unterschiede zwischen den Por-
träts Chinas und Japans einzugehen, würde zu weit
führen. Chinesische Kunst klingt voller und tiefer als
die japanische, die im wesentlichen ihr Echo ist. Doch
auch die Meisterwerke der japanischen Porträtmalerei,
zahlreicher und gesicherter als die des Landes der Mitte,
dürften in der Weltkunst vollauf bestehen und selten
eines gewissen Eigenlebens entbehren.
3.
Nur ein winziger Ausschnitt der ostasiatischen Porträt-
malerei, im allgemeinen den Bedürfnissen der japani-
schen Tempelklöster angepaßt, ist bekannt geworden.

Diese Gruppen dürften im IO. Jahrhundert entstanden sein.

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