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Scholz, Hartmut
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Mittelfranken und Nürnberg (extra muros): Anhänge, Tafeln — Corpus vitrearum medii aevi - Deutschland, Band 10,1, Teil 2: Berlin: Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, 2002

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https://doi.org/10.11588/diglit.52870#0055
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582

REGESTEN

Bayerns behufs Ausführung dieser Neuverbleiung hieher einzu-
reichen.
Rothenburg, PfA St. Jakob.
141 Rothenburg 1898 Okt. 31
Bericht des ansässigen Glasermeisters A. Hörber über den »der-
zeitigen Zustand der gemalten Kirchenfenster im Ostchor von
St. Jakob«:
Verehrliche Kirchenverwaltung zu St. Jakob dahier.
Gegebenen Auftrags zufolge, die persönliche Anschauung und
Erfahrungen über die alten Glasmalereien im Ostchor der St.
Jakobskirche, deren Reparaturbedürftigkeit auszusprechen habe
ich Nachstehendes zu berichten.
Vor allem muß ich feststellen, daß die Neuzeit mich nicht als
Neuling vor eine mir unbekannte Spur des Glaserhandwerks
stellt, indem ich schon als Lehrling um 1841 bis 44 mit den Kir-
chenfenstern v. St. Jakob und deren Behandlung vertraut ge-
macht wurde.
Mehr noch war dieses der Fall, als in den yoer Jahren die große
Renovation der Jakobskirche durch Professor Heideloff durchge-
führt wurde, bei welcher die Wiederherstellung auch der 3 gro-
ßen, gemalten Fenster im Ostchor durch die so warm empfohlene
Keller’sche Glasmalerei in Nürnberg ausgeführt wurde. Die
Wiedereinsetzung derselben geschah freilich unter meiner Mit-
wirkung. Die Leistung des Keller’schen Instituts befriedigte all-
gemein. Die Reparatur der einzelnen Scheibenstücke umfaßte
nicht nur die Ausbesserung und theilweise Erneuerung der Ver-
bleiung, sondern auch der Gläser und gemalter Stücke. Ob nun
frühere Reparatur einmal schon vorgenommen war, entzieht sich
meinem Urtheile, aber die allgemeine Annahme, daß es die erste
und gründliche der im lyten Jahrhundert gestifteten Fenster sei,
gab auch damals der Hoffnung Raum, daß wieder eine lange,
lange Zeit verstreichen werde, bis die Frage einer gründlichen
Reparatur an die Verwaltung herantrete.
Leider war das nicht der Fall!
[Es folgen einige Auslassungen über die Nutzung des Kirchplat-
zes zu zahllosen Aufführungen des »Meistertrunks«, wo zur
Steigerung der dramatischen Wirkung der feindliche Ansturm
durch Kleingewehrfeuer markiert wurde]. Da war es gerade der
Unterzeichnete, der mit voller Kenntniß über die Widerstandsfä-
higkeit dieser Fenster, des starken Glases (es ist meist noch gegos-
senes oder gewalztes Glas); der starken Verbleiung, vielfach noch
gehobeltes, nicht gezogenes Blei, und den starken Windeisen -
daß blindes Kleingewehrfeuer diese Fenster absolut nicht beschä-
digen könne....
Sei es nun Leichtsinn oder Muthwillen oder etwas anderes, -
während des Schießens an letzten Pfingsten flogen Splitter ge-
malten Glases in die Kirche und die Reparatur dieser Stücke gab
der Zettler’schen Hofglasmalerei Veranlassung zu der Warnung,
diese hochwertigen Fenster einer baldigen und gründlichen Re-
paratur von sachverständiger Seite zu veranlassen.
[Es folgt die Beurteilung im einzelnen, die - mit Ausnahme der
Maßwerkverglasungen - durchgehend vom noch guten und zu
keiner Besorgnis Veranlassung gebenden Zustand der Fenster
spricht, und in dem Satz endet]: Zur Zeit wäre die angesonnene
Renovation eine Versündigung!
Rothenburg, PfA St. Jakob18.

