LANGHAUSFENSTER SÜd XII
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ster besteht aus rot/blauen Karos und weißen Kreuzblättern dazwischen; wo die rot/blauen Leisten sich kreuzen,
sitzen gelbe Rosettchen (Grundmuster XIII, 19)36.
Bahn c. Auf den Paßrahmungen (Medaillon XIII, 11) ausradierte Kleeblätter zwischen Kreisen. Die äußere gelbe
Randleiste und die innere rote begrenzen die Bordüren, welche aus divergierend halbkreisförmig angeordneten weißen
Blättern, gelben und grünen Bogenquadratblättern und blauen Halbkreisblüten bestehen (Borte XIII, 39). Das je
Feld zweimal erscheinende, vom Bildfeld leicht überschnittene Hauptmotiv des Teppichs besteht aus vier miteinander
verbundenen weißen Perlbandkreisen mit rotem Grund, die je ein dreiteiliges grünes Blatt enthalten; im Mittelpunkt
dieser Vierergrupe ein rotes Rosettchen mit einem Kreuz aus gelben Blättern. Die Zwickelflächen des Teppichgrundes
sind mit blauen Blättern gefüllt (Grundmuster XIII, 21).
Bahn d\ Als Dekor der Paßrahmen (Medaillon XIII, 12) ist hier eine Wellenranke mit kleinen Blättchen ausradiert.
Ähnlich wie in c bilden auch hier große Motive den Schmuck des Mittelstreifens: Hier sind es vier von einem
Kreis mit ausgekratztem weißen Zickzackmuster umschlossene gelbe Rosetten mit rotem Mittelpunkt, vor grünem
Hintergrund mit Blattbemalung. Die Leerflächen des Teppichs sind rot. Der Mittelstreifen ist von den Randbordüren
durch zwei Leisten getrennt (die innere blau, die äußere rot). Die Bordüre zeigt zum Unterschied vom eben beschriebe-
nen eigentlichen Teppichstreifen ein Teppichmuster: Gelbe Schwertlilien füllen die von blauen Leisten gebildeten
Karos, die Kreuzungspunkte der Leisten sind mit winzigen weißen Blüten besetzt (Borte XIII, 45). Die Außenrandleiste
ist blau.
Technik: Verschiedene Varianten ausradierter Muster in den Rahmungen der Paßfelder.
Stil, Datierung: Formale Angleichung an ältere Werke, wie etwa die Fenster im Chorschluß, deren Kompositions-
prinzipien übernommen werden, sowie jedoch auch eine gewisse Sorglosigkeit im Umgang mit diesen traditionellen
Formen als Zeichen eines Unverständnisses für deren kanonische Bedeutung charakterisieren den Stil des Fensters.
So werden beispielsweise hier die Teppiche in ihrem ornamentalen Charakter kaum mehr von den Bordüren unterschie-
den, welche ebensoviel Platz im Bildfeld erhalten wie sie (Verhältnis 1:2:1); klassische Teppichmuster werden zu
Bordürenmustern und umgekehrt. Die Kleinteiligkeit im szenischen Aufbau bringt eine dem klassischen Farbkanon
widersprechende Buntfarbigkeit mit sich: Es werden dieselben vier Grundfarben verwendet wie in den Chorschlußfen-
stern; die Farbkompositionsgesetze37 sind erkennbar, aber die großen Akzente fehlen. Abgesehen von diesen Indizien
gibt auch die Verniedlichung des Figurenstils38 der fast einhellig vorgetragenen Meinung recht, daß das Fenster
als »spätes Erzeugnis der Chorfensterwerkstatt« in den dreißiger Jahren des 14. Jh. entstanden sei39. Als Vergleich
für diesen Figurenstil bietet sich aus der Regensburger Buchmalereiproduktion das Passionale Clm. 14528 aus St. Em-
meram an (Textabb. 29, 32, Taf. XXIId, XXIII b, d), in dessen Bildchen nicht nur die puppenhaften Gesichter,
sondern auch Gewandanordnungen, Gesten und sogar Kopfbedeckungen mit dem Christinen-Leonhard-Fenster über-
einstimmen. E. Schürer-v. Witzleben wies bereits auf die im Sinne eines Werkstattzusammenhanges deutbare Ähn-
lichkeit mit der Verkündigungskomposition im Maßwerk von Fenster nord III des Kreuzgangs der Dominikanerinnen-
kirche Hl. Kreuz in Regensburg hin40. Die von ihr ferner beobachtete Identität des Meisters der Christinenlegende
mit der Kraft, die die drei christologischen Szenen des Nothelferfensters Lhs. nord VIII (Abb. 5 33 ff.) gestaltet hat,
36 Dieses Grundmuster erscheint seit der Chorverglasung von St. Tho-
mas in Straßburg (um 1270) in weiter Verbreitung; E. Schürer-v.
