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Ant. Creutzer Vorm. M. Lempertz [Hrsg.]
Aachener Kunstauktion: Sammlung des Fürsten Sayn-Wittgenstein-Sayn von Schloss Sayn: Gemälde aller Art, Möbel u. Einrichtungs-Gegenstände, Silber ; Versteigerung 15. und 16. Dezember 1920 — Aachen, Nr. 95.1920

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https://doi.org/10.11588/diglit.20060#0007
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Die in dem vorliegenden Kataloge angeführten Gemälde, kunstgewerblichen Gegen-
stände und Waffen sind in ihrer Gesamtheit ein vortreffliches Beispiel für die Kunst-
anschauungen und den Geschmack einer vornehmen Familie in der ersten Hälfte des
19. Jahrhunderts, zugleich aber auch ein hervorragendes Kulturdokument dieser Epoche.
Die damals führenden und von der großen Welt gefeierten Künstler in Deutschland,
Frankreich, Belgien und England sind mit ausgesucht guten und geschmackvollen
Werken vertreten, die nicht auf irgend einer beliebigen Ausstellung oder Kunsthandlung von
den Fürsten gekauft, sondern die in persönlichem Verkehr mit den Künstlern in ihrem
Atelier erstanden worden sind. Dies persönliche Verhältnis zu den Künstlern glaubt
man an der ganzen Zusammensetzung der Galerie wohl herauslesen zu können, überall
spürt man den Zug ins Große und Repräsentative, wobei doch ein feiner, bürgerlich
anklingender Unterton, der allerdings etwas wie die Herablassung eines Grandseigneurs
anmutet, nicht zu verkennen ist, ebenso wie die Vorliebe für die Romantik und die
damit verbundene Sentimentalität.

Den großen repräsentativen Wurf zeigt das Bild von Franz Krüger, das den Fürsten
Sayn-Wittgenstein-Berleburg als kaiserlich-russischen Feldmarschall umgeben von seiner
Suite darstellt. In der Treue der Wiedergabe aller Details und dem Temperamente in
Komposition und Vortrag hält das Bild die Mitte zwischen der Kunst Chodowieckis
und Adolf Menzels. Horace Vernet, der piktor celerrimus unter dem Bürgerkönige
Louis Philipp, der Letzte der berühmten Künstler-Dynastie Vernet, hat wohl selten mit
so glücklicher Hand Romantik und aristokratische Vornehmheit in einem seiner Werke
vereint, wie auf dem großen Familienbildnisse, das die Fürstin auf dem Ausritte zur
Falkenbeize darstellt, wie sie ihren Kindern den Falken auf ihrer Rechten zeigt.

Von den deutschen Malern der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts sind die Süd-
deutschen bevorzugt. Albrecht Adam, der ausgezeichnete Schlachten- und Tiermaler,
ist mit einem ebenso charakteristischen, wie lebendigen Werke „Pferde im Stall" ver-
treten. Von dem frühverstorbenen, talentvollen Wiener Tiermaler Joh. Nep. Rauch sind
zwei Bilder in der Sammlung, von denen die Alpenlandschaft mit den Kühen und
Ziegen besonders hervorzuheben wäre. Das Bild „Vor der Schmiede" läßt erkennen,
welchen Gewinn der junge Meister Bürgel aus dem Studium der alten Niederländer
gezogen hat, die gleiche Folgerung legt einem das prachtvolle Früchtestilleben des
Gallerie-Inspektors Mattenheimer nahe. Von den drei Bildern des Berliner Künstlers
Franz Catel, der allerdings hauptsächlich in Italien tätig war, ist die Grotte der Sibylle
bei Neapel durch das romantische Motiv, wie durch die minutiöse Technik gleich in-
teressant. Die ungemein subtile Durchführung ist auch ein besonderer Vorzug des
Werkes „Thisbe am Brunnen" von Eduard Steinbrück, welcher der einzige Vertreter
der Düsseldorfer Schule in dieser Sammlung äst.
 
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