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Kosina, Elena; Korn, Ulf-Dietrich
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Niedersachsen: ohne Lüneburg und die Heideklöster — Corpus vitrearum medii aevi - Deutschland, Band 7,1: Berlin: Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, 2017

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.52867#0297
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HILDESHEIM • ROEMER- UND PELIZAEUS-MUSEUM

Unpubliziert.
1. GLASMALEREIEN GESICHERTER HERKUNFT (Nr. 1-7)
WAPPEN AUS DEM OSTFENSTER DES RATSSAALS IM RATHAUS ZU HILDESHEIM (Nr. 1-7)
Sieben teilweise stark beschädigte Wappenscheiben, die mutmaßlich während der historistischen Umgestaltung des
Rathauses 1883-1892 aus der ursprünglichen Verglasung ausgeschieden wurden und schätzungsweise nach 1910 in
die Sammlung des Roemer- und Pelizaeus-Museums gelangten1. Diese Scheiben sind der zwischen 1444 und 1452
erfolgten Erstverglasung des Ostfensters zuzuordnen; zwei entsprechend gestaltete Wappenscheiben der Stadt
Hildesheim sind offenbar erst 1735 hinzugefügt worden. Diese Scheiben und Scheibenfragmente werden an ihrem
ursprünglichen Standort behandelt (s. S. 290-295).

2. GLASMALEREIEN UNGEKLÄRTER HERKUNFT (Nr. 8-9)

Zwei fragmentierte Scheiben des 15. Jahrhunderts.

Vorbemerkung zum Katalog: Wegen der Umstrukturierung der Stadtgeschichtlichen Sammlung im Roemer- und
Pelizaeus-Museum war die Sichtung und Untersuchung des Scheibenbestandes vor der Abfassung dieses Inventar-
bandes nicht möglich. Die stilkritische Bewertung des Bestandes musste daher notgedrungen auf Basis der alten
Aufnahmen der Inventarkarteien erfolgen, die die ehemalige Sammlungskuratorin, Dr. Helga Stein, der Freiburger
Arbeitsstelle des CVMA Deutschland zur Verfügung gestellt hat. Aus diesem Grund kann die Bewertung und Zu-
ordnung der nachfolgenden Glasmalereiobjekte nur als vorläufig gelten.

8. SCHEIBENFRAGMENT MIT HL. ANDREAS
Abb. 217
Inv. Nr. K 2024.
H. 11,7 cm, B. 8,5 cm.
Erhaltung: Fragmentierte Monolithscheibe mit der Halbfigur
des Hl. Andreas. Fünf geklebte Sprünge aus einer unbekannten
Restaurierungsmaßnahme. Geringfügige Korrosionsspuren.
Malschicht partiell abgeblättert. Bleirahmung neu.
Ikonographie: Das charakteristische Schrägkreuz, der togaar-
tige Umhang und das aufgeschlagene Buch weisen auf eine
Identifizierung der fragmentierten Figur mit dem Apostel An-
dreas, der hier mit langen lockigen Haaren dargestellt ist.
Ornament, Farbigkeit, Stil: Das im Hintergrund der Figur aus
einem Halbtonüberzug ausradierte Muster mit fünfblättrigen
umrandeten Rosetten begegnet bereits im ersten Viertel des 15.
Jahrhunderts in der Lüneburger Glasmalerei bzw. um 1420 in
Salzwedel2. Freilich sprechen die großflächige Verwendung von
grüner Farbe im Gewand des Apostels (Kaltbemalung?) und
der Gebrauch von Eisenrot bei der Modellierung des Kreuzes
eher für eine Entstehung gegen Ende des Jahrhunderts. Eine
genauere Zuordnung und Lokalisierung des Scheibenfragments
ist anhand des verfügbaren Fotomaterials nicht möglich.
Foto: Helga Stein
1 Bereits 1912 befanden sie sich in der Sammlung des Roemer- und
Pelizaeus-Museums; s. Kdm. Hildesheim 1912, S. 51 f. Hinsichtlich
Zuordnung und Lokalisierung der Scheiben s. Mithoff 1875, S. 169.

9. SCHEIBENFRAGMENT MIT DER
FUSSWASCHUNG PETRI Abb. 218
Inv. Nr. K 2652.
H. 24,5 cm, B. 17,5 cm.
Erhaltung: Etwa ein Drittel der Monolithscheibe fehlt und ist
durch Klarglas ersetzt, den Rest überschneiden drei mit Klebe-
band provisorisch gesicherte Sprünge. Mäßige Korrosion. Par-
tielle Verluste der Malschicht. Moderner Metallrahmen.
Ikonographie, Komposition: Die Fußwaschung Petri beim Letz-
ten Abendmahl (Io 13,1-11) wurde in der Regel nur innerhalb
ausführlicher christologischer Zyklen dargestellt. Die gedrun-
gene, überladene Komposition der kleinen Monolithscheibe,
der schlichte Figurenstil und die ungeschickte Proportionie-
rung sprechen für die Verwendung eines der gängigen Holz-
schnitte aus der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts als Bildvorlage.
Technik, Stil, Datierung: Die Bemalung in klassischer Gri-
saille-Technik mit Silbergelb und der routinierte Wechsel zwi-
schen Konturzeichnung und Radierung zur Modellierung der
gleichförmigen Köpfe mit breiter Stirn, großen Augen und bu-
schigen Frisuren und Bärten sowie die steife, dickflüssige Fal-
tenmodellierung lassen bei diesem Werk an eine norddeutsche
Glasmalereiwerkstatt von geringerem Anspruchsniveau den-
ken. Norddeutschland, um i46o(?). Foto: Helga Stein
2 CVMA Deutschland XIX,3, 2013, S. 13, Muster XIX,38; weitere
Vergleichsbeispiele bei Rüdiger Becksmann, in: Becksmann/Korn
1992, S. XLVI-XLVIII.
 
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