Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Hochschule für Industrielle Formgestaltung [Hrsg.]
Designtheoretisches Kolloquium — 16.1995

DOI Artikel:
Kolbe, Peter: Das Bindungsmodell virtueller Gegenständlichkeit - ein Beitrag zur Gestaltung von virtuellen 3D-Szenarien und Interaktionsräumen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.31840#0096
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
4. Computerinterne Eigenschafts- bzw. Mo-
dellklassen des Bindungsmodells virtuel-
ler Gegenständlichkeit und Editoren

4.1.Die Eigenschaftsklassen des Bindungs
modells

Das 'Bindungsmodell virtueller Gegenständ-
lichkeit' zielt auf eine 'korrespondierende'
Übertragung von Merkmalsklassen des men-
talen Objektbegriffs auf Eigenschaftsklassen
virtueller (rechnerbasierter) Objektmodelle
und deren 'virtuell gegenständlicher' Bin-
dung in diesem Objekt.

Mitder Möglichkeitzur 'Externalisierung'von
Merkmalen werden 'korrespondierende'
Eigenschaftsklassen realer Objekte präsen-
tiert und damit zugleich qualitativ unter-
schiedliche Modellkomponenten für virtuel-
le (rechnerinterne) Objekte spezifiziert. Greift
man auf die Definition des Begriffs 'Modell'
zurück, dann wird diese Interpretations-
möglichkeit offenkundig: Ein Modell ist „ein
Objekt, das auf der Grundlage einer Struk-
tur-, Funktions- oder Verhaltensanalogie zu
einem .. Original eingesetzt und genutzt
wird, um eine bestimmte Aufgabe lösen zu
können .. „ [KlBu75]. Diese Klassifizierung in
Funktions-, Struktur- und Verhaltensmodelle
reflektiert die verschiedenen Präsentations-
arten für die qualitativ unterschiedlichen
Objektmerkmale. Fischer benennt hier
[Fisc87]:

- die sprachliche Präsentation für die funk-
tionalen Objektmerkmale - wie sie in Form
von schriftsprachlichen Funktionsbeschrei-
bungen, vor allem aber auch in Form von
programmiersprachlichen (rechnerbezo-
genen) Codes realisiert werden,

- die bildhafte und - mittelbar - die sprachli-
che Präsentation für die perzeptiven Ob-
jektmerkmale - wie sie etwa durch grafi-
sche Darstellungen und Bildbeschreibungen
realisiert werden und

- die 'pantomimische' und - mittelbar - die
sprachliche Präsentation für die oper-
ationalen Objektmerkmale - wie sie durch
pantomimische Aufführungen bzw. Anima-
tion und durch 'Drehbücher' beschrieben
werden.

Die Möglichkeit einer Externalisierung von
Merkmalen auf der Grundlage unterschied-
licher Präsentationen setzt eine 'Korres-
pondenz' zwischen den unterschiedlichen

Merkmalskiassen des mentalen Objekt-
begriffs und den spezifischen Eigenschafts-
klassen realer Objekte voraus.

Mit anderen Worten: Die Existenz und die
Qualität funktionaler, phänomenaler und
operationaler Eigenschaften (realer Gegen-
stände) sind eine Voraussetzung für die evo-
lutionäre Ausprägung der mentalen Objekt-
merkmale selber - und umgekehrt (!).

Mit der differenzierten Zuordnung qualita-
tiv unterschiedlicher Flandlungskompo-
nenten zu den einzelnen Merkmalsklassen
des Objektbegriffs ist die Existenz und die
Qualität einer ganzheitlichen, d.h. gegen-
ständlich gebundenen Präsentation von funk-
tionalen, phänomenalen und operationalen
Eigenschaften dann zugleich eine Vorausset-
zung und ein Gradmaß für die Handlungs-
effizienz im Umgang mit real gegenständli-
chen Mitteln. Diese Voraussetzung muß dann
auch für den Umgang mit virtuell gegen-
ständlichen Mitteln erfüllt sein!

Damit zielt das 'Bindungsmodell virtueller
Gegenständlichkeit' auf eine Synthese und
Manipulation (Editing) funktionaler, phäno-
menaler und operationaler Modellkompo-
nenten bzw. Eigenschaftsklassen und die Bin-
dung dieser Eigenschaftsklassen in einem
ganzheitlichen Objektmodell.

Da sich alle Modellkomponenten (gegenwär-
tig) nur auf der sprachlichen Präsentations-
ebene qualitativ gleichartig beschreiben las-
sen, kann nur auf dieser Ebene eine rechner-
interne Repräsentation und Bindung erfol-
gen. Das erfordert zwangsläufig eine Zuord-
nung von sprachlichen, rechnerinternen Mo-
dellbeschreibungen (Repräsentationen) zu
den phänomenalen und operationalen Prä-
sentationen und damit den Verlust der Un-
mittelbarkeit der Präsentation für diese
Eigenschaftsklassen.

Das Bindungsmodell virtueller Gegenständ-
lichkeit erfordert somit:

- die rechnerinterne Repräsentation und
ganzheitliche Bindung von funktionalen,
operationalen und phänomenalen Modell-
bzw. Eigenschaftsklassen im virtuell gegen-
ständlichen Objektmodell auf der Grund-
lage sprachlicher Modellbeschreibungen,

- die 'rechnerexterne', differenzierte Präsen-
tation der unterschiedlichen Eigenschafts-
klassen mit Hilfe geeigneter, technischer
Medien,

94
 
Annotationen