EHEMALS NÜRNBERG • KARMELITERKLOSTER
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Bartholomäus bestatten ließ, muß die Fenster des Karmeliterkreuzgangs direkt zur Neuausstattung beigesteuert
haben15. Dank der sicheren genealogischen wie inhaltlichen Verknüpfung der Großgründlacher Annen-Joachim-
Scheibe mit dem ehemals von Erhard und Hieronymus Schürstab gestifteten ersten Fenster des Karmeliterkreuzgangs
ergibt sich notwendigerweise auch die gleiche Herkunft aller in Großgründlach und Wöhrd erhaltenen Restscheiben
vom Beginn des 16. Jahrhunderts16. Ebenfalls aus dem Karmeliterzyklus stammen sieben weitere, in der Breite stark
beschnittene Passionsszenen in der Pfarrkirche St. Nikolaus von Henfenfeld; allem Anschein nach zugehörig ist auch
die Einzelscheibe des Ecce Homo in St. Lorenz (süd IV, 4c), während die Auferstehung Christi in St. Jakob (Chor süd
II, 4b) vermutlich doch aus einem anderen Kontext stammt17.
Ob schon im Zuge der Translozierung Teile des Zyklus verloren gegangen waren, oder erst die nachfolgenden Jahrhun-
derte zur Dezimierung der Bestände führten, ist nicht mehr zu entscheiden. In jedem Fall umfaßte der nach Wöhrd
verbrachte größte Teilbestand laut Inventar von 1829 zum damaligen Zeitpunkt noch die Szene einer Verspottung
Christi18, und ein Aquarell des späten 18. Jahrhunderts im Germanischen Nationalmuseum überliefert in St. Lorenz
noch die Dornenkrönung als Siftung der Volckamer und mutmaßliches Gegenstück zur Scheibe des Ecce Homo
ebenda (Fig. 38/f.)19.
Erhaltung: Der sehr unterschiedliche Erhaltungszustand aller mehr oder weniger stark beschnittenen Scheiben kann
sinnvoll nur im Kontext der jeweiligen Zweitverwendung am heutigen Standort verzeichnet werden. Vgl. daher Groß-
gründlach S. 173-179; Henfenfeld S. 208-212; Nürnberg, St. Bartholomäus S. 315-328. Die mutmaßlich zugehörige
Einzelscheibe in der innerstädtischen Kirche St. Lorenz (Fig. 387) wird erst im Rahmen von Teilband CVMA X, 2
behandelt.
Rekonstruktion, Ikonographisches Programm: Eine verbindliche Rekonstruktion der ehemaligen Kreuzgangver-
glasung ist mit gewissen Schwierigkeiten verbunden, da Kloster und Kreuzgang wie erwähnt zu Beginn des 19. Jahr-
hunderts abgerissen worden waren, um an deren Stelle das neue Postgebäude zu errichten20. Wir verfügen jedoch über
zwei alte Grundrißpläne der Jahre 1614 (Kirche mit Sakristei)21 bzw. 1808 (Chor, Kreuzgang und Kapitelsaal)22, die es
erlauben, die Dimensionen des Kreuzgangs und seine Lage zur Kirche einigermaßen exakt zu bestimmen (Fig. 386)23.
Zusammen mit den kurzen Beschreibungen, die der Nürnberger Bürger Sebald Schreyer, der Initiator und Mitstifter
des Karmeliterzyklus, in seinen Stiftungsbüchern verzeichnet hat, lassen sich auch die Fensteröffnungen und damit das
ehemalige Gesamtbild relativ schlüssig rekonstruieren.
Wie die materi oder legend von S. Annen, unser lieben frauen und des leidens Christi im ehemaligen Kreuzgang der
Karmeliten grundsätzlich angeordnet war, ist bei Sebald Schreyer recht eindeutig und anschaulich beschrieben: Er
15 Zur langwierigen Wiederaufbaugeschichte der Wöhrder Kirche vgl.
SCHWEMMER, I933, S. lof.
16 Die Zusammenhänge sind bislang am ausführlichsten dargestellt bei
Knappe, Baldung, 1963, S. 56-68; vgl. Frenzel, Entwurf und Ausfüh-
rung, 1961, S. 51, und ders. in: Kat. Ausst. Nürnberg 1961, Nr.j. Eine
von Gottfried Frenzel geplante Gesamtpublikation zur ehemaligen
Kreuzgangverglasung des Karmeliterklosters kam nicht zustande. Vgl.
zuletzt R. Kahsnitz, in: Kat. Ausst. Nürnberg 1986, S. 358-368, und
Scholz, Werkstattpraxis, 1991,8. 83-86, 96-120.
