AMELUNGSBORN • EHEMALIGES ZISTERZIENSERKLOSTER
91
Fig. 55. ES Chor süd II, 4a-d.
M 1:15
Ikonographie: Die alttestamentliche Schlüsselfigur David - Kö-
nig, Psalmsänger und Harfenspieler - ist in zahlreichen Dar-
stellungen überliefert. David erscheint regelmäßig in der Wur-
zel Jesse, in Propheten- wie Patriarchenfolgen. In Canterbury
gehört er noch zur Reihe der Ahnen Christi, wird jedoch durch
eine Krone herausgehoben78, in Hildesheim wurde er nicht
mehr unter den Erzvätern aufgeführt, sondern erhielt einen
Platz in der zentralen Komposition der Wurzel Jesse, die die
königliche Abstammung der Jungfrau Maria repräsentiert79.
Krone wie Harfe gehören zu seinen üblichen Attributen80. So
ist er in Amelungsborn auch ohne Schriftrolle zu erkennen.
Komposition: Die Haltung Davids ähnelt jenen Figuren nach
Schablone B, basiert jedoch auf einem eigenen Entwurf.
CVMA E 09/120
4c SALOMO Fig. 55, Abb. 9
H. 60 cm, B. 42 cm.
Inschrift: In der Schriftrolle in gotischen Majuskeln: • SALO-
MON •, in eine Ranke eingefügt.
Erhaltung: Die vergleichsweise gute Erhaltung von Bildfeld
und Rankenrahmung wird lediglich durch eine sehr derbe Er-
gänzung im Mantel gestört. Schwarzlotmalerei in gutem Zu-
stand.
Ikonographie: König Salomo, der Sohn Davids, begegnet häufig
in Kompositionen der Wurzel Jesse, die auf der matthäischen
Auslegung der Herkunft Christi beruht. Bei Lukas hingegen
wird Salomo nicht erwähnt, so dass die genealogische Linie von
David über Natan zu Maria verläuft. Dementsprechend fehlt
die Figur Salomos in der rein lukanischen Vorfahren-Christi-
Folge der Kathedrale von Canterbury, während sie - in Gestalt
eines jungen bartlosen Herrschers - in die zentrale Wurzel
Jesse der Hildesheimer Decke aufgenommen wurde81. Bemer-
kenswert ist in Amelungsborn allenfalls die betende Haltung
Salomos.
Komposition: Profilansicht und Kopfneigung des Patriarchen
stehen bei gespiegelter Ausführung dem Judas recht nahe, doch
lässt der Faltenwurf im unteren Teil des Gewandes eine andere
Beinstellung erahnen. Wir müssen daher von einem weiteren fi-
gürlichen Entwurf ausgehen, von dem sich nur diese eine Aus-
führung erhalten hat.
CVMA E 09/122
4d JOACHIM Fig. 55, Abb. 10
H. 60 cm, B. 42 cm.
Inschrift: In der Schriftrolle in gotischen Majuskeln: • JOA-
CHIM •; die Spatien sind wie überall mit einer filigranen Ranke
gefüllt.
Erhaltung: Bis auf eine einzige mittelalterliche Ergänzung in
der Fußstütze des Throns vollständig intakt. Die Malschicht
befindet sich jedoch in wesentlich schlechterem Zustand als in
der Scheibe des Jakob (3c): Das Lot ist an mehreren Stellen par-
tiell bzw. komplett abgeblättert, die Außenseite durchgehend
stark korrodiert. Quer durch das Gesicht verläuft ein störendes
Notblei aus der Restaurierung Mühlenbeins.
Ikonographie: Joachim, der apokryphe Vater Marias, der zu-
sammen mit seiner Frau Anna über Mattat und Levi aus dem
Priesterstamm Davids abgeleitet wurde, gewann mit der Ver-
breitung des Marienkultes im 13. Jahrhundert zunehmend an
ikonographischer Bedeutung. Im Osten begegnen Darstel-
lungen Joachims innerhalb der Annen-Marien-Legende bereits
im 5. Jahrhundert82, im Westen dagegen ist er erst seit dem
späten 12. Jahrhundert nachzuweisen83. Dennoch muss seine
Aufnahme in die Genealogie Christi Mitte des 14. Jahrhunderts
als Seltenheit betrachtet werden84.
