ANHANG: VERSCHOLLENE ODER VERLORENE GLASMALEREIEN
459
Eine Kirche in Gerdau wird zum ersten Mal im Jahr 1004 er-
wähnt, als sie zusammen mit weiteren Landgütern von Herzog
Bernhard von Sachsen dem Michaeliskloster in Lüneburg ver-
kauft wurde21. Die zu einem unbekannten Zeitpunkt errichtete
schlichte gotische Backsteinkirche mit gewölbtem Chorraum
und einer Sakristei wurde im Zuge von Umbaumaßnahmen
1890-1892 bis auf die Grundmauern abgetragen und durch den
bestehenden Neubau im neogotischen Stil ersetzt22.
Für den Vorgängerbau erschließt Maja Mollenhauer aus den
Quellen drei Fensterstiftungen: 1477 schenkte das Lüneburger
Michaeliskloster eine Wappenscheibe dem Pleban von Ger-
dau23; ein weiteres kleines Fenster im Auftrag des Klosters hat-
te 1522 der Lüneburger Glasmaler Hans Stapel für die Sakristei
angefertigt; im selben Jahr fertigte dieser Meister im Auftrag
des Stadtrats von Lüneburg ein Fenster mit der Figur Johannes
des Täufers und dem Lüneburger Stadtwappen24.
EHEMALS GÖTTINGEN, FRANZISKANERINNEN-
KLOSTER ST. ANNEN
Bibliographie: Mithoff, II, 1873, S. 80 (erwähnt in den Fens-
tern die einst vorhandenen Wappen der Herzöge von Braun-
schweig und Lüneburg).
Die im ausgehenden 15. Jahrhundert durch Heinrich und Sa-
lome von Hardenberg gegründete Klosteranlage konnte nach
dem vorzeitigen Ableben beider Stifter erst 1516 durch Zuwen-
dungen der Herzöge von Braunschweig-Lüneburg und einiger
lokaler Adelsfamilien vollendet werden. Um diese Zeit dürften
auch die Kapelle und der Kreuzgang errichtet worden sein, wo
nach der Überlieferung »früher mehrere herzogliche Wappen
angebracht« gewesen waren25.
EHEMALS GÖTTINGEN, PFARRKIRCHE ST. JACOBI
Bibliographie: Arnold 1980, S. 96, Nr. 64 (publiziert und in-
terpretiert aufgrund der handschriftlichen Überlieferung von
Adolph Conrad Franz Spangenberg eine verlorene Inschrift im
Heiligenschein einer Figur des Hl. Gregor).
Die um 1350 begonnene, im ausgehenden 14. Jahrhundert stark
beschädigte und 1433 vollendete Stadtpfarrkirche St. Jacobi ist
ein dreischiffiger, fünfwöchiger Hallenbau mit einem auf fünf
Seiten des Oktogons geschlossenen langen Chor. In einem
nicht näher definierten Fenster »von bunten Glase nach der
Pfarre hin« überliefert Adolph C. F. Spangenberg zu Beginn
des 19. Jahrhunderts eine bereits fragmentierte Darstellung
bzw. den Kopf des Hl. Gregor mit der Inschrift im Heiligen-
schein s(an)ctus ■ Greg[orius]2(>.
24 Siehe Reg. Nr. 14.
25 Mithoff, II, 1873, S. 80.
26 Adolph Conrad Franz Spangenberg, Geschichte und Beschreibung
der Stadt Göttingen zusammengetragen und durch Abbildungen der
Merkwürdigkeiten dieser Stadt erläutert [...], Göttingen 1807-1808
(Göttingen, Städtisches Museum. Inv.-Nr. 11454), S. 92.
27 Mithoff, II, 1873, S. 72.
2^ Lubecus, Göttingen, fol. 80, hier zitiert nach Vogelsang 1994,
S. 139.
29 Mithoff, IV, 1877, S. 84.
EHEMALS GÖTTINGEN, PFARRKIRCHE
ST. JOHANNIS
Bibliographie: Mithoff, II, 1873, S. 72 (vermerkt, dass von der
»Glasmalerei im großen Chorfenster«, die von Heinrich, Hans
und Bertold Helmold gestiftet worden war, nichts mehr erhal-
ten ist).
Der noch vorhandene dreischiffige Hallenbau der wichtigsten
Stadtpfarrkirche Göttingens mit einem geräumigen, auf fünf
Seiten des Oktogons geschlossenen Chor wurde im ausge-
henden 13. Jahrhundert begonnen und in der zweiten Hälfte
des 14. Jahrhunderts fertiggestellt. Im Zuge des Chorumbaus
um 1792 wurden die Gewölbe entfernt, die Höhe der Chormau-
ern verringert und die alten »Fenster der Kirche sämtlich des
Maßwerks beraubt«. Für die einst prachtvolle Chorausstattung
überliefert der Göttinger Chronist Franciscus Lubecus eine
Gemeinschaftsstiftung der Brüder Helmold aus dem Jahr 1403,
welche Figuren, Bildnisse und Fenster oberhalb des Hochaltars
(bofen dem homissenaltar) umfasst haben soll28. Das Fenster
war bereits zu Zeiten Mithoffs nicht mehr vorhanden.
