die ihre Freiheit verlangen von den Herren, in deren Knechtschaft sie dnrch Jahrhunderte gewesen, nnd
fährt die Mannen der Stadt gegen ihren geistlichen Oberherrn, den Bischof von Würzbnrg.
Man spürt das heiße Blnt dieser Tage in den erregten Linien des großen Altars mit dem
Abendmahl, den Tillmann Riemenschneider für Rvthenbnrg schnf, er, der als Bürgermeister von
Würzbnrg demselben Drange nicht widerstehen konnte, nnd schließlich doch in Schaffen nnd
Leben der Gewalt unterlag. Damals floß auch das Blut der Rothenburger Bürger uuter des
Henkers Beil „wie ein Bach" den steilen Hügel der Stadt hinab. Und so reden die Steine
Rothenburgs von Wohlstand und Freude, von Kunst und Krieg, von Menschen, die ihr Leben
zum Pfände setzten für das Glück der andern und es verspielten. Die Geschichte ist über sie
hinweggeschritten, und mächtig wie je ragen die Dome der beiden Bistümer des Gebietes, Würz-
bnrg und Bamberg, in die Lüfte und versammeln die Gemeinde in ihren Hallen, indeß von
der Macht jener Städte nur noch die kostbare Schale erhalten ist.
Von beiden Bistümern ist Würzburg das ältere. Auf steilem Hügel über dem Main, an
weithin sichtbarer Stelle, weihte der heilige Bonifazius der heiligen Jungfrau eine kleine Kapelle,
die noch heute dort steht. Aber das unscheinbare Kleinod hat eine kostbare Fassung bekommen.
Auf diesem durch seine Steilheit wohlgeschützten Hügel legten die Bischöfe von Würzburg ihren
festen Sitz rings um das Paladium dieser Kapelle an, die Feste Marienberg. Ihre heutige Ge-
stalt läßt von jener Anlage nichts mehr ahnen. Wie ein Fels emporgetürmt ragt die Steinmasch
über dem Hügel empor, selbst die Türme an den Ecken des gewaltigen Mauervierecks vermögen
ihre Wucht nicht zu meistern. Erzbischof Julius, der Gründer der Würzburger Universität, der
selbst einer der interessantesten Burgen des Spessart, dem mitten in einem See gelegenen Mespel-
brunn entstammt, schuf diese gewaltige Sperre der Mainbrücke. Seinen Nachfolgern aber genügte
der sichere Wohnsitz nicht. Jin 18. Jahrhundert, zu einer Zeit, wo Kaiser und Reich in Armut
seufzten, konnte der Erzbischof von Würzburg daran denken, es an Pracht seiner Bauten dem
tonangebenden Hof Ludwigs XIV. von Frankreich gleichzutun. Künden doch an allen Häusern
Würzburgs die Heiligenstatnen, jede mit anders gestimmter Innigkeit die Frömmigkeit der Städter,
überall im Land die Bildstöcke die Religiosität der Landbewohner — wie hätte da der Erz-
bischof nicht im Überfluß Geld in seinem Schatz haben sollen! Nicht nur die Pfeiler uud Ge-
wölbe des schlichten alten Domes werden damals mit dem beweglichen Stuckornament des Barock
überzogen — der Erzbischof Franz von Schönborn baute sich damals seine Residenz, die ihres-
gleichen nicht hat in deutschen Landen. In imposanter Breite lagert sich die Front des Schlosses,
mit scheinbar unauffälligen Schmnckformen geziert — allein die Absicht dabei ist, den Besucher
uni so mehr zu überraschen, wenn er das Tor durchschritten hat. Dann öffnen sich weite Hallen
mit kostbaren Säulen dekoriert, bekleidet mit glitzernden Spiegeln und buntem Rankenwerk. Und
als ob es dem Bischof nicht genügt hätte, den bedeutendsten deutschen Architekten dieses Zeit-
alters, Balthasar Neumann, zum Baumeister zu haben, muß der berühmteste unter den Malern
Venedigs, Tiepolo, ihm die Deckengemälde schaffen. Ein Park schließt sich dem Palaste an,
überall geschmückt mit Statuen und Steinvasen, als sollte der Reichtum des Schlosses weit hinaus-
geführt werden, die ganze Umgebung nur die Schleppe des gewaltigen Schlosses sein. Allein
nicht einmal in den Grenzen der Stadt macht diese überquellende Prnnkliebe halt. Das ganze
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fährt die Mannen der Stadt gegen ihren geistlichen Oberherrn, den Bischof von Würzbnrg.