Komposition, Farbigkeit: Nach Schablone B ausgeführt. Ge-
sichts- wie Faltenzeichnung identisch mit der Darstellung Ja-
reths (2b). Die Farbigkeit beider Felder stimmt ebenfalls über-
ein. Durch den hohen Anteil an originaler Glassubstanz fallen
besonders die abweichenden Blautöne der Hintergrundscher-
ben störend ins Gewicht.
CVMA E 09/122
Zur ehemals zugehörigen Darstellung Abrahams siehe den
Anhang II: Verschollene und verlorene Glasmalereien, S. 97.
79 Sommer 2000, Abb. B 69.
80 LCI, I, 1968, Sp. 477-483.
81 Sommer 2000, S. 95-100, Abb. 119, B 17.
82 Zum Beispiel auf den Säulen des Tabernakels über dem Hochaltar
in San Marco in Venedig (um 450-500); vgl. Beda Kleinschmidt, Die
heilige Anna. Ihre Verehrung in Geschichte, Kunst und Volkstum,
Düsseldorf 1930, S. 29k, Abb. 6-8.
83 Die ersten Beispiele narrativer Zyklen der Annen-Marien-Legende
begegnen im späten 12. Jh. in der französischen Portalplastik und im
frühen 13. Jh. in der Glasmalerei in Chartres; in Deutschland bereits
um 1235-40 im Chorfenster n III in der Marienkirche zu Gelnhausen,
wo dem Vater Marias innerhalb des überkommenen Zyklus eine große
Bedeutung zukommt (Hess 1999, S. 225k, 231-233, Abb. 177-180).
84 Vgl. Kleinschmidt 1930 (wie Anm. 82), S. 271-273.
85 Hugo Kehrer, Die Heiligen Drei Könige in Literatur und Kunst, I,
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Fig. 55. ES Chor süd II, 4a-d.
M 1:15
Ikonographie: Die alttestamentliche Schlüsselfigur David - Kö-
nig, Psalmsänger und Harfenspieler - ist in zahlreichen Dar-
stellungen überliefert. David erscheint regelmäßig in der Wur-
zel Jesse, in Propheten- wie Patriarchenfolgen. In Canterbury
gehört er noch zur Reihe der Ahnen Christi, wird jedoch durch
eine Krone herausgehoben78, in Hildesheim wurde er nicht
mehr unter den Erzvätern aufgeführt, sondern erhielt einen
Platz in der zentralen Komposition der Wurzel Jesse, die die
königliche Abstammung der Jungfrau Maria repräsentiert79.
Krone wie Harfe gehören zu seinen üblichen Attributen80. So
ist er in Amelungsborn auch ohne Schriftrolle zu erkennen.
Komposition: Die Haltung Davids ähnelt jenen Figuren nach
Schablone B, basiert jedoch auf einem eigenen Entwurf.
CVMA E 09/120
4c SALOMO Fig. 55, Abb. 9
H. 60 cm, B. 42 cm.
Inschrift: In der Schriftrolle in gotischen Majuskeln: • SALO-
MON •, in eine Ranke eingefügt.
Erhaltung: Die vergleichsweise gute Erhaltung von Bildfeld
und Rankenrahmung wird lediglich durch eine sehr derbe Er-
gänzung im Mantel gestört. Schwarzlotmalerei in gutem Zu-
stand.
Ikonographie: König Salomo, der Sohn Davids, begegnet häufig
in Kompositionen der Wurzel Jesse, die auf der matthäischen
Auslegung der Herkunft Christi beruht. Bei Lukas hingegen
wird Salomo nicht erwähnt, so dass die genealogische Linie von
David über Natan zu Maria verläuft. Dementsprechend fehlt
die Figur Salomos in der rein lukanischen Vorfahren-Christi-
Folge der Kathedrale von Canterbury, während sie - in Gestalt
eines jungen bartlosen Herrschers - in die zentrale Wurzel
Jesse der Hildesheimer Decke aufgenommen wurde81. Bemer-
kenswert ist in Amelungsborn allenfalls die betende Haltung
Salomos.
