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Galerie Commeter
Gemälde erster Meister: Juli-August 1921 — Hamburg: Galerie Commeter, 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.74222#0007
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sogar sein, daß sie aus hohen und reinen Gründen mit
ihren augenblicklichen Gegnern sympathisieren und
dabei jene allerneuesten Freunde abweisen, die den Ex-
pressionismus von heute als schon wieder erledigt und
den Impressionismus von gestern als schon wieder in
Form hinstellen.
Jawohl, das kann sein! Denn fast alle echten
Künstler wissen auch die echte Kunst ihrer (schein-
baren) Antipoden von Anfang an zu respektieren. Und
nichts ist ihnen so verhaßt, wie jener feige und feile
Philister, der eine tiefgründige Sonderart immer erst
dann zu würdigen pflegt, wenn sie ein nicht mehr um-
strittenes Objekt der zeitgenössischen Nachwelt und
gewissermaßen ein stabiles Gemeingut, ein allerwärts
gepriesenes Scheingut der (naiven oder auch nur ge-
lehrten) Halbgebildeten geworden ist! Nichts ist ihnen
so zuwider, wie der erst ungezogene, dann vom Zeit-
geist erzogene und mit Angelesenheit vollgepfropfte
Bildungspöbel.
Wer sie ehedem für verrückt gehalten, scheint ihnen
nachträglich als Schleppenträger ein Ekel, wofern er
nicht aus seinem Irrtum gelernt hat, jeder werdenden
Persönlichkeit, jeder schöpferischen Evolution (so ab-
sonderlich sie sich auch gebärden mag) mit demütiger
Empfänglichkeit zu begegnen. Wer den Expressionis-
mus heute als eine irrsinnige oder auch nur abgetane
Erscheinung zugunsten des Impressionismus lästert,
hat den Impressionismus noch vorgestern mit dem
Naturalismus von dazumal dummpfiffig erschlagen.
Dieser frivole Gernegroß weiß aus seinen aufeinander-
folgenden Blamagen keinen ästhetischen und vor allem
keinen ethischen Nutzen zu ziehen. Er ist nicht besser
und füglich nicht ernster zu nehmen, als jener andere

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