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Kosina, Elena; Korn, Ulf-Dietrich
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Niedersachsen: ohne Lüneburg und die Heideklöster — Corpus vitrearum medii aevi - Deutschland, Band 7,1: Berlin: Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, 2017

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.52867#0296
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EHEMALS HILDESHEIM • RATHAUS

rahmen und scheint zur selben Zeit etwa zur Hälfte ergänzt
worden zu sein. Das Bleinetz der Zeit um 1900 ist sehr stabil.
Ikonographie: Den roten Schild, geteilt durch sechs goldene
Balken, führte das Kloster St. Michaelis in Hildesheim; hier
wird das Wappen dem Hl. Bernward zugewiesen20 21.
Ornament, Farbigkeit: Die originalen Fragmente des großen-
teils ergänzten Medaillon- und Wappenschildhintergrundes
sind mit Fiederranken besetzt, die aus dem Halbtonüberzug
ausradiert wurden; dasselbe Motiv schmückt als Zierborte die
goldenen Balken des Wappens.
Foto: Helga Stein
5. WAPPEN DER GRAFEN VON POPPENBURG
Abb. 216
Inv. Nr. H 1472.
H. ca. 85 cm, B. ca. 63 cm.
Inschrift: Im grünen Schriftband oberhalb des Wappenschildes
in gotischen Minuskeln: de-greue-vam-poppe(n)borch.
Erhaltung: Vergleichsweise gut. Medaillonrahmung und Wap-
penschild einschließlich Wappenfigur sind in Glas und Bema-
lung fast intakt, lediglich durch mehrere Sprünge und Notbleie
in der Lesbarkeit beeinträchtigt. Der rote Hintergrund des Me-
daillons dagegen hat seine Bemalung fast vollständig eingebüßt
und ist mehrfach zu unterschiedlichen Zeiten geflickt worden.
Das Bleinetz der Zeit um 1900 ist relativ stabil.
Ikonographie: Ein goldener, aufsteigender, gekrönter und rot-
gezungter Löwe im blauen Feld wird, der Inschrift zufolge, den
Grafen von Poppenburg zugewiesen. Dies weicht allerdings
vom überlieferten Wappenbild dieser Familie ab22.
Die Burg Poppenburg mit umliegenden Dörfern war seit 1049
im Besitz der Hildesheimer Bischöfe, die mutmaßlich im 12.
Jahrhundert die Grafschaftsrechte auf das zugezogene, ur-
sprünglich südschwäbische Adelsgeschlecht übertrugen. Nach
dem Tod des letzten Grafen Wedekind im Jahr 1275 bzw. end-
gültig mit dem Ableben seines Sohnes Adelbrecht 1319 fiel die
Grafschaft an das Hochstift Hildesheim zurück23.
Ornament, Farbigkeit: Im blauen Wappenschild ist das oben
bereits erwähnte filigrane Kreismuster ausradiert; die ur-
sprüngliche Musterung des Medaillonhintergrundes ist nicht
mehr zu erkennen.
Foto: Helga Stein

