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Scholz, Hartmut
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Mittelfranken und Nürnberg (extra muros): Text — Corpus vitrearum medii aevi - Deutschland, Band 10,1, Teil 1: Berlin: Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, 2002

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https://doi.org/10.11588/diglit.52869#0405
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POLLENFELD • PFARRKIRCHE

5a-c DORNENKRÖNUNG UND VERSPOTTUNG
Fig. 281, 285, 287, Abb. 294, 297
H./B.: 5a: 78/30,5, b: 78/30, c: 77,5/29,8 cm.
Erhaltung: Rund zwei Dutzend gleichmäßig verteilte Ergänzun-
gen des 19. und 20. Jh. betreffen Kopf und Gewandung Christi,
dessen rechte Hand, einen Teil der Thronbank, größere Partien
im Wams eines der Peiniger und ein Stück an den Stulpen des
zweiten, zwei Stücke im Rankengrund in 5 a, einzelne Rasen-
stücke in 5b und c, je einen Bogenzwickel in allen Feldern und
die gesamten ornamentalen Randstreifen. Transparenzminde-
rung durch außenseitige Verbräunung und Flächenkorrosion,
die wie üblich besonders in blauen, grünen und violetten Gläsern
anzutreffen ist, erstreckt sich nicht mit der gleichen Intensität auf
das linke Feld. Auch der Zustand der Bemalung ist in den Seiten-
feldern, vor allem in den Gewändern und Köpfen, besser als in
den unteren Fensterzeilen. Dagegen zeigt der weiße Mantel
Christi kaum noch Spuren der ursprünglichen Malerei. Bleinetz
in 5 a und b original (an den Ergänzungen überarbeitet), in 5 c
1947 durchgehend erneuert.
Ikonographie, Komposition: Dornenkrönung und Verspottung
Christi durch die römischen Soldaten folgen unmittelbar auf die
Geißelung (Mt 27, 27-30; Mc 15, 16-19; 1° x9> 2-3)- Die Sol-
daten führten Jesus in das Innere des Prätoriums, zogen ihn aus,
legten ihm einen purpur- bzw. scharlachroten Mantel um und
setzten ihm eine aus Dornen geflochtene Krone auf. In der Pol-
lenfelder Redaktion greift die Szene über alle drei Felder der
Zeile hinweg. Jesus trägt hier keinen roten, sondern einen weißen
Mantel mit roten Streifen. Mit zwei gekreuzten Stangen und aus-
greifender Gebärde wird ihm die Dornenkrone von zwei Scher-
gen auf das Haupt niedergedrückt. Die zum Kniefall gebeugte
Gestalt (eines Juden) links vorn erinnert an die Verspottung
durch die Soldaten - ein Motiv, das in ähnlicher Weise bereits die
Dornenkrönung des Stromerfensters in St. Martha bereicherte.
Farbigkeit, Ornament: Christus trägt einen weißen Mantel mit
grünem Futter, roten Zierstreifen und gelbem Kragensaum sowie
eine grüne Dornenkrone (keinen Nimbus); Thronbank rosavio-
lett mit brauner Stufe und rosa Stirnkante. Scherge links vorn mit
violettem Rock, blau-roten Beinlingen (miparti) und stürzendem
weißen Judenhut, links hinten mit grünem Rock, rot-violetten
Beinlingen (miparti) und weißem Lockenhaar. Der rechte
Scherge trägt einen violetten Rock mit weißer Gürteltasche zu
blaßgelben Strümpfen und violetten Schuhen. Gelbe Stangen;
grüner Rasenboden; weiße Bogenzwickel. Blauer Blattranken-
grund mit eingestreuten roten Blütenrosetten.
HD 3369-3371, Details HD 3398-3402
CVMA W 8200-8202, Details W 8212-8214, Großdia X W 48
6a KREUZTRAGUNG Fig. 287, Abb. 295
H. 77,5 cm, B. 30,2 cm.
Erhaltung: Bis auf eine marginale Ergänzung am rechten Rand
der Szene und den komplett erneuerten ornamentalen Randstrei-
fen links vollständig alte Substanz. Fortgeschrittene Verbräu-
nung vornehmlich in blauen, roten und braunen Farbgläsern.
Die Bemalung der Gewänder, insbesondere aber die ausgeprägte
Radiertechnik in den Köpfen ist trotz flächendeckender innen-
seitiger Versinterungskrusten noch gut lesbar. Bleinetz original,
am linken Rand 1947 erneuert.
Ikonographie, Komposition: Christi Gang nach Golgatha ist in
allen vier Evangelien beschrieben (Mt 27, 31 f.; Mc 15, 2of.; Lc

