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Deckert, Hermann
Deutsche Kunst — Jedermanns Bücherei: Breslau: Hirt, 1931

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https://doi.org/10.11588/diglit.67061#0099
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5. Späte Blüte

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5. St. Aposteln in Köln


Ravenna erreicht war: Reichtum und weich umfangende Geschlos-
senheit des Raumes; nur daß jetzt in der rheinischen Architektur
die Baumasse als kubisch geordnete deutlicher und mächtiger spricht.
Gerade St. Aposteln zeigt in der Außenansicht von Osten einen so
großartigen reichen Aufbau der Massen, wie er weder vorher noch
nachher erreicht wurde.
Voraussetzung aller dieser Bauten ist das, was in der zweiten
Hälfte des 12. Jhs. an Monumentalität erreicht war: Gewölbe und
gebundenes System. Damit war auch die vertikale Wandgliederung
durch die großen Gurtbogenträger gegeben. Aber dies tektonische
Bausystem wird nun nicht, wie in Frankreich, zum struktiven
Gliedersystem, in dem die Mauer nichts gilt, die plastischen Dienste
alles, entwickelt, sondern eine antikisierende Horizontalgliederung
der Fassade (Andernach), des Chores (rheinischer Etagenchor, Maria-
Laach, Bonn usw.) und des Innenbaues durch durchgehende Friese
und Gesimse, verbunden mit der Statik des gebundenen Systems und
die drohenden Proportionen zeigt die völlige Selbständigkeit, ja
Feindlichkeit der Formgesinnung gegenüber der französischen Gotik.
Allerdings zerstört man die Flächigkeit der Wände, indem man sie
durch Fenster, Arkaden, Umgänge, Emporen, Triforien aufbricht;
aber dadurch werden nicht die tragenden Glieder betont, sondern der
Raum. Der Raum dringt in die Mauern ein, durchhöhlt den ganzen
Bau. So entsteht großer Reichtum des Räumlichen wie des Körper-
lichen (die Wand scheint in verschiedene Schichten, zwischen denen
Raum ist, zerlegt zu sein), dem das quellende und schwellende Blatt-,
 
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