Witzleben, 1982, S. 15, hat die Verwandtschaft mit diesem Prototyp
bereits erwähnt und auch Analogien mit dem Grundmuster XIII, 14,
in Chor NORD II festgestellt; ähnlicher noch ist das in Chorfenster I
verwendete Teppichmuster XIII, 4.
37 Vgl. zu Farbverschränkungen, -bindungen und -gelenken E. Frodl-
Kraft, Die Farbsprache der gotischen Malerei, in: Wiener Jb. für
Kunstgeschichte 30/31, 1977/78, S. 89—178.
38 E. Schürer-v. Witzleben, 1982, S. 20, stellt fest, daß die Schärfe
und Prägnanz der Zeichnung der Chorschlußfenster verlorengegangen
ist, die Gesichtszüge der Figuren niedlich geworden sind. A. Hubel,
1981c, S. 150, bemerkt gedrungenere Proportionen, eine kleinteilige,
detaillierte Einzelschilderung und das Verschmelzen der Darstellung mit
dem Teppichgrund.
39 J. Schinnerer, 1914, S. 204, kommt aufgrund von historischen Er-
wägungen zu einem ähnlichen Resultat (um 1330, »zu den spätesten
Erzeugnissen der ersten Gruppe« gehörig) wie E. Schürer-v. Witzle-
ben, 1982, S. 19h (um 1330/40, »letzter Ausklang der Chorfensterwerk-
statt«) und A. Hubel, 1981c, S. 150 (um 1340, »ein letzter, zeitlich ver-
zögerter Ausläufer der Werkstatt« der Hauptchorfenster). Nur A. Elsen,
1940, S. 65 ff., ordnet das Fenster später (erst 1365—1367) ein.
40 Vgl. A. Elsen, 1940, S. 97 h, Taf. 60, und H. Wentzel, A954, S. 96,
Abb. 140; die Datierung um 1360/65 ist sicherlich zu spät. — Eine aus-
führliche Behandlung dieser Scheiben wird der Band XIII, 2 des Corpus
Vitrearum Medii Aevi Deutschland bringen. Vgl. auch Taf. XXX d.
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ster besteht aus rot/blauen Karos und weißen Kreuzblättern dazwischen; wo die rot/blauen Leisten sich kreuzen,
sitzen gelbe Rosettchen (Grundmuster XIII, 19)36.
Bahn c. Auf den Paßrahmungen (Medaillon XIII, 11) ausradierte Kleeblätter zwischen Kreisen. Die äußere gelbe
Randleiste und die innere rote begrenzen die Bordüren, welche aus divergierend halbkreisförmig angeordneten weißen
Blättern, gelben und grünen Bogenquadratblättern und blauen Halbkreisblüten bestehen (Borte XIII, 39). Das je
Feld zweimal erscheinende, vom Bildfeld leicht überschnittene Hauptmotiv des Teppichs besteht aus vier miteinander
verbundenen weißen Perlbandkreisen mit rotem Grund, die je ein dreiteiliges grünes Blatt enthalten; im Mittelpunkt
dieser Vierergrupe ein rotes Rosettchen mit einem Kreuz aus gelben Blättern. Die Zwickelflächen des Teppichgrundes
sind mit blauen Blättern gefüllt (Grundmuster XIII, 21).
Bahn d\ Als Dekor der Paßrahmen (Medaillon XIII, 12) ist hier eine Wellenranke mit kleinen Blättchen ausradiert.
Ähnlich wie in c bilden auch hier große Motive den Schmuck des Mittelstreifens: Hier sind es vier von einem
Kreis mit ausgekratztem weißen Zickzackmuster umschlossene gelbe Rosetten mit rotem Mittelpunkt, vor grünem
Hintergrund mit Blattbemalung. Die Leerflächen des Teppichs sind rot. Der Mittelstreifen ist von den Randbordüren
durch zwei Leisten getrennt (die innere blau, die äußere rot). Die Bordüre zeigt zum Unterschied vom eben beschriebe-
nen eigentlichen Teppichstreifen ein Teppichmuster: Gelbe Schwertlilien füllen die von blauen Leisten gebildeten
Karos, die Kreuzungspunkte der Leisten sind mit winzigen weißen Blüten besetzt (Borte XIII, 45). Die Außenrandleiste
ist blau.
Technik: Verschiedene Varianten ausradierter Muster in den Rahmungen der Paßfelder.