EHEMALS GROSS-OESINGEN, DORFKIRCHE
Bibliographie: Mithoff, IV, 1877, S. 84 (erwähnt ein Wappen
der Adelsfamilie von Marenholz im Fenster hinter dem Altar).
Die 1880 abgetragene und durch einen größeren Neubau er-
setzte ehemalige Feldsteinkirche gehörte zu dem seit 1252
nachgewiesenen Herrensitz der Adelsfamilie von Marenholz
(Mahrenholz). In seiner kurz vor dem Abbruch publizierten
Beschreibung des Baus verwies Hector W. H. Mithoff u.a. auf
die Familienwappen auf dem Gestühl der Schirmherren und im
mittleren Chorfenster, wobei Letzteres offenbar noch mit einer
Inschrift in »Mönchschrift« versehen war29.
EHEMALS HARDEGSEN, STADTKIRCHE
ST. MAURITIUS
Bibliographie: Lampe/Wulf 2016, S. ioif., Nr. 32 (schließen
nach einer schriftlichen Überlieferung aus dem 17. Jahrhun-
dert auf die Wappen Margarethe und Wilhelm von Berg in den
Chorfenstern).
Die 1423/24 fertiggestellte Kirche St. Mauritius war eine Stif-
tung der Herzogin-Witwe Margarethe von Berg, die bis zu ih-
rem Tod 1442 auf der Burg Hardeg residierte30. Eine Abschrift
aus dem 17. Jahrhundert lässt in einem der Chorfenster jeweils
ein Wappen der Kirchengründerin und deren früh verstor-
benen Sohnes Wilhelm (J 1391) in der Nähe ihrer ursprünglich
im Chor angebrachten Grabmäler annehmen31. Ferner vermu-
ten Jörg Lampe und Christine Wulf aufgrund der ebendort
überlieferten Inschrift Felix mundus erat Otto dum sceptrum
gerebat eine Darstellung Kaiser Ottos IV. im fraglichen Fens-
32
ter .
30 Vgl. Lampe/Wulf 2016, S. 101.
31 Vgl. zu den Grabmälern im Chor der Kirche zu Hardegsen Lampe/
Wulf 2016, S. 86-89, Nr. 20, und S. m-113, Nr. 39.
32 Vgl. Lampe/Wulf 2016, S. 102.
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Eine Kirche in Gerdau wird zum ersten Mal im Jahr 1004 er-
wähnt, als sie zusammen mit weiteren Landgütern von Herzog
Bernhard von Sachsen dem Michaeliskloster in Lüneburg ver-
kauft wurde21. Die zu einem unbekannten Zeitpunkt errichtete
schlichte gotische Backsteinkirche mit gewölbtem Chorraum
und einer Sakristei wurde im Zuge von Umbaumaßnahmen
1890-1892 bis auf die Grundmauern abgetragen und durch den
bestehenden Neubau im neogotischen Stil ersetzt22.
Für den Vorgängerbau erschließt Maja Mollenhauer aus den
Quellen drei Fensterstiftungen: 1477 schenkte das Lüneburger
Michaeliskloster eine Wappenscheibe dem Pleban von Ger-
dau23; ein weiteres kleines Fenster im Auftrag des Klosters hat-
te 1522 der Lüneburger Glasmaler Hans Stapel für die Sakristei
angefertigt; im selben Jahr fertigte dieser Meister im Auftrag
des Stadtrats von Lüneburg ein Fenster mit der Figur Johannes
des Täufers und dem Lüneburger Stadtwappen24.
EHEMALS GÖTTINGEN, FRANZISKANERINNEN-
KLOSTER ST. ANNEN
Bibliographie: Mithoff, II, 1873, S. 80 (erwähnt in den Fens-
tern die einst vorhandenen Wappen der Herzöge von Braun-
schweig und Lüneburg).
Die im ausgehenden 15. Jahrhundert durch Heinrich und Sa-
lome von Hardenberg gegründete Klosteranlage konnte nach
dem vorzeitigen Ableben beider Stifter erst 1516 durch Zuwen-
dungen der Herzöge von Braunschweig-Lüneburg und einiger
lokaler Adelsfamilien vollendet werden. Um diese Zeit dürften
auch die Kapelle und der Kreuzgang errichtet worden sein, wo
nach der Überlieferung »früher mehrere herzogliche Wappen
angebracht« gewesen waren25.
EHEMALS GÖTTINGEN, PFARRKIRCHE ST. JACOBI
Bibliographie: Arnold 1980, S. 96, Nr. 64 (publiziert und in-
terpretiert aufgrund der handschriftlichen Überlieferung von
Adolph Conrad Franz Spangenberg eine verlorene Inschrift im
Heiligenschein einer Figur des Hl. Gregor).