17 Die Auferstehung in St. Jakob, die Verfasser noch 1991 zum Zyklus
gerechnet hat, paßt stilistisch nicht zur Wöhrder Scheibe des Noli me
tangere (dem Gegenstück der einstigen Auferstehungsszene). Die Dar-
stellung der Verspottung Christi war 1829 noch in Resten in Wöhrd
überliefert (Schwemmer, 1933, S. 42), die Dornenkrönung mit Volcka-
mer-Wappen aber schon im 18. Jh. in St. Lorenz in einem Aquarell fest-
gehalten worden (Hs. Merkel 1119; GNM, D 43); vgl. Fig. 388.
18 Schwemmer, 1933, S. 41L
19 Nürnberg, GNM, Hs. Merkel 1119.
20 Staudenraus (wie Anm. 12), 1931, S. 355-374-
21 StadtAN, B i/II - Bauamt/Akten, Nr. 2 (Grundriß der Frauenbrü-
derkirche und der Moritzkapelle 1613/14).
22 StAN, Regierung von Mittelfranken, Plansammlung, Abg. 1942, Nr.
XI/76.
23 Der bei Ulrich, Karmelitenkloster, 1979, S. 109, wiedergegebene
»harmonisierte« Grundriß von Kirche und Kloster ist demnach in drei
entscheidenden Punkten zu korrigieren: 1. wurde in der Nord-Süd-Aus-
richtung des Kreuzgangs ein Joch an Breite unterschlagen, d.h., der Ost-
flügel zählt im präzise gezeichneten Plan von 1808 ein Joch mehr, mithin
acht statt sieben; die Fensteröffnungen im Westflügel müssen zudem auf-
grund der geringeren Ausdehnung der Sakristei (vormals anstelle des
Treppenturmes, vgl. unter 2) sogar um zwei, von fünf auf sieben erwei-
tert werden. 2. Die Sakristei ist anhand des Grundrisses von 1614 (dort
eingetragen) zweifelsfrei im östlichen Joch des südlichen Seitenschiffes
zu lokalisieren und nicht, wie im Grundriß bei Ulrich, auf der Nord-
seite des Chors. 3. Die Lage der Ottilienkapelle »im Garten« des Kreuz-
gangs kann schon dem Sinn der Überlieferung nach nicht außen an der
östlichen Umfassungsmauer angenommen werden, sondern wäre viel-
mehr in räumlicher Nähe zum Brunnen (im Plan von 1808 eingezeichnet)
am Kreuzgangssüdflügel innerhalb des Gevierts zu rekonstruieren. Für
einen Anbau an eben dieser Stelle spricht auch der erhaltene Glasmalerei-
bestand.
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Bartholomäus bestatten ließ, muß die Fenster des Karmeliterkreuzgangs direkt zur Neuausstattung beigesteuert
haben15. Dank der sicheren genealogischen wie inhaltlichen Verknüpfung der Großgründlacher Annen-Joachim-
Scheibe mit dem ehemals von Erhard und Hieronymus Schürstab gestifteten ersten Fenster des Karmeliterkreuzgangs
ergibt sich notwendigerweise auch die gleiche Herkunft aller in Großgründlach und Wöhrd erhaltenen Restscheiben
vom Beginn des 16. Jahrhunderts16. Ebenfalls aus dem Karmeliterzyklus stammen sieben weitere, in der Breite stark
beschnittene Passionsszenen in der Pfarrkirche St. Nikolaus von Henfenfeld; allem Anschein nach zugehörig ist auch
die Einzelscheibe des Ecce Homo in St. Lorenz (süd IV, 4c), während die Auferstehung Christi in St. Jakob (Chor süd
II, 4b) vermutlich doch aus einem anderen Kontext stammt17.
Ob schon im Zuge der Translozierung Teile des Zyklus verloren gegangen waren, oder erst die nachfolgenden Jahrhun-
derte zur Dezimierung der Bestände führten, ist nicht mehr zu entscheiden. In jedem Fall umfaßte der nach Wöhrd
verbrachte größte Teilbestand laut Inventar von 1829 zum damaligen Zeitpunkt noch die Szene einer Verspottung
Christi18, und ein Aquarell des späten 18. Jahrhunderts im Germanischen Nationalmuseum überliefert in St. Lorenz
noch die Dornenkrönung als Siftung der Volckamer und mutmaßliches Gegenstück zur Scheibe des Ecce Homo
ebenda (Fig. 38/f.)19.
Erhaltung: Der sehr unterschiedliche Erhaltungszustand aller mehr oder weniger stark beschnittenen Scheiben kann
sinnvoll nur im Kontext der jeweiligen Zweitverwendung am heutigen Standort verzeichnet werden. Vgl. daher Groß-
gründlach S. 173-179; Henfenfeld S. 208-212; Nürnberg, St. Bartholomäus S. 315-328. Die mutmaßlich zugehörige
Einzelscheibe in der innerstädtischen Kirche St. Lorenz (Fig. 387) wird erst im Rahmen von Teilband CVMA X, 2
behandelt.
