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Curtius, Ernst [Hrsg.]; Kaupert, Johann A. [Hrsg.]
Karten von Attika (Heft I): Erläuternder Text: Athen und Peiraieus — Berlin, 1881

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https://doi.org/10.11588/diglit.768#0029
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Mauer beschreiben musste. Das Meer ist gerade hier besonders seicht und nicht ohne felsige Untiefen;
noch heute liegen alle gröfseren Schiffe, welche die Rhede benutzen, in der Westbucht („Neu-Pha-
leron"). (Das Nähere gehört in den Text zur Hauptkarte, Section I.)

7. Aufser diesen lokalen Erscheinungen dürften sich auf dem Peiraieusgebiet keine Spuren da-
für nachweisen lassen, dass seit vorhistorischer Zeit irgend welche Verschiebungen in dem Grund-
verhältniss des Wassers zum Lande eingetreten seien. Insbesondere müssen hier und da aufgeworfene
Vermuthungen über Hebung resp. Senkung des Meeresniveaus oder des Festlandes selber, wie ich
glaube, bestimmt zurückgewiesen werden. (S. darüber namentlich Graser, Philolog. XXXI, S. 17 ff.)
Die grofsen Rundthürme am Eingang des Haupthafens stehen noch heute hart am Meer; noch heute
schlagen die Wogen überall an dieselben Stellen der Quadern, welche sie im Laufe der Jahrhunderte
angenagt haben. Wenn heute das Wasser bei heftigerer Bewegung die Felsengräber beim „Themisto-
kles" füllt, so wird sich zeigen, dass der Sockelbau nur verschwunden ist, welcher diese einst vor der
Brandung schützte. Kleinere Spickdämme, wie z. B. an der Eetioneia, setzen gerade am heutigen Ufer-
saume an und die gröfseren der Arsenalhäfen können niemals trocken gelegen haben, da sie offenbar die
Schiffskiele in das tiefere Fahrwasser zu geleiten hatten (s. unten). Umgekehrt können wir ein Zurück-
gehen des Meeres seit althistorischer Zeit nicht einmal an der sumpfigen Nordbucht des Peiraieus-
hafens constatiren. Hier fanden sich im Sommer 1879 an flacher, vom Wasser bei heftigem Südwinde
beinah überflutheter Stelle tief eingesenkte antike Marmorsarkophage von bedeutender Gröfse vor (s. auf
der Karte „Gräber" beim Bahnhof), welche noch alte Knochenreste enthielten; diese Gräber hätten bei
höherem Wasserstande niemals angelegt werden können.

B. Historisches.
I. Vorgeschichte (Mythisches.)

8. Die Peiraieushalbinsel ist nicht von vornherein Ansatzpunkt einer selbstständig bedeutenden
Siedelung gewesen, vielleicht weil es noch an günstiger Communication mit dem Hinterlande fehlte.
Die Wasserstrafse, welche von Salamis zur gegenüberliegenden Küste führte, war eine bequemere Ver-
bindung, als die zweifelhafte Natur eines noch nicht völlig gefestigten Erdreichs. So blieb der Peiraieus
zwischen zwei lebhafteren Verkehrscentren in der Mitte liegen und scheint von beiden Seiten beeinflusst
worden zu sein. Diese sind einerseits das Gebiet von Salamis mit seinem Gegengestade, andererseits
die Bucht von Phaleron.

9. Die ältesten nachweisbaren Einwirkungen kommen von westlicher, salaminischer Seite
her. Dahin weisen uns die Notizen von einer ehemaligen Gauverbindung der vier Ortschaften oder
Komen: Peiraieus, Phaleron, Xypete und Thymoitadai (Pollux IV, 105), deren religiöser Mittelpunkt
ein Heiligthum des Herakles, des rsrqäxcafiov 'Hqaxleiov war (Steph. Byz. s. v. 'E%slidca). Da dasselbe, wie
mir zweifellos scheint, der Fähre von Salamis nahe lag (s. die Angaben über die Salaminische Schlacht
und den Thron des Xerxes, Diodor. XI, 18, Plut. Them. 3), so mag allerdings sein Ursprung von dorther
und zwar aus phönikischen Ansiedelungen abzuleiten sein (Curtius, Text zu den sieben Karten, S. 9; Wachs-
muth, d. Stadt Athen I, 442. 443). Es ist zwar auf Salamis selbst kein Heraklesheiligthum bekannt; dagegen
finden sich so zahlreiche Andeutungen, die auf Phönikisches führen (Movers, Phöniker, S. 239; Rhein.
Museum VIII, 331), dass jene Combination jeder andern vorzuziehen ist. Indessen muss betont werden,
dass wir es hier blofs mit Anregungen zu thun haben können, die noch keineswegs auf phönikische
Bevölkerung der betreffenden Gaue schliefsen lassen. (Auch die Tetrapolis der marathonischen Ebene
besafs ein Herakleion.) Sociale Organisationen dieser Art haben den Phönikern fern gelegen. Von der
Verbindung in Handelsinteressen, die wir ja auch später im Peiraieus an sacrale Institutionen geknüpft
sehen, scheinen nur die letzteren in Form von Festen mit ihren besonderen Gesängen und Tänzen
übrig geblieben zu sein (s. Pollux. IV, 100, 105; Hesych. rsTQäzcojiog, fielog n cvv 6qxVael ^snoirjfievov tlg
'HqaxMa imvixwv, doch offenbar den des rsTQäxmfiov 'HgäxXtwv. Anders: Dettmer, de Hercule attico, S. 36) ;
vielleicht dass auch der Hippodrom (s. unten) mit seinen Agonen der Kultstätte des Herakles Epinikios
nicht zufällig benachbart war (Steph. Byz. "ExtXiöai).

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