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6. WAPPEN DER GRAFEN VON SCHLADEN
Abb. 212
Inv. Nr. H 1473.
H. ca. 85 cm, B. ca. 63 cm.
Inschrift: Im grünen Schriftband oberhalb des Wappenschildes
in gotischen Minuskeln: de-greu[e-van-sl]adem.
Erhaltung: Gerahmt, stabil und relativ gut erhalten: recht viele
Sprünge und Notbleie, dafür nur geringfügige Fehlstellen.
Flickstücke vorwiegend im Rahmenbereich. Bleinetz erneuert.
Ikonographie: Einen silbernen, aufsteigenden und gekrönten
Löwen im roten Feld führte die Burg und Herrschaft von Schla-
den24. Einer Gründungsurkunde zufolge ließ Bischof Udo von
Hildesheim diese Burg 1110 errichten und stellte dafür Aicho
von Dorsted als Vogt ein, der möglicherweise mit dem über-
lieferten Eicko (Eickonem) von Schladen gleichzusetzen ist25.
Nach dem Erlöschen des Adelsgeschlechts 1345 mit dem Grafen
Merino (Meinerus) bzw. 1353 mit dem Tod des Grafen Albert
übernahm wieder das Hochstift Hildesheim die Herrschaft26.
Ornament, Farbigkeit: Identisch mit der Hintergrundfarbig-
keit und -musterung der Wappenscheibe von Bischof Magnus:
Blaues Madaillonfeld mit atisradierten Maßwerkrosen, besetzt
mit grünen fünfblättrigen Rosetten innerhalb der Rundpässe;
im roten Schild ausradierte Imitation einer Punzierung.
Foto: Helga Stein
7. SCHEIBENRESTE MIT DEM REICHSADLER
Abb. 215
Nicht inventarisiert.
H. ca. 88 cm, B. ca. 65 cm.
Erhaltung: Ohne Rahmen; in Glas und Blei ist knapp die Hälf-
te noch leidlich erhalten. Die Schwarzlotmalerei im Rahmen
und im Wappenschild ist nur noch teilweise lesbar. Die aufs
extremste korrodierten und verschmutzten Hintergrundscher-
ben erlauben kein Urteil über die ursprüngliche Gestaltung.
Zwei in der Farbigkeit abweichende Fragmente im blauen Me-
daillonhintergrund scheinen nachträgliche Ergänzungen oder
Ausbesserungen zu sein.
Ikonographie: Die auf den Scheibenresten noch erkennbare Sil-
houette eines Adlers, der mit Schwarzlot im gelben, nach links
geneigten Wappenschild gezeichnet ist und eine mit dem Rest-
bestand identische Medaillonrahmung aufweist, lässt sich mit
aller Wahrscheinlichkeit mit der von Mithoff im Ostfenster
des Ratssaals überlieferten Wappenscheibe »mit dem kaiser-
lichen Reichsadler« identifizieren27.
Foto: Helga Stein

20 Kruppa 2000, S. 239k, 514h, Reg. 594; vgl. auch Lauenstein 1740,
Cap. II, S. 56.
21 Zum Wappen des Klosters St. Michaelis in Hildesheim s. Faust
1979,S.252.
22 Joachim Barward Lauenstein beschreibt im Wappen der Grafen
von Poppenburg »im weissen Felde einen güldenen Löwen« (Lauen-
stein 1740, Cap. II, S. 61). Bei Siebmacher kommt darüber hinaus
im Wappen der Grafschaft keine Krone vor (Johann Siebmacher, Des
Heiligen Römischen Reichs erneuertes und vermehrtes Wappenbuch,
Nürnberg 1657, III, S. 22.); s. auch Wulf 2003, S. 400, Anm. 6.
23 Lauenstein 1740, Cap. II, S. 6if.

24 Nach Lauenstein 1740, Cap. II, S. 63, führte das Grafengeschlecht
»einen weissen Löwen mit einer güldenen Krone, im rothen Schilde«;
vgl. auch Johann Siebmacher, Grosses und allgemeines Wappenbuch,
VI. Band, 6. Abteilung. Ausgestorbener Preussischer Adel: Provinz
Sachsen, bearb. von Georg Adalbert von Mülverstedt, Nürnberg
1874, S. 149, Taf. 97.
25 UB Hildesheim, I, 1896, S. 153L, Nr. 169.
26 Lauenstein 1740, Cap. II, S. 62-64; Hermann Dürre, Regesten
der Grafen von Schladen, in: Der Deutsche Herold 37, 1906, S. 144;
davon abweichend s. Ernst Heinrich Kneschke, Neues allgemeines
Deutsches Adels-Lexicon, VIII, Leipzig 1868, S. 185.
27 Mithoff 1875, S. 169; Kdm. Hildesheim 1912, S. 51.
 
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