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Katharinenspital zu den Sondersiechen <Schwäbisch Gmünd> [Hrsg.]; Stadtarchiv <Schwäbisch Gmünd> [Hrsg.]; Deibele, Albert [Bearb.]
Das Katharinenspital zu den Sondersiechen in Schwäbisch Gmünd: seine Geschichte, Verzeichnis der Urkunden, Akten und Bände mit Beilagen ; 1326 bis zur Gegenwart — Schwäbisch Gmünd, 1969

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https://doi.org/10.11588/diglit.37740#0024
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zu verhüten und die Lebensbedürfnisse der Erkrankten wenigstens einiger-
maßen sicherzustellen. Doch bekam die Kirche auch auf diese Spitäler mehr
oder weniger großen Einfluß; denn ihre Ansprüche auf caritatives Wirken
waren unbegrenzt und auch unbestritten. In den Ordnungen aller alten Spi-
täler zeigt sich deutlich das Nebeneinander von kirchlichen und weltlichen
Einflüssen. Während des ganzen Mittelalters trug das Leben in den Spitälern
kirchlichen, ja oft klösterlichen Zuschnitt. Das blieb auch dann noch so, als
das Bürgertum sich längst der Spitäler bemächtigt hatte. Selbst die Reforma-
tion änderte daran wenig. Der weltweite Geist der alten kirchlichen Spi-
täler, die der Weltweite des Christentums entsprach, ging allerdings bald
verloren. In den Händen des Bürgertums sanken die Spitäler zu örtlichen
Versorgungsanstalten herab, und nur in den allerdringlichsten Fällen wur-
den in ihnen auch Fremde vorübergehend betreut. Die Versorgung der stadt-
fremden Notleidenden, der Reisenden, Wanderer und Pilger, war im Mittel-
alter sehr schwierig. Für die „Jakobsbrüder“, die in Scharen nach San Jago
de Compostella wallten, entstanden längs der großen Pilgerstraßen eigene
LIeime. Der fremden Wanderer nahmen sich die „Elendsbruderschaften“ an.
Sie sicherten den Heimatlosen wenigstens bei Todesfällen ein christliches
Begräbnis. Die zahllosen Seelhäuser, die nicht nur in den Städten zu finden
waren, boten arbeitsunfähigen und alten Männern und Frauen eine dauernde,
wenn auch bescheidene Heimat. Für die Massenseuchen aber, mit Ausnahme
des Aussatzes, kannte das Mittelalter keine Sonderspitäler. Bei der schlimm-
sten derselben, der Pest, war der Verlauf der Krankheit so rasch, daß jede
Krankenhauspflege zu spät kam. Für ein würdiges Begräbnis, das allein noch
in Frage kam, sorgten einige Bruderschaften, die eigens zu diesem Zwecke
gegründet worden waren. Die Syphillis, die seit dem Ende des 15. Jahrhun-
derts seuchenartig auftrat, wurde allerdings in einigen Städten in eigenen
Spitälern bekämpft.
Von allen Sonderspitälern dieser Zeit ist in Schwäbisch Gmünd nur Sankt
Katharina bekannt, das für die Aussätzigen gegründet worden ist. Leider
weiß man wenig aus der Frühzeit dieses Siechenhauses und ist daher ge-
zwungen, andere Leprahäuser zum Vergleich heranzuziehen. Den besten
Einblick in das mittelalterliche Spitalwesen Deutschlands gibt uns Siegfried
Reicke in seinem zweibändigen Werke: „Das deutsche Spital und sein Recht
im Mittelalter“. Dieses Werk möchte ich im folgenden zur Grundlage neh-
men.
Anfangs mag der Aussatz bei uns nur vereinzelt aufgetreten sein. Das Los
der Erkrankten war äußerst hart. Man kannte ja nur die Absonderung aus
der menschlichen Gesellschaft, und so mögen diese Armen ruhelos umher-
geirrt sein in steter Sorge um Brot und Unterkommen; ein Schrecken, wo
sie auftraten. Nicht selten waren sie den rohesten Mißhandlungen und Ver-
folgungen ausgesetzt. Im 11. und 12. Jahrhundert schwoll die Zahl der Aus-
sätzigen gewaltig an. Es war dies die Folge der Kreuzzüge, der vielen Wall-
fahrten, der Ausdehnung des Handels und der Zusammenballung der Men-
schen in den Städten unter vielfach ganz ungesunden Verhältnissen. Nun
wurde den Aussätzigen das planlose Umherziehen streng untersagt. Sie muß-
ten sich außerhalb der Dörfer und Städte niederlassen, lebten, in kleine Ge-
meinschaften zusammengeschlossen, in einfachen Feldhütten und hießen des-

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