142 München 1912 Juni 4
Gutachten Zettlers über den derzeitigen Zustand der drei Ost-
chorfenster in der St. Jakobskirche zu Rothenburg:
Auf gefl. Einladung von Seite der verehrl. Kirchenverwaltung St.
Jakob in Rothenburg hat es der Unterfertigte Ende Mai 1912
unternommen, die hochberühmten und in ihrer Art mit zu den
allerschönsten Beispielen der Glasmalkunst des ly. Jahrhunderts
gehörigen Fenster des Ostchores genannter Kirche einer einge-
henden und gewissenhaften Untersuchung zu unterziehen.
Der immense Wert dieser nach jeder Richtung hin ganz muster-
haften Leistungen der Mitte des ty. Jahrhunderts lassen die
größte Sorge und die möglichste Erhaltung dieser unschätzbaren
Kunstwerke vollberechtigt geboten erscheinen.
Noch ist der Zustand der auf gemalten Farben im allgemeinen ein
so vorzüglicher, die Contur und Schattierung in weitaus grösstem
Umfang in so überraschend guter Weise erhalten, die Klarheit
und Frische so mancher Bildwerke, Einzelfiguren und Gruppen
in geradezu überwältigender Schönheit bewahrt geblieben, so
dass es unserer Zeit (in Gefühlen inniger Dankbarkeit) als höch-
ste Pflicht erscheinen möge, alles aufzubieten, um diesen bedeu-
tenden Schmuck des ehrwürdigen Gotteshauses der Nachwelt zu
erhalten.
Bei der collossalen Höhe dieser Fenster sind dieselben dem Wind-
druck sehr ausgesetzt, so dass eine allmähliche Lockerung des
Bleinetzes die natürliche Folge sein musste. An vielen Stellen,
besonders des Mittelchorfensters, treten die diesbezüglichen
Schäden bereits augenfällig zu Tage.
Nicht nur die Verbleiung, welche schon wiederholte Ausbesse-
rungen und notdürftige Reparaturen erfahren hat, sondern auch
die Steinrippen und das Eisenwerk, Deckschienen, Windeisen etc.
lassen die Schäden Jahrhunderte langer Witterungseinflüsse nur
zu deutlich erkennen.
Da bei notwendig werdender Erneuerung des Steinmasswerkes
und der Steinrippen die Glasfenster herausgenommen werden
müssen, lassen sich bei dieser Gelegenheit die den Fenstern anhaf-
tenden Mängel einer schadhaften Bleiverbindung wohl beheben.
Um sich über die dermalige Beschaffenheit der Glasmalereien ein
eingehendes, sachgemässes Urteil bilden zu können wurde es für
nötig befunden, an mehreren Stellen einige Fensterflügel heraus-
nehmen zu lassen. Es erschien dieser Modus um so notwendiger,
als in den yoer Jahren des 19. Jahrhunderts sämtliche Flügel mit
Portland-Zement eingeputzt wurden. Die Befürchtung, die Her-
ausnahme möchte mit grossen Schwierigkeiten und mit der noch
grösseren Gefahr der Beschädigung der am Rand des Flügels
befindlichen Gläser verbunden sein, hat sich erfreulicher Weise
nicht für berechtigt erwiesen. Wie es scheint, hatte die damals
schon starke Schicht verwitterten Glases (an der Aussenseite als
schwefelsaurer Kalk - Wetterstein) eine innige Verbindung des
Zementes mit der Glasoberfläche nicht mehr zugelassen - im
Gegensatz zu verschiedenen neuen ergänzten Flügeln (Glasma-
ler Kellner, Nürnberg - i8y6) an deren neuem Glase der Port-
land-Zement sich direkt eingefressen hat, so wurde der Wetter-
18 Zu ähnlichen Resultaten gelangte auch das Gutachten des kgl. Kon-
servators Prof. G. Haggenmiller vom 26. Nov. 1901; ebenda auch die
Abschrift der Stellungnahme des Generalkonservatoriums der Kunst-
denkmale und Altertümer Bayerns an das Kgl. Staatsministerium des
Innern vom 26. Nov. 1901 (Pfarrarchiv St. Jakob).
 
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