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Curtius, Ernst [Hrsg.]; Kaupert, Johann A. [Hrsg.]
Karten von Attika (Heft I): Erläuternder Text: Athen und Peiraieus — Berlin, 1881

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https://doi.org/10.11588/diglit.768#0028
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eigentliche Mündungsland, hat heute mit dem des Ilissos zusammengenommen nur 20 Stadien Ausdeh-
nung und so war es bereits in althistorischer Zeit. Der westliche Theil dieser Niederung ist in einer
Breite von c. 10 Stadien durch Anschwemmung einer riegelartig von Südwest nach Nordost vorgelegten
Felsmasse gleichsam abgedämmt worden. Dieselbe besteht eigentlich aus zwei gesonderten Gebirgs-
knoten festen Kalkgesteins (der „Akte" und der „Munichiahöhe"), die durch einen flachgewölbten
Isthmos aus weicheren und augenscheinlich jüngeren Bildungen verbunden sind. Mit ihren blattartigen
Verästelungen und mit der felsigen Landzunge im Westen („ Eetioneia"), welche mit ihrem welligen
Hinterland als Ausläufer des Aigaleosgebirges zu betrachten ist, bilden diese Höhen das Hafen-
und Stadtgebiet des Peiraieus.

4. An der Gestaltung des Peiraieus nehmen wir das gleiche Bildungsprinzip wahr, welches die
griechische Halbinsel in allen Gröfsenstadien durchdringt und in den Einzelformen so oft nur die indivi-
duellere Wiederholung der allgemeineren darstellt. Von Nordosten tritt das Meer, nachdem es den
Zusammenhang der Cycladen durchbrochen, überall, wo nicht schützende Inseln vorliegen, bis an die
steileren Gebirgsränder, die es zwar hier und da auszuhöhlen und zu unterwaschen, aber nicht zu durch-
dringen vermochte. Eine solche Ausspülung ist der kleine Munichiahafen und die bisher sogen. „Phreat-
tys". Von Süden und Westen her übt es namentlich seine „auflockernde" und doch nicht zerstörende
Kraft; deshalb stellten sich nicht nur in Urzeiten, wie auch später, Verbindungen des ursprünglich
Getrennten her (als solche betrachte ich den Isthmos von Korinth, den auf Salamis zwischen Kuluri und
Ambelaki, im Peiraieus zwischen Akte- und Munichiahöhe), sondern es gestattet auch von dieser Seite
her dem Lande Neubildungen durch Alluvion. Um mit Vergleichen nicht zu weit abzuschweifen, erinnere
ich hier noch einmal an die naheliegende Analogie der Insel Salamis. Sie ist zwar Insel geblieben, doch
weist ihre ganze Lage so sehr auf eine Verbindung mit dem Festlande hin, dass Xerxes daran denken
konnte, dieselbe künstlich herzustellen. Auch sie ist aus zwei Gebirgssystemen zusammengewachsen, nach
Osten zu schroff und mit dem tiefen Einschnitt von Westen her versehen, welcher sein Gegenbild in
dem grofsen Peiraieushafen findet.

5. Der Peiraieus gehört trotz seiner Inselnatur noch ganz dem westlichen Gebirgssystem an,
welches vom Aigaleosgebirg nach Salamis hinüberzieht und andere seiner Ausläufer nach Osten schickt.
In dieser Richtung scheint die Natur auch zuerst die Verbindung hergestellt zu haben. Der Kephisos
ist 10 Stadien oberhalb der heutigen Mündung von seinem direkten Lauf auf die Peiraieushalbinsel deut-
lich nach Süden abgelenkt. Ursprünglich fioss die Hauptmasse des Wassers (wie noch in diesem Jahr-
hundert vor der Regulirung wenigstens ein schwacher Arm desselben, s. Klenze, aphor. Bemerk., S. 288)
unzweifelhaft in die nordwestliche Ecke des Haupthafens ab, verstärkt durch einen von Westen herab-
kommenden Giefsbach, (einige andere Rinnsale fliefsen direkt in das sumpfige Becken), so dass sich hier
zunächst ein Alluvionsdelta bildete, welches bei reichlicher Abschwemmung von den westlichen Höhen
her bald festere Form annahm. Die erwähnte nördliche Ausbuchtung des Hafens ist nichts weiter, als
der stagnirende Rest des zurückgetretenen und vollkommen seichten Gewässers, welches man nie für
einen antiken Hafen hätte nehmen sollen1).

6. Der sumpfige, 20 Stadien lange, durch eine Sanddüne vom Meer getrennte Küstenstrich
zwischen dem Peiraieus und der Höhe des Hagios Georgios, welcher die Phalerische Bucht im Osten be-
grenzt, muss seit alten Zeiten bedeutende Veränderungen erfahren haben. Der westliche Theil ist in
Folge der Regulirung der Kephisosmündung, sowie neuerdings theilweise durch Aufschüttung trockener
gelegt und war auch im Alterthum bewohnbar, wie Reste von Häusern (s. d. Karte, beim Denkmal des
Karai'skakis) darthun. Der ganze Osten zeigt sich, obgleich ohne bedeutende sichtbare Zuflüsse, so stark
versumpft, dass er in alt-historischer Zeit nichts anderes als Meeresboden gewesen sein kann. Wenn
derselbe bis in die Gegend der Höhe reichte, welche gegenwärtig von der Sotira-Kapelle eingenommen
wird, so dürfte nicht nur Uebereinstimmung mit den 20 Stadien als Entfernungsangaben bis zur Stadt
(Pausan. VDI, 10, 4, Schol. Aristoph. Av. 1694) erzielt werden, sondern es wird auch wahrscheinlich,
dass der Demos Phaleron selbst in den antiken Resten dieser Gegend oder noch west-
licher zu suchen ist. Nur dann erscheint die Nähe von Athen beträchtlich genug, um für die Wahl
des ältesten Landeplatzes den Ausschlag gegeben zu haben. Die Stelle beim Hagios Georgios ist weder
heute noch war sie je auf geradem Weg „trockenen Fufses" (Ulrichs, Reisen u. Forsch., S. 159) zu
erreichen, sondern nur auf einem Dammwege, dazu mit östlicher Biegung, wie sie auch die älteste
 
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