23, 26-32; Io 19, 17). Im schmalen Hochformat der Pollenfelder
Scheibe ist die Menge Volks, die Jesus auf dem Kreuzweg beglei-
tete, auf zwei Soldaten und einen Juden zusammengeschrumpft.
Angesichts der gewöhnlichen Leserichtung im Fenster von
rechts nach links war die Szene ehedem wohl am rechten Rand
der Zeile angeordnet (6c).
Farbigkeit, Ornament: Christus trägt ein rotes Gewand mit gel-
bem Zierstreifen, über der Schulter das bernsteingelbe Kreuz;
Kreuznimbus weiß in Rot. Scherge links in kurzem grünen Rock
mit blaßgelbem Pelzbesatz, graublauer Halsberge und blau-
roten Beinlingen (miparti); mittig ein fast verdeckter Jude mit
weißem Hut, violetter Gewandung und blauen Strümpfen;
rechts ein Soldat mit blauem Harnisch, weißen Handschuhen
und einem graublauen Eisenhut über grünem Schal. Inkarnate
braun; weißer Speer; blaue Hellebarde; grüner Rasenboden;
weiße Bogenzwickel. Purpurvioletter Blattrankengrund.
HD 3372, Details HD 3403-3407
CVMA W 8203, Detail W 8215, Großdia X W 49
6b/c CHRISTI AUSLIEFERUNG AN DIE JUDEN
Fig. 281, 287, Abb. 295, 300
H./B.: 6b: 77,7/30, 6c: 78,3/30 cm.
Erhaltung: Die Szene ist überdurchschnittlich stark ergänzt: ins-
besondere zahlreiche Reparaturen des 19. und 20. Jh. in 6b, in
den Gewändern Christi und des rechten Soldaten, im Rasenbo-
den, im Rankengrund und in den Bogenzwickeln. Feld 6c enthält
lediglich eine Handvoll Ergänzungen in Kopf, Hand und
Gewandung des Pilatus sowie im Rankengrund und der Stufen-
platte des Thrones. Randstreifen komplett erneuert.
Ikonographie, Komposition: Die dritte und letzte Begegnung
Jesu mit Pilatus bezeichnet den Moment der Resignation des
Statthalters vor den Anschuldigungen der Juden gegen Jesus und
dessen Auslieferung, damit er gekreuzigt werde (Io 19, 12-16).
Anders als in den früheren Verhören ist nun eine größere
Ansammlung von Juden dargestellt. Sie umringen Jesus, um ihn
fortzuführen, während Pilatus auf dem Richterstuhl Platz
genommen hat. Die etwas abgesonderte Gestalt mit der phrygi-
schen Mütze und der diskutierenden Gebärde hinter Pilatus
dürfte hier stellvertretend auf die langanhaltende Auseinander-
setzung um Schuld und Unschuld Jesu zwischen Pilatus und den
Juden verweisen. Ehedem befand sich die Szene wohl am linken
Rand der Zeile (6a/b).
Farbigkeit, Ornament: 6b: Christus in blauer Tunika mit gelben
Zierstreifen (ohne Nimbus); der linke Scherge trägt einen roten
Rock und weiße Beinlinge, der rechte einen weißen Rock mit
violetten Zierstreifen und aufspringenden roten Rockschößen
sowie blaßgelbe Beinlinge; im Hintergrund ein Jude mit weißem
Hut und ein Soldat mit blauem Eisenhut; Inkarnate blaß- und
rotbraun. Grüner Rasenboden. 6c: Pilatus trägt einen roten Man-
tel mit grünem Futter, eine gelbe Tunika und violette Schuhe;
Krone und Szepter gelb. Thron mit grün gekehlter blaßgelber
Stufenplatte und weißem Sitz mit hellbrauner Stirnkante. Links
ein Scherge in roter Mütze und grün-rotem Gewand mit gelbem
Saum und Kragen sowie blauen Strümpfen. Bogenzwickel und
Randstreifen weiß; violetter Blattrankengrund mit eingestreuten
hellblauen Rosetten.
HD 3373, 3374, Details HD 3408-3410
CVMA W 8204, 8205, Detail W 8216,
Großdia X W 50, 51
 
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