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Scholz, Hartmut
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Mittelfranken und Nürnberg (extra muros): Anhänge, Tafeln — Corpus vitrearum medii aevi - Deutschland, Band 10,1, Teil 2: Berlin: Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, 2002

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https://doi.org/10.11588/diglit.52870#0015
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542

ANHANG l: ABGEWANDERTE SCHEIBEN



Fig. 387. Ecce Homo mit
Wappen Volckamer. Ehemals
Nürnberg, Karmeliterkreuzgang.
Nürnberg, St. Lorenz, s IV, 4c.
Fig. 388. Dornenkrönung mit
Wappen Volckamer. Ehemals
Nürnberg, Karmeliterkreuzgang.
Nachzeichnung Hs. Merkel 1119.
Nürnberg, GNM.

mit den frühesten Begebenheiten der Annenlegende zu rechnen. Dabei kann Joachims Abschied von Anna mit dem
Wappen Schürstab und Beischild Ahl (Großgründlach, Chor I, ta) freilich nicht - wie bislang meist geschrieben wurde
- den Auftakt der ganzen Serie gebildet haben, sondern folgte sinnvollerweise erst als zweite Szene im Anschluß an die
heute verlorene Zurückweisung von Joachims Opfer.
Weitere schriftliche Quellen über Zeitpunkt und Gegenstand der zahlreichen Fensterstiftungen sind bislang nicht
bekannt geworden, doch neben dem Augenschein beweist auch das inschriftliche Datum 1511 auf der Fußwaschung in
Wöhrd (Chor nord II, 5a), daß sich die Kreuzgangsverglasung bis ins zweite Jahrzehnt hingezogen hat. Die mitbetei-
ligten Nürnberger Familien sind noch zum Teil an ihren Wappen namhaft zu machen - so die Schürstab, Tücher,
Praunengel, Flück, Petz, von Mangersreuth, Kötzler und Volckamer - oder doch zumindest durch Hausmarken vertre-
ten. In Einzelfällen (Wöhrd, Chor nord II, 2b, 3a) wurden die Wappenschilde später, bei der Translozierung nach Mitte
des 16. Jahrhunderts, gelöscht. Vermutlich waren die einstigen Stifterfamilien bereits erloschen oder andernfalls nicht
willens, für die künftige Pflege der Scheiben Sorge zu tragen. Damit wurde, wie in anderen überlieferten Beispielen
Nürnberger Glasmalerei auch, bekundet, daß die Scheibe aus der Obhut der Stifterfamilie entlassen und de iure Kir-
chenbesitz geworden war14.
Möglicherweise hatten einzelne Stifterfamilien bereits direkt nach der Säkularisation des Klosters 1525 das eigene
bewegliche Stiftungsgut, Altäre, Epitaphien und gegebenenfalls Glasgemälde, wieder in ihren Besitz gebracht, um diese
vor mutwilliger Zerstörung zu bewahren. Spätestens aber mit dem Verkauf des Klosters an Gilch Ayrer 1557 und mit
dessen weitreichenden Umbauplänen war für den Fensterzyklus an Ort und Stelle, d.h. in den neu entstehenden Han-
delsgewölben im Kreuzgang, keine Verwendung mehr. Etwa zur gleichen Zeit, 15 57-1569, wurde die Wöhrder Pfarr-
kirche St. Bartholomäus nach ihrer Zerstörung im zweiten Markgrafenkrieg (1552-54) mit deutlicher Unterstützung
durch den Nürnberger Rat und einzelner Nürnberger Patrizier wieder aufgebaut. Gilch Ayrer, der sich später in St.

14 Knappe, Baldung, 1963, Anm. 298. Ein zweites prominentes Beispiel liefert, wo das Wappen Vorchtel aus der Vorgängerstiftung wider die
ähnlicher deletio memoriae ist im Pfinzing-Fenster in St. Sebald über- Vorschrift des Rates nicht in die Neustiftung übernommen wurde.
 
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