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Kissling, Hermann; Stadtarchiv <Schwäbisch Gmünd> [Hrsg.]; Deibele, Albert [Bearb.]
St. Leonhard in Schwäbisch Gmünd und die ihm angeschlossenen Pflegen: Geschichte u. Verzeichnis d. Urkunden, Akten u. Bände mit e. Anh. über d. Dreifaltigkeitskapelle u. den St. Salvator ; 1323 bis zur Gegenwart — Schwäbisch Gmünd, 1971

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https://doi.org/10.11588/diglit.37739#0022
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Pflegen, deren Vermögen zur Besoldung des Geistlichen und Mesners, zur Unter-
haltung der Gebäude und zur Bestreitung der Kosten für die Gottesdienste be-
stimmt war. Mit fortschreitender Geldentwertung und dem Stocken neuer Stif-
tungen reichten die Einnahmen mancher Pflegen zur Erfüllung ihrer Aufgaben
nicht mehr aus. Daher wurde eine Anzahl von ihnen mit der bedeutendsten, der
Leonhardspflege, zusammengelegt, so diejenigen von Unseres-Herrgotts-Ruhe,
St. Georg, St. Nikolaus, St. Veit, St. Theobald, St. Margaretha, später auch von St.
Josef. Auch die kleine Riesenkapelle wurde St. Leonhard unterstellt. Das Stif-
tungsvermögen wurde den Pflegen zwar belassen; aber manche Kaplaneien konn-
ten zeitweilig oder überhaupt nicht mehr besetzt werden. Ihre Bezüge wurden zu-
sammengelegt und mit ihnen wenigstens noch einige Kapläne besoldet, die dann
die Verpflichtung der aufgelassenen Kaplaneien nach Möglichkeit zu erfüllen hat-
ten. So blieb es bis zu Errichtung des Kollegialstiftes 1762, wo aus den 26 meist
kleinen Gmünder Pflegen 9 Kanonikate mit Einschluß des Stiftsdekanats gebildet
wurden. 1803 wurde unter der württembergischen Regierung das Kanonikatstifl
aufgehoben, das Vermögen von 6 Pflegen, darunter das der Leonhardspflege, der
neu errichteten Armenpflege überwiesen und das Kirchenwesen vollständig neu
geordnet. Im folgenden sollen die einzelnen Pflegen getrennt behandelt werden.

I. KapellenundPflegen, dieSt. Leonhardunterstelltwaren
1. St. Leonhard
a) Der hl. Leonhard und seine Verehrung
Die bedeutendste der kleineren Gmünder Pflegen war St. Leonhard. Der Name
läßt schon auf ein hohes Alter schließen. Neben Johannes (in der Stadt) war kein
Vorname in der ganzen Umgebung häufiger als Leonhard, Lienhard, Lierdt, Lierd
und ähnlich. Die Legende meldet von diesem Heiligen: St. Leonhard stammte
aus einem vornehmen fränkischen Geschlecht und ließ sich mit dem Frankenkönig
Chlodwig nach der Schlacht von Zülpich 496 von Bischof Remigius von Reims
taufen. Bald verließ er das Hofleben und zog sich in ein Kloster bei Orleans zu-
rück. Dann durchwanderte er predigend ganz Mittelfrankreich, um die Bewohner
für das Christentum zu gewinnen. Auf der Höhe seines Lebens gründete er das
Kloster Noblac bei Limoges, wo er sich besonders der Gefangenen annahm. Die
unruhigen kriegerischen Zeiten gaben ihm hiezu reiche Gelegenheit. Durch seine
vornehme Geburt, seine einflußreichen Beziehungen und den Adel seiner Gesinnung
hatten seine Bemühungen große Erfolge. So kam es, daß er allenthalben während
seines Lebens und nach seinem Tode von den Gefangenen als ihr Patron verehrt
wurde. Es gibt kaum ein Bild von ihm, das ihn nicht mit Ketten beladen darstellt.
Als Abt seines Klosters nahm er sich besonders auch der Landwirtschaft und des
unterdrückten Bauernstandes an. So wurde er ein viel verehrter Bauernheiliger.
Besonders bei kranken Pferden wandte man sich um Hilfe an ihn. An seinem
Festtage war es vielerorts üblich, die Leonhardskirchen und — kapellen zu um-
reiten (Leonhardsritte). Manche ihm geweihte Kapellen (Laupheim, Tolbath bei
Donauwörth) sind mit dicken Ketten umfangen, die aus den Hufeisen gefallener
Pferde oder aus Opfergaben geschmiedet sein sollen. Viel seltener, wie hier in

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