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Kosina, Elena; Korn, Ulf-Dietrich
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Niedersachsen: ohne Lüneburg und die Heideklöster — Corpus vitrearum medii aevi - Deutschland, Band 7,1: Berlin: Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, 2017

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.52867#0072
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AMELUNGSBORN • EHEMALIGES ZISTERZIENSERKLOSTER

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in Amelungsborn kam es im späten 13. und frühen 14.
Jahrhundert zu neuen Baukampagnen, doch reichten
die Mittel für einen Neubau der Kirche zum damaligen
Zeitpunkt offenbar nicht aus. In die Amtszeit des Abtes
Balduin (1292-1301) fielen die Errichtung neuer Klau-
surgebäude und der Baubeginn eines geräumigen fünf-
wöchigen Staffelchors, der in Anlehnung an Morimond
und Riddagshausen großzügig geplant und an das bereits
bestehende romanische Langhaus angeschlossen wurde7.
Davon zeugen noch die Grundmauern des gegenwär-
tigen Chors, die Rundstabverzierungen an den unteren
Fensterlaibungen und die in ihrer Lage »vermittelnden«
östlichen Vierungspfeiler, die weder in der Flucht des ro-
manischen Langhauses noch in der genauen Flucht des
südöstlich verschobenen späteren Chorbaus liegen. Für
den 15. Oktober 1309 überliefert Johann Georg Leuck-
feld eine - provisorische(?) - Weihe dieses Neubaus zu
Ehren der Jungfrau Maria und des Hl. Pankratius 8.
In der Amtszeit des Abtes Giseier (1317-1322) wurden die
Baumaßnahmen im Chor in reduziertem Umfang fort-
gesetzt. Seine heutige Gestalt als rechteckig angelegter
Umgangschor erhielt der Bau schließlich erst in den
i3$o-6oer-Jahren (Fig. 3/)9. Als Bauherr dieser letzten
Kampagne wird im Anniversarienbuch des Klosters der
von 1355 bis 1371 amtierende Abt Engelhardus genannt:
qui incepit novum chorum et perfecitXQ. Ferner berich-
tet dasselbe Nekrolog von einer Spende ad nostrum no-
vum chorum von Johannes Bole, der zwischen 1332 und
1357 erst als Bürger von Dassel, dann von Stadtolden-
dorf urkundlich belegt ist11. Darüber hinaus überliefert
die Abschrift einer verschollenen Urkunde im zweiten
Kopialbuch des Klosters für den 25. April 1363 eine Al-
tar- und Memorienstiftung in dem nygen köre durch
die Familie von Gustede, was höchstwahrscheinlich auf
einen bereits vollendeten Bau hinweist12. In dieser Zeit
stand das Kloster sowohl hinsichtlich seiner wirtschaft-
lichen Entwicklung als auch seiner geistigen Bedeutung
in hoher Blüte. Bereits im späten 13. Jahrhundert waren
hier 50 Mönche und 90 Konversen ansässig. Ein weit über
das Kloster hinaus bekanntes Skriptorium, in dem um
1280/90 die fünfbändige Amelungsborner Bibel entstan-
den war13, erlebte unter dem Abt und Miniator Johannes
III. Masco (1377-1385) eine zweite Blütezeit. Darüber hi-
naus besaß Amelungsborn eine bedeutende Bibliothek,
die laut dem 1412 angelegten Katalog die stattliche An-
zahl von 440 Bänden aufwies.
Im 16. Jahrhundert verlor das Kloster rasch an Bedeu-
tung. 1542 wurde erstmals die Reformation eingeführt,
die 1568 unter Herzog Julius von Wolfenbüttel endgültig
durchgesetzt wurde. Im gleichen Jahr wurde in Ame-


Fig. 37. Amelungsborn, Klosterkirche.
Grundriss im Maßstab 1:300.
 
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