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NÜRNBERG • ST. JOHANNIS
Umgruppierung insbesondere der kleinen und mittelgroßen Rundwappenscheiben 1972 bewahrt13. Damals erhielten
die Chorfenster I, nord II und süd II auch eine partielle Schutzverglasung der jeweils oberen drei Zeilen.
Erhaltung: Der sehr unterschiedliche Erhaltungszustand der einzelnen Scheiben ist zum einen auf wiederholtes Ver-
setzen, zum anderen auf die verschieden hohen, mehr oder minder geschützten Positionen der ursprünglichen Fen-
sterplätze zurückzuführen (vgl. im Einzelfall den Katalog).
Rekonstruktion, ikonographisches Programm: Bereits die erste Verglasung der Johanniskirche aus dem späten
14. Jahrhundert, von der lediglich das Fragment eines Grabner-Wappens auf uns gekommen ist, war vermutlich nur
partiell farbig ausgeführt gewesen. Ein entsprechendes Konzept wurde etwa zur gleichen Zeit, um 1390/1400, in
Chor- und Langhausverglasung der Herrgottskirche in Creglingen oder auch in Großhabersdorf realisiert, deren Fen-
ster ebenfalls von Nürnberger Glasmalern angefertigt wurden (vgl. Kat. S. 181)14. Ob im 18. Jahrhundert unter den
von Trechsel bzw. Würfel beschriebenen und heute verlorenen Wappenscheiben der Johanniskirche weitere Reste
dieser Erstverglasung vorhanden waren, ist wenig wahrscheinlich, denn bereits im späten 15. Jahrhundert war es zu
einer weitreichenden »Verneuung« der Fenster, wiederum als partielle Farbverglasung, mit Figuren- und Wappen-
scheiben inmitten einer farblosen Butzenverglasung gekommen. Von den erhaltenen und im Chorschluß zusammen-
geführten Glasmalereien scheint lediglich die Dreifigurengruppe der Strahlenkranzmadonna zwischen Johannes dem
Täufer und Johannes dem Evangelisten in den oberen Zeilen des Chorachsenfensters (I, j/6a-c), eine städtische Stif-
tung, noch an ihrem angestammten Platz zu sitzen (Fig. 221). Darauf deutet - neben der schriftlichen Überlieferung -
das Patrozinium der Kapelle, aber auch die passenden Anschlüsse für die Baldachine in den Kopfscheiben lassen keine
andere Möglichkeit zu. Schon die Stifterzeile darunter wurde zu einem späteren Zeitpunkt aus dem Langhausfenster
süd IV hierher versetzt, denn alle drei Felder mußten hierfür in der Höhe um ca. 5 cm angestückt werden. Auch von
allen übrigen Scheiben waren nur die drei großen Ebner-Wappen in nord II, 4a-c im 18. Jahrhundert schon an ihrem
heutigen Standort verzeichnet, und tatsächlich deutet der exzellente Erhaltungszustand aller drei Felder darauf hin,
daß sich diese schon sehr früh an dieser hochgelegenen Position befanden.
Wie sich die Situation im Verlauf des 18. Jahrhunderts - bei mutmaßlich weitgehend ursprünglicher Anordnung der
Felder - darstellte, überliefern mit aller nur wünschenswerten Genauigkeit die Beschreibungen der Kirche in Johann
Martin Trechsels Verneuertem Gedaechtnis von 1736 oder in Andreas Würfels Dypticha ecclesiarum von 176615;
wir zitieren in der Folge nach Würfel: i. »Zuoberst in dem ersten und mittleren Fenster, hinter dem hohen Altar
[Chor I], erblicket man den zweyköpfigen Reichs-Adler, und unter diesem zur Rechten das Nürnbergische Schloß-
Wappen, zur Linken aber das Stadt-Wappen, unter diesen dreyen Schilden ist die auf einem halben Mond stehende
und gekrönte Gottes-Gebährerin mit dem Jesus-Kindlein mit den feinsten Brandfarben gemahlet, zu deren Rechten
St. Johannes der Täufer, und zur Linken St. Johannes der Evangelist zu sehen«. - Verloren ist demzufolge nur die
Maßwerkfüllung mit den drei Stifterwappen der Reichsstadt Nürnberg16, während die vom Altar verdeckten ersten
vier Fensterzeilen offenbar von Anfang an nur blankverglast gewesen waren.