Komposition: Profilansicht und Kopfneigung des Patriarchen
stehen bei gespiegelter Ausführung dem Judas recht nahe, doch
lässt der Faltenwurf im unteren Teil des Gewandes eine andere
Beinstellung erahnen. Wir müssen daher von einem weiteren fi-
gürlichen Entwurf ausgehen, von dem sich nur diese eine Aus-
führung erhalten hat.
CVMA E 09/122
4d JOACHIM Fig. 55, Abb. 10
H. 60 cm, B. 42 cm.
Inschrift: In der Schriftrolle in gotischen Majuskeln: • JOA-
CHIM •; die Spatien sind wie überall mit einer filigranen Ranke
gefüllt.
Erhaltung: Bis auf eine einzige mittelalterliche Ergänzung in
der Fußstütze des Throns vollständig intakt. Die Malschicht
befindet sich jedoch in wesentlich schlechterem Zustand als in
der Scheibe des Jakob (3c): Das Lot ist an mehreren Stellen par-
tiell bzw. komplett abgeblättert, die Außenseite durchgehend
stark korrodiert. Quer durch das Gesicht verläuft ein störendes
Notblei aus der Restaurierung Mühlenbeins.
Ikonographie: Joachim, der apokryphe Vater Marias, der zu-
sammen mit seiner Frau Anna über Mattat und Levi aus dem
Priesterstamm Davids abgeleitet wurde, gewann mit der Ver-
breitung des Marienkultes im 13. Jahrhundert zunehmend an
ikonographischer Bedeutung. Im Osten begegnen Darstel-
lungen Joachims innerhalb der Annen-Marien-Legende bereits
im 5. Jahrhundert82, im Westen dagegen ist er erst seit dem
späten 12. Jahrhundert nachzuweisen83. Dennoch muss seine
Aufnahme in die Genealogie Christi Mitte des 14. Jahrhunderts
als Seltenheit betrachtet werden84.
Komposition, Farbigkeit: Nach Schablone B ausgeführt. Ge-
sichts- wie Faltenzeichnung identisch mit der Darstellung Ja-
reths (2b). Die Farbigkeit beider Felder stimmt ebenfalls über-
ein. Durch den hohen Anteil an originaler Glassubstanz fallen
besonders die abweichenden Blautöne der Hintergrundscher-
ben störend ins Gewicht.
CVMA E 09/122
Zur ehemals zugehörigen Darstellung Abrahams siehe den
Anhang II: Verschollene und verlorene Glasmalereien, S. 97.
79 Sommer 2000, Abb. B 69.
80 LCI, I, 1968, Sp. 477-483.
81 Sommer 2000, S. 95-100, Abb. 119, B 17.
82 Zum Beispiel auf den Säulen des Tabernakels über dem Hochaltar
in San Marco in Venedig (um 450-500); vgl. Beda Kleinschmidt, Die
heilige Anna. Ihre Verehrung in Geschichte, Kunst und Volkstum,
Düsseldorf 1930, S. 29k, Abb. 6-8.
83 Die ersten Beispiele narrativer Zyklen der Annen-Marien-Legende
begegnen im späten 12. Jh. in der französischen Portalplastik und im
frühen 13. Jh. in der Glasmalerei in Chartres; in Deutschland bereits
um 1235-40 im Chorfenster n III in der Marienkirche zu Gelnhausen,
wo dem Vater Marias innerhalb des überkommenen Zyklus eine große
Bedeutung zukommt (Hess 1999, S. 225k, 231-233, Abb. 177-180).
84 Vgl. Kleinschmidt 1930 (wie Anm. 82), S. 271-273.
85 Hugo Kehrer, Die Heiligen Drei Könige in Literatur und Kunst, I,