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Dittenberger, Wilhelm; Purgold, Karl; Curtius, Ernst [Editor]; Adler, Friedrich [Editor]
Olympia: die Ergebnisse der von dem Deutschen Reich veranstalteten Ausgrabung (Textband 5): Die Inschriften von Olympia — Berlin, 1896

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https://doi.org/10.11588/diglit.2020#0144
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265

[No. 153 —154]

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genes, Timosthenes' Sohn von Thasos (VI, 11, 2 ff.) und
Dorieus, Diagoras' Sohn von Rhodos (s. zu No. 251).
Auf ersteren hat Treu die Inschrift gedeutet und danach
ergänzt; allein Foucart macht dagegen gegründete Ein-
wendungen. Zunächst ist für die neun nemeischen Siege
des Theagenes überhaupt kein genügender Platz auf dem
Stein, und für die zehn isthmilchen nur bei der von
Treu gewählten Anordnung, wonach der Name des Sie-
gers nur über der ersten Columne (fand, die zweite da-
gegen gleich oben am Rande mit der Fortsetzung des
Verzeichnilses der Agone begann. Mit Recht bemerkt
Foucart, dass eine derartige Disposition ohne Beispiel sei.
Sodann ist es ein seltener Fall, dass ein Athlet ακονιτει
liegt. Pausanias erwähnt nur zwei Beispiele, das des Do-
rieus bei den Pythien (VI, 7,4) und des Dromeus von
Mantineia (VI, 11,4) bei den Olympien; da es nicht an-
zunehmen ist, dass er eine solche Merkwürdigkeit bei
Theagenes würde übergangen haben, so ist dies ein star-
kes Argument nicht nur gegen Theagenes, sondern di-
rekt für Dorieus. Endlich würde man in einer Inschrift
zu Ehren des Theagenes das von dem hier gebrauchten
kleinasiatisch-ionischen wesentlich abweichende epichori-
sche Alphabet von Thasos erwarten. Bei Dorieus stimmt
die von Pausanias überlieferte Zahl der Siege — nur für
die pythischen giebt er sie nicht an — vortresssich zu
den RaumverhältnisTen des Steines. Eine Schwierigkeit
freilich hat Foucart nicht zu beseitigen vermocht; es fällt
ihm auf, dass ein Dorier aus Rhodos sich ionischer Schrift
und Sprache bedient habe, aber er sucht zu beweisen,
dass diele damals bei den Rhodiern üblich gewesen sei.
Von der Schrift ist dies unbestreitbar richtig (vergl. Kirch-
hoss, Studien zurGeschiehte des griech. Alphabets S.40.48),
aber von der Sprache ist es ebenso zweifellos irrig. Die
übrigen Diagorideninschristen sind dorisch, wie die For-
men Δαμ«γ»)τοβ und Aiayooa beweisen, und aus dem ge-
dehnten Vokal des Genetivs ΙΙατοοκλΫ,ος (No. 1 59, 2) den
ionischen Charakter derselben darthun zu wollen, ist um
so kühner, als er in der Signatur des Künstlers vor-
kommt, der zwar kein Ionier, aber auch kein Rhodier
ist. Die Berufung auf Inschristen von Halikarnalsos aber
ist deshalb hinfällig, weil die Sprachverhältnilse dieser
gewiss nicht rein dorischen Kolonie ganz anders liegen;
man braucht sich nur an die Monatsnamen zu erinnern,
die in Rhodos sä'mtlich in doriseher Weise auf -ος (-ioe),
in Halikarnalsos sast ohne Ausnahme nach ionischer Sitte
auf -um endigen. Ionischer Dialekt würde also in der
That eine ernsüiche Schwierigkeit sür die Beziehung des
Denkmals auf Dorieus sein, wenn er wirklich vorläge.
Aber die einzige Form, die dafür zu sprechen scheint,
heisst auf dem Stein nicht ϋεμίψ, wie in den früheren
Publikationen, sondern Nsuv?!. Und dies ist eine echt do-
rische Kontraktionsweise, vergl. die von Ahrens II p. 193 f.
angesührten Beispiele κογ,ς aus κ^ΐικ, bl).r-tt von &λε«τα,
■>,o aus s«o, Κ«£ΐ/•,-&ίϊ aus KagvsaSac. Allerdings wird dort
richtig dargelegt, dass die Substantive auf -la (und die
Adjektive auf-εος in der Femininsorm) nicht kontrahier-