2. »In dem zweyten Fenster zur Rechten des erstem [Chor nord II] siehet man zu oberst den Altadelich-Ebnerischen
Wappen-Schild in einer rothen Glasscheibe, und in der dritten Reihe im mittleren Flügel, ist die Mutter Gottes, mit
einer Krone auf dem Haupt, und mit einem goldenen Szepter in der rechten Hand, mit dem JEsulein auf dem linken
Arm, in einer Glorie auf dem gehörnten Mond stehend sehr fein gemahlet, darunter die Jahrzahl 1494« [rechts und
links flankiert von Ebnerschen Rundwappen des frühen 17. Jahrhunderts im Lorbeerkranz]. »Und dann praesentiren
noch einmal drey Flügel, in der vierten Reihe, jeder das völlige Ebnerische Wappen, alle drey haben ein Neben-Schild-
13 Vgl. die Vorkriegsaufnahmen des Chorinneren bei Pilz, 1974, Abb. 7.
14 Vgl. Becksmann, CVMA Deutschland I, 2, 1986, S. 16-25, Taf. Ha, c,
wo für Creglingen eine partielle Farbverglasung inmitten einer ur-
sprünglichen Blankverglasung mit Rechtecken und an den Schnittpunk-
ten eingestreuten kleinen farbigen Kreisen rekonstruiert wird, die später
überwiegend durch eine Rautenverglasung ersetzt worden war. Der
Zustand um 1837 wird in mehreren Skizzen des Nürnberger Zeichners
Georg Christoph Wilder festgehalten (teils im Planarchiv des LDA
Baden-Württemberg, Stuttgart, teils in der Graphischen Sammlung des
Germanischen Nationalmuseums, Nürnberg).
15 Trechsel, 1736, S. 755-814; vgl. im folgenden stets Würfel, 1766,
S.428-458 (zitiert werden nur die Passagen über den mittelalterlichen
Bestand).
16 Auf Vorkriegsaufnahmen des Chores sind die Maßwerkfüllungen
noch teilweise zu erkennen (vgl. Pilz, 1974, Abb. 7).
NÜRNBERG • ST. JOHANNIS
Umgruppierung insbesondere der kleinen und mittelgroßen Rundwappenscheiben 1972 bewahrt13. Damals erhielten
die Chorfenster I, nord II und süd II auch eine partielle Schutzverglasung der jeweils oberen drei Zeilen.
Erhaltung: Der sehr unterschiedliche Erhaltungszustand der einzelnen Scheiben ist zum einen auf wiederholtes Ver-
setzen, zum anderen auf die verschieden hohen, mehr oder minder geschützten Positionen der ursprünglichen Fen-
sterplätze zurückzuführen (vgl. im Einzelfall den Katalog).
Rekonstruktion, ikonographisches Programm: Bereits die erste Verglasung der Johanniskirche aus dem späten
14. Jahrhundert, von der lediglich das Fragment eines Grabner-Wappens auf uns gekommen ist, war vermutlich nur
partiell farbig ausgeführt gewesen. Ein entsprechendes Konzept wurde etwa zur gleichen Zeit, um 1390/1400, in
Chor- und Langhausverglasung der Herrgottskirche in Creglingen oder auch in Großhabersdorf realisiert, deren Fen-
ster ebenfalls von Nürnberger Glasmalern angefertigt wurden (vgl. Kat. S. 181)14. Ob im 18. Jahrhundert unter den
von Trechsel bzw. Würfel beschriebenen und heute verlorenen Wappenscheiben der Johanniskirche weitere Reste
dieser Erstverglasung vorhanden waren, ist wenig wahrscheinlich, denn bereits im späten 15. Jahrhundert war es zu
einer weitreichenden »Verneuung« der Fenster, wiederum als partielle Farbverglasung, mit Figuren- und Wappen-
scheiben inmitten einer farblosen Butzenverglasung gekommen. Von den erhaltenen und im Chorschluß zusammen-
geführten Glasmalereien scheint lediglich die Dreifigurengruppe der Strahlenkranzmadonna zwischen Johannes dem
Täufer und Johannes dem Evangelisten in den oberen Zeilen des Chorachsenfensters (I, j/6a-c), eine städtische Stif-
tung, noch an ihrem angestammten Platz zu sitzen (Fig. 221). Darauf deutet - neben der schriftlichen Überlieferung -
das Patrozinium der Kapelle, aber auch die passenden Anschlüsse für die Baldachine in den Kopfscheiben lassen keine
andere Möglichkeit zu. Schon die Stifterzeile darunter wurde zu einem späteren Zeitpunkt aus dem Langhausfenster
süd IV hierher versetzt, denn alle drei Felder mußten hierfür in der Höhe um ca. 5 cm angestückt werden. Auch von
allen übrigen Scheiben waren nur die drei großen Ebner-Wappen in nord II, 4a-c im 18. Jahrhundert schon an ihrem
heutigen Standort verzeichnet, und tatsächlich deutet der exzellente Erhaltungszustand aller drei Felder darauf hin,
daß sich diese schon sehr früh an dieser hochgelegenen Position befanden.