Man spürt das heiße Blnt dieser Tage in den erregten Linien des großen Altars mit dem
Abendmahl, den Tillmann Riemenschneider für Rvthenbnrg schnf, er, der als Bürgermeister von
Würzbnrg demselben Drange nicht widerstehen konnte, nnd schließlich doch in Schaffen nnd
Leben der Gewalt unterlag. Damals floß auch das Blut der Rothenburger Bürger uuter des
Henkers Beil „wie ein Bach" den steilen Hügel der Stadt hinab. Und so reden die Steine
Rothenburgs von Wohlstand und Freude, von Kunst und Krieg, von Menschen, die ihr Leben
zum Pfände setzten für das Glück der andern und es verspielten. Die Geschichte ist über sie
hinweggeschritten, und mächtig wie je ragen die Dome der beiden Bistümer des Gebietes, Würz-
bnrg und Bamberg, in die Lüfte und versammeln die Gemeinde in ihren Hallen, indeß von
der Macht jener Städte nur noch die kostbare Schale erhalten ist.
Von beiden Bistümern ist Würzburg das ältere. Auf steilem Hügel über dem Main, an
weithin sichtbarer Stelle, weihte der heilige Bonifazius der heiligen Jungfrau eine kleine Kapelle,
die noch heute dort steht. Aber das unscheinbare Kleinod hat eine kostbare Fassung bekommen.
Auf diesem durch seine Steilheit wohlgeschützten Hügel legten die Bischöfe von Würzburg ihren
festen Sitz rings um das Paladium dieser Kapelle an, die Feste Marienberg. Ihre heutige Ge-
stalt läßt von jener Anlage nichts mehr ahnen. Wie ein Fels emporgetürmt ragt die Steinmasch
über dem Hügel empor, selbst die Türme an den Ecken des gewaltigen Mauervierecks vermögen
ihre Wucht nicht zu meistern. Erzbischof Julius, der Gründer der Würzburger Universität, der
selbst einer der interessantesten Burgen des Spessart, dem mitten in einem See gelegenen Mespel-
brunn entstammt, schuf diese gewaltige Sperre der Mainbrücke. Seinen Nachfolgern aber genügte
der sichere Wohnsitz nicht. Jin 18. Jahrhundert, zu einer Zeit, wo Kaiser und Reich in Armut
seufzten, konnte der Erzbischof von Würzburg daran denken, es an Pracht seiner Bauten dem
tonangebenden Hof Ludwigs XIV. von Frankreich gleichzutun. Künden doch an allen Häusern
Würzburgs die Heiligenstatnen, jede mit anders gestimmter Innigkeit die Frömmigkeit der Städter,
überall im Land die Bildstöcke die Religiosität der Landbewohner — wie hätte da der Erz-
bischof nicht im Überfluß Geld in seinem Schatz haben sollen! Nicht nur die Pfeiler uud Ge-
wölbe des schlichten alten Domes werden damals mit dem beweglichen Stuckornament des Barock
überzogen — der Erzbischof Franz von Schönborn baute sich damals seine Residenz, die ihres-
gleichen nicht hat in deutschen Landen. In imposanter Breite lagert sich die Front des Schlosses,
mit scheinbar unauffälligen Schmnckformen geziert — allein die Absicht dabei ist, den Besucher
uni so mehr zu überraschen, wenn er das Tor durchschritten hat. Dann öffnen sich weite Hallen
mit kostbaren Säulen dekoriert, bekleidet mit glitzernden Spiegeln und buntem Rankenwerk. Und
als ob es dem Bischof nicht genügt hätte, den bedeutendsten deutschen Architekten dieses Zeit-
alters, Balthasar Neumann, zum Baumeister zu haben, muß der berühmteste unter den Malern
Venedigs, Tiepolo, ihm die Deckengemälde schaffen. Ein Park schließt sich dem Palaste an,
überall geschmückt mit Statuen und Steinvasen, als sollte der Reichtum des Schlosses weit hinaus-
geführt werden, die ganze Umgebung nur die Schleppe des gewaltigen Schlosses sein. Allein
nicht einmal in den Grenzen der Stadt macht diese überquellende Prnnkliebe halt. Das ganze
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