Die um 1350 begonnene, im ausgehenden 14. Jahrhundert stark
beschädigte und 1433 vollendete Stadtpfarrkirche St. Jacobi ist
ein dreischiffiger, fünfwöchiger Hallenbau mit einem auf fünf
Seiten des Oktogons geschlossenen langen Chor. In einem
nicht näher definierten Fenster »von bunten Glase nach der
Pfarre hin« überliefert Adolph C. F. Spangenberg zu Beginn
des 19. Jahrhunderts eine bereits fragmentierte Darstellung
bzw. den Kopf des Hl. Gregor mit der Inschrift im Heiligen-
schein s(an)ctus ■ Greg[orius]2(>.
24 Siehe Reg. Nr. 14.
25 Mithoff, II, 1873, S. 80.
26 Adolph Conrad Franz Spangenberg, Geschichte und Beschreibung
der Stadt Göttingen zusammengetragen und durch Abbildungen der
Merkwürdigkeiten dieser Stadt erläutert [...], Göttingen 1807-1808
(Göttingen, Städtisches Museum. Inv.-Nr. 11454), S. 92.
27 Mithoff, II, 1873, S. 72.
2^ Lubecus, Göttingen, fol. 80, hier zitiert nach Vogelsang 1994,
S. 139.
29 Mithoff, IV, 1877, S. 84.
EHEMALS GÖTTINGEN, PFARRKIRCHE
ST. JOHANNIS
Bibliographie: Mithoff, II, 1873, S. 72 (vermerkt, dass von der
»Glasmalerei im großen Chorfenster«, die von Heinrich, Hans
und Bertold Helmold gestiftet worden war, nichts mehr erhal-
ten ist).
Der noch vorhandene dreischiffige Hallenbau der wichtigsten
Stadtpfarrkirche Göttingens mit einem geräumigen, auf fünf
Seiten des Oktogons geschlossenen Chor wurde im ausge-
henden 13. Jahrhundert begonnen und in der zweiten Hälfte
des 14. Jahrhunderts fertiggestellt. Im Zuge des Chorumbaus
um 1792 wurden die Gewölbe entfernt, die Höhe der Chormau-
ern verringert und die alten »Fenster der Kirche sämtlich des
Maßwerks beraubt«. Für die einst prachtvolle Chorausstattung
überliefert der Göttinger Chronist Franciscus Lubecus eine
Gemeinschaftsstiftung der Brüder Helmold aus dem Jahr 1403,
welche Figuren, Bildnisse und Fenster oberhalb des Hochaltars
(bofen dem homissenaltar) umfasst haben soll28. Das Fenster
war bereits zu Zeiten Mithoffs nicht mehr vorhanden.
EHEMALS GROSS-OESINGEN, DORFKIRCHE
Bibliographie: Mithoff, IV, 1877, S. 84 (erwähnt ein Wappen
der Adelsfamilie von Marenholz im Fenster hinter dem Altar).
Die 1880 abgetragene und durch einen größeren Neubau er-
setzte ehemalige Feldsteinkirche gehörte zu dem seit 1252
nachgewiesenen Herrensitz der Adelsfamilie von Marenholz
(Mahrenholz). In seiner kurz vor dem Abbruch publizierten
Beschreibung des Baus verwies Hector W. H. Mithoff u.a. auf
die Familienwappen auf dem Gestühl der Schirmherren und im
mittleren Chorfenster, wobei Letzteres offenbar noch mit einer
Inschrift in »Mönchschrift« versehen war29.
EHEMALS HARDEGSEN, STADTKIRCHE
ST. MAURITIUS
Bibliographie: Lampe/Wulf 2016, S. ioif., Nr. 32 (schließen
nach einer schriftlichen Überlieferung aus dem 17. Jahrhun-
dert auf die Wappen Margarethe und Wilhelm von Berg in den
Chorfenstern).
Die 1423/24 fertiggestellte Kirche St. Mauritius war eine Stif-
tung der Herzogin-Witwe Margarethe von Berg, die bis zu ih-
rem Tod 1442 auf der Burg Hardeg residierte30. Eine Abschrift
aus dem 17. Jahrhundert lässt in einem der Chorfenster jeweils
ein Wappen der Kirchengründerin und deren früh verstor-
benen Sohnes Wilhelm (J 1391) in der Nähe ihrer ursprünglich
im Chor angebrachten Grabmäler annehmen31. Ferner vermu-
ten Jörg Lampe und Christine Wulf aufgrund der ebendort
überlieferten Inschrift Felix mundus erat Otto dum sceptrum
gerebat eine Darstellung Kaiser Ottos IV. im fraglichen Fens-
32
ter .
30 Vgl. Lampe/Wulf 2016, S. 101.
31 Vgl. zu den Grabmälern im Chor der Kirche zu Hardegsen Lampe/
Wulf 2016, S. 86-89, Nr. 20, und S. m-113, Nr. 39.
32 Vgl. Lampe/Wulf 2016, S. 102.