Wie sich die Situation im Verlauf des 18. Jahrhunderts - bei mutmaßlich weitgehend ursprünglicher Anordnung der
Felder - darstellte, überliefern mit aller nur wünschenswerten Genauigkeit die Beschreibungen der Kirche in Johann
Martin Trechsels Verneuertem Gedaechtnis von 1736 oder in Andreas Würfels Dypticha ecclesiarum von 176615;
wir zitieren in der Folge nach Würfel: i. »Zuoberst in dem ersten und mittleren Fenster, hinter dem hohen Altar
[Chor I], erblicket man den zweyköpfigen Reichs-Adler, und unter diesem zur Rechten das Nürnbergische Schloß-
Wappen, zur Linken aber das Stadt-Wappen, unter diesen dreyen Schilden ist die auf einem halben Mond stehende
und gekrönte Gottes-Gebährerin mit dem Jesus-Kindlein mit den feinsten Brandfarben gemahlet, zu deren Rechten
St. Johannes der Täufer, und zur Linken St. Johannes der Evangelist zu sehen«. - Verloren ist demzufolge nur die
Maßwerkfüllung mit den drei Stifterwappen der Reichsstadt Nürnberg16, während die vom Altar verdeckten ersten
vier Fensterzeilen offenbar von Anfang an nur blankverglast gewesen waren.
2. »In dem zweyten Fenster zur Rechten des erstem [Chor nord II] siehet man zu oberst den Altadelich-Ebnerischen
Wappen-Schild in einer rothen Glasscheibe, und in der dritten Reihe im mittleren Flügel, ist die Mutter Gottes, mit
einer Krone auf dem Haupt, und mit einem goldenen Szepter in der rechten Hand, mit dem JEsulein auf dem linken
Arm, in einer Glorie auf dem gehörnten Mond stehend sehr fein gemahlet, darunter die Jahrzahl 1494« [rechts und
links flankiert von Ebnerschen Rundwappen des frühen 17. Jahrhunderts im Lorbeerkranz]. »Und dann praesentiren
noch einmal drey Flügel, in der vierten Reihe, jeder das völlige Ebnerische Wappen, alle drey haben ein Neben-Schild-
13 Vgl. die Vorkriegsaufnahmen des Chorinneren bei Pilz, 1974, Abb. 7.
14 Vgl. Becksmann, CVMA Deutschland I, 2, 1986, S. 16-25, Taf. Ha, c,
wo für Creglingen eine partielle Farbverglasung inmitten einer ur-
sprünglichen Blankverglasung mit Rechtecken und an den Schnittpunk-
ten eingestreuten kleinen farbigen Kreisen rekonstruiert wird, die später
überwiegend durch eine Rautenverglasung ersetzt worden war. Der
Zustand um 1837 wird in mehreren Skizzen des Nürnberger Zeichners
Georg Christoph Wilder festgehalten (teils im Planarchiv des LDA
Baden-Württemberg, Stuttgart, teils in der Graphischen Sammlung des
Germanischen Nationalmuseums, Nürnberg).
15 Trechsel, 1736, S. 755-814; vgl. im folgenden stets Würfel, 1766,
S.428-458 (zitiert werden nur die Passagen über den mittelalterlichen
Bestand).
16 Auf Vorkriegsaufnahmen des Chores sind die Maßwerkfüllungen
noch teilweise zu erkennen (vgl. Pilz, 1974, Abb. 7).