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Kosina, Elena; Korn, Ulf-Dietrich
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Niedersachsen: ohne Lüneburg und die Heideklöster — Corpus vitrearum medii aevi - Deutschland, Band 7,1: Berlin: Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.52867#0151
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IjO

BÜCKEN • STIFTSKIRCHE


Fig. ii7. Bekehrung des afrikanischen Magiers durch den Hl. Maternianus, flankiert von Propheten. Bücken, Stiftskirche, Chor n II, ja/b.
Bremen oder Minden(?), um 1250/60 - Kat. S. 156.

die Ankunft Gottes: ecce ips requiram oves mea (Ez 34,11); der Spruch Salomos: (diligite jus) ticiam qui iud(et) (Sap 1,1)
darf als direkte Fortsetzung der Worte Davids gelten. Hingegen führt das obere Paar - Johannes der Täufer und
Isaias - wiederum auf das Wurzel-Jesse-Thema zurück. Die Bestimmung der beiden untersten Büstenpaare in dieser
Reihe erschließt einen dritten Aspekt: Die traditionelle ikonographische Verbindung zwischen Melchisedek und Abra-
ham ist das Thema der Opferung, was im Bückener Bildprogramm als typologischer Rückbezug auf das Mittelfenster
verstanden werden darf, desgleichen die Darstellung Aarons mit dem Mannagefäß84. Aufgrund der oben aufgeführten
Überlegungen darf man schließen, dass dieser aus Platzgründen auf das Notwendigste komprimierte Zyklus die alt-
testamentlichen Prophezeiungen auf das Kommen des Erlösers Jesus Christus in diesem vielschichtigen Bildprogramm
vertreten sollte.
Komposition, Ornament, Farbigkeit: Die rotgrundigen Rundmedaillons der Mittelbahn werden von einer blau-
en Zierborte gerahmt und vor einem breiten grünen Ornamentband durch eine schmale umschreibende gelbe Ran-
kenborte zu einer senkrecht durchlaufenden Bilderreihe verbunden. Die in die Zwickel eingerückten kleineren Pro-
phetenmedaillons werden dagegen mit einem gemusterten blauen Hintergrund mit weiß-rotem Rahmen hinterlegt
und, von einem gelben Perlband eingefasst, auf einen bunten schuppenartigen Palmettenteppich gesetzt. Die gesamte
spannungsvolle Komposition des Fensters lässt an die raffinierten Gliederungssysteme in französischen Kathe-
dralverglasungen denken, doch spielt die Eisenarmierung in Bücken keine konstruktive und formgebende Rolle, sie
wirkt eher störend, indem sie die Prophetenmedaillons überschneidet85. Bereits Korn vermerkte als kompositionelle
Besonderheit beider Flankenfenster, dass dort die Randborten unmittelbar über der Sohlbank senkrecht ansetzen und

84 Vgl. LCI, I, 1968, Sp. 3f.
8^ Vgl. auch Korn 1992, S. 22 mit Anm. 43.
8^ Für die Ursprünglichkeit dieser Anordnung spricht die intakte
Partie der linken Ornamentborte im Nikolausfenster, die mit einem
schmalen Mäandergürtel »auf Gehrung« abgeschnitten wird; s. hierzu
Korn 1992, S. 22.

87 Eine eingehende Studie zur Simultandarstellung in der Glasmale-
rei steht immer noch aus. Zum Problem allgemein zuletzt Ehrenfried
Kluckert, Die Erzählformen des spätmittelalterlichen Simultan-
bildes, Tübingen 1974, S. 2h Zum Straßburger Psalterium s. Swar-
zenski 1936, I, S. 121, und II, Abb. 496t. Zum Mainzer Evangeliar
Wolter-von dem Knesebeck 2007, S. 132, 148 mit Abb. - Einzelne
 
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