Stil, Datierung: Formale Angleichung an ältere Werke, wie etwa die Fenster im Chorschluß, deren Kompositions-
prinzipien übernommen werden, sowie jedoch auch eine gewisse Sorglosigkeit im Umgang mit diesen traditionellen
Formen als Zeichen eines Unverständnisses für deren kanonische Bedeutung charakterisieren den Stil des Fensters.
So werden beispielsweise hier die Teppiche in ihrem ornamentalen Charakter kaum mehr von den Bordüren unterschie-
den, welche ebensoviel Platz im Bildfeld erhalten wie sie (Verhältnis 1:2:1); klassische Teppichmuster werden zu
Bordürenmustern und umgekehrt. Die Kleinteiligkeit im szenischen Aufbau bringt eine dem klassischen Farbkanon
widersprechende Buntfarbigkeit mit sich: Es werden dieselben vier Grundfarben verwendet wie in den Chorschlußfen-
stern; die Farbkompositionsgesetze37 sind erkennbar, aber die großen Akzente fehlen. Abgesehen von diesen Indizien
gibt auch die Verniedlichung des Figurenstils38 der fast einhellig vorgetragenen Meinung recht, daß das Fenster
als »spätes Erzeugnis der Chorfensterwerkstatt« in den dreißiger Jahren des 14. Jh. entstanden sei39. Als Vergleich
für diesen Figurenstil bietet sich aus der Regensburger Buchmalereiproduktion das Passionale Clm. 14528 aus St. Em-
meram an (Textabb. 29, 32, Taf. XXIId, XXIII b, d), in dessen Bildchen nicht nur die puppenhaften Gesichter,
sondern auch Gewandanordnungen, Gesten und sogar Kopfbedeckungen mit dem Christinen-Leonhard-Fenster über-
einstimmen. E. Schürer-v. Witzleben wies bereits auf die im Sinne eines Werkstattzusammenhanges deutbare Ähn-
lichkeit mit der Verkündigungskomposition im Maßwerk von Fenster nord III des Kreuzgangs der Dominikanerinnen-
kirche Hl. Kreuz in Regensburg hin40. Die von ihr ferner beobachtete Identität des Meisters der Christinenlegende
mit der Kraft, die die drei christologischen Szenen des Nothelferfensters Lhs. nord VIII (Abb. 5 33 ff.) gestaltet hat,
36 Dieses Grundmuster erscheint seit der Chorverglasung von St. Tho-
mas in Straßburg (um 1270) in weiter Verbreitung; E. Schürer-v.
Witzleben, 1982, S. 15, hat die Verwandtschaft mit diesem Prototyp
bereits erwähnt und auch Analogien mit dem Grundmuster XIII, 14,
in Chor NORD II festgestellt; ähnlicher noch ist das in Chorfenster I
verwendete Teppichmuster XIII, 4.
37 Vgl. zu Farbverschränkungen, -bindungen und -gelenken E. Frodl-
Kraft, Die Farbsprache der gotischen Malerei, in: Wiener Jb. für
Kunstgeschichte 30/31, 1977/78, S. 89—178.
38 E. Schürer-v. Witzleben, 1982, S. 20, stellt fest, daß die Schärfe
und Prägnanz der Zeichnung der Chorschlußfenster verlorengegangen
ist, die Gesichtszüge der Figuren niedlich geworden sind. A. Hubel,
1981c, S. 150, bemerkt gedrungenere Proportionen, eine kleinteilige,
detaillierte Einzelschilderung und das Verschmelzen der Darstellung mit
dem Teppichgrund.
39 J. Schinnerer, 1914, S. 204, kommt aufgrund von historischen Er-
wägungen zu einem ähnlichen Resultat (um 1330, »zu den spätesten
Erzeugnissen der ersten Gruppe« gehörig) wie E. Schürer-v. Witzle-
ben, 1982, S. 19h (um 1330/40, »letzter Ausklang der Chorfensterwerk-
statt«) und A. Hubel, 1981c, S. 150 (um 1340, »ein letzter, zeitlich ver-
zögerter Ausläufer der Werkstatt« der Hauptchorfenster). Nur A. Elsen,
1940, S. 65 ff., ordnet das Fenster später (erst 1365—1367) ein.
40 Vgl. A. Elsen, 1940, S. 97 h, Taf. 60, und H. Wentzel, A954, S. 96,
Abb. 140; die Datierung um 1360/65 ist sicherlich zu spät. — Eine aus-
führliche Behandlung dieser Scheiben wird der Band XIII, 2 des Corpus
Vitrearum Medii Aevi Deutschland bringen. Vgl. auch Taf. XXX d.