Rekonstruktion, Ikonographisches Programm: Eine verbindliche Rekonstruktion der ehemaligen Kreuzgangver-
glasung ist mit gewissen Schwierigkeiten verbunden, da Kloster und Kreuzgang wie erwähnt zu Beginn des 19. Jahr-
hunderts abgerissen worden waren, um an deren Stelle das neue Postgebäude zu errichten20. Wir verfügen jedoch über
zwei alte Grundrißpläne der Jahre 1614 (Kirche mit Sakristei)21 bzw. 1808 (Chor, Kreuzgang und Kapitelsaal)22, die es
erlauben, die Dimensionen des Kreuzgangs und seine Lage zur Kirche einigermaßen exakt zu bestimmen (Fig. 386)23.
Zusammen mit den kurzen Beschreibungen, die der Nürnberger Bürger Sebald Schreyer, der Initiator und Mitstifter
des Karmeliterzyklus, in seinen Stiftungsbüchern verzeichnet hat, lassen sich auch die Fensteröffnungen und damit das
ehemalige Gesamtbild relativ schlüssig rekonstruieren.
Wie die materi oder legend von S. Annen, unser lieben frauen und des leidens Christi im ehemaligen Kreuzgang der
Karmeliten grundsätzlich angeordnet war, ist bei Sebald Schreyer recht eindeutig und anschaulich beschrieben: Er
15 Zur langwierigen Wiederaufbaugeschichte der Wöhrder Kirche vgl.
SCHWEMMER, I933, S. lof.
16 Die Zusammenhänge sind bislang am ausführlichsten dargestellt bei
Knappe, Baldung, 1963, S. 56-68; vgl. Frenzel, Entwurf und Ausfüh-
rung, 1961, S. 51, und ders. in: Kat. Ausst. Nürnberg 1961, Nr.j. Eine
von Gottfried Frenzel geplante Gesamtpublikation zur ehemaligen
Kreuzgangverglasung des Karmeliterklosters kam nicht zustande. Vgl.
zuletzt R. Kahsnitz, in: Kat. Ausst. Nürnberg 1986, S. 358-368, und
Scholz, Werkstattpraxis, 1991,8. 83-86, 96-120.
17 Die Auferstehung in St. Jakob, die Verfasser noch 1991 zum Zyklus
gerechnet hat, paßt stilistisch nicht zur Wöhrder Scheibe des Noli me
tangere (dem Gegenstück der einstigen Auferstehungsszene). Die Dar-
stellung der Verspottung Christi war 1829 noch in Resten in Wöhrd
überliefert (Schwemmer, 1933, S. 42), die Dornenkrönung mit Volcka-
mer-Wappen aber schon im 18. Jh. in St. Lorenz in einem Aquarell fest-
gehalten worden (Hs. Merkel 1119; GNM, D 43); vgl. Fig. 388.
18 Schwemmer, 1933, S. 41L
19 Nürnberg, GNM, Hs. Merkel 1119.
20 Staudenraus (wie Anm. 12), 1931, S. 355-374-
21 StadtAN, B i/II - Bauamt/Akten, Nr. 2 (Grundriß der Frauenbrü-
derkirche und der Moritzkapelle 1613/14).
22 StAN, Regierung von Mittelfranken, Plansammlung, Abg. 1942, Nr.
XI/76.
23 Der bei Ulrich, Karmelitenkloster, 1979, S. 109, wiedergegebene
»harmonisierte« Grundriß von Kirche und Kloster ist demnach in drei
entscheidenden Punkten zu korrigieren: 1. wurde in der Nord-Süd-Aus-
richtung des Kreuzgangs ein Joch an Breite unterschlagen, d.h., der Ost-
flügel zählt im präzise gezeichneten Plan von 1808 ein Joch mehr, mithin
acht statt sieben; die Fensteröffnungen im Westflügel müssen zudem auf-
grund der geringeren Ausdehnung der Sakristei (vormals anstelle des
Treppenturmes, vgl. unter 2) sogar um zwei, von fünf auf sieben erwei-
tert werden. 2. Die Sakristei ist anhand des Grundrisses von 1614 (dort
eingetragen) zweifelsfrei im östlichen Joch des südlichen Seitenschiffes
zu lokalisieren und nicht, wie im Grundriß bei Ulrich, auf der Nord-
seite des Chors. 3. Die Lage der Ottilienkapelle »im Garten« des Kreuz-
gangs kann schon dem Sinn der Überlieferung nach nicht außen an der
östlichen Umfassungsmauer angenommen werden, sondern wäre viel-
mehr in räumlicher Nähe zum Brunnen (im Plan von 1808 eingezeichnet)
am Kreuzgangssüdflügel innerhalb des Gevierts zu rekonstruieren. Für
einen Anbau an eben dieser Stelle spricht auch der erhaltene Glasmalerei-
bestand.