ten ; indes dieser Unterschied läuft wahrscheinlich auf den
noch nicht immer genug beachteten Einssuss der Quantität
auf die Kontraktionsgesetze hinaus. Alle oben angeführ-
ten Beispiele haben ε«, und es wird also wohl die Regel
gelten, dass dies bei den Doriern kontrahiert wird, ε«
aber nicht. Dem widerspricht Ns/xiji keineswegs, denn
dies geht auf einen Lokativ Νεμεαι mit kurzem erstem
Element des Diphthongs, analog dem Ίτ.&μοΤ, zurück, wie
ähnliche Formen gerade in dorischen und verwandten
Dialekten häufig sind; im eleischen und böotischen haben
sie sogar die Dative auf -ai, -im völlig verdrängt.
Von den drei unmittelbar nach einander errunge-
nen Olympiasiegen fällt der zweite nach Thuk. III, 8 in
die 88. Olympiade (428 v. Chr.), die beiden anderen also
OI.87 (432 v.Chr.) und 89 (424 v.Chr.). Nicht allzu
lange nach dem letzteren Termin wird das Denkmal er-
richtet sein. Denn ein so ausführliches Verzeichnis der
in allen vier panhellenischen Kampfspielen gewonnenen
Siege ist zwar nur denkbar am Schluss der gesamten
Athletenlaufbahn, weil ja niemand wünschen konnte,
dass durch das Denkmal eine geringere Zahl auf die
Nachwelt komme, als er in Wirklichkeit errungen hatte;
aber dieser Abschluss wurde ohne Zweifel eben mit dem
dritten Olympiasieg gemacht, da nicht anzunehmen ist,
dass sich ein τξίτολυμπιονίκ-ης noch um die wesentlich
geringer geschätzten isthmischen und nemeischen Kränze
beworben habe. Dann kann freilich die Nachricht des
Pausanias (VI, 7, 4), dass Dorieus und sein Nefse Peisir-
rhodos nach ihrer Verbannung aus Rhodos in Thurioi
Bürger geworden und in den Agonen als Thurier aus-
gerufen worden seien, in ihrem zweiten Teil wenigstens
für Dorieus nicht richtig sein. Die Verbannung aus
Rhodos und die Aufnahme in das Bürgerrecht von Thu-
rioi ist ja durch Thuk. VIII, 35, 1. 84,2. Xen. Hell. I,
5, 19 so sicher wie möglich bezeugt. Aber es ist längst
bemerkt worden, dass er, der nach Xenophon ψνγας l£
Ά$ηνωυ και Pcoov υπο A3>jpaiwy xmsy/v\d>iTixtvtjt>v αυτού
SravuTov war, erst nach dem Absall der Thurier von
Athen (413 v. Chr.), also mindestens elf Jahre nach
dem Abschluss seiner agonistischen Thätigkeit, dort Bür-
ger geworden sein kann. Diese Ubersiedelung aber in
unmittelbarer Folge an die Verbannung anzuschliessen,
ist nach der Art, wie darüber berichtet wird, das einzig
natürliche, und sür das πάλαι, das Xenophon bei Gele-
genheit von Ereignissen des Jahres 407 v. Chr. auf seine
Verbannung anwendet, sind sechs Jahre ein vollauf ge-
nügender Zeitraum. Da überdies nichts dasür spricht,
dass Dorieus während der stürmisch bewegten Schicksale,
die seit seiner Verbannung den Reit seines Lebens aus-
füllen (ausser den oben angeführten Stellen s. Xen. Hell.
I, 1, 1 fs. Diodor XIII, 38, 5. 45, 3. Androtion bei Paus.
VI, 7, 6), Zeit und Mittel zur Errichtung eines grossarti-
gen Denkmals gesunden habe, so darf man bestimmt
annehmen , dass er dasselbe noch als Rhodier errichtet
hat, und dass deshalb Ζ. 1 zu Ende auf keinen Fall
Θούοιον zu ergänzen ist.

154. GrosserBasisblock aus sch warzem Kalk-
stein, 0,24 hoch, 0,90 breit, 0,43 tief. Der Stein ist ohne

alle Profile gearbeitet, die rechte Schmalseite zeigt An-
schlussssäche. Bis auf kleinere Verletzungen an den obe-
 
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