Zwischen Braunschweig-Lüneburg
und dem Bodenseeraum
Von Helga v. Ditfurth
Wer vom Bodensee kommt und durch die Lüneburger Heide fährt, dabei einen
Besuch des Klosters Ebstorf bei Uelzen nicht scheut, stellt fest, daß er in eine Land-
schaft gekommen ist, die mit dem Bodenseeraum in einer Wechselbeziehung steht,
die bereits im Dunkel der Urzeit begann. Aus dieser Sicht gesehen werden ihm
Dinge, die längst bekannt sind, plötzlich in einem neuen Licht erscheinen, und es ist
ein reizvolles Bemühen, den gegenseitigen Befruchtungen dieser beiden so verschie-
denartigen Landschaften nachzugehen, die beide niemals eine politische Einheit
bildeten.
In der frühen Bronzezeit, als sich rechtsseitig der Elbe und in den Skandinavischen
Ländern die einzelnen Stämme der Germanen entwickelten, waren die fruchtbaren
Ufer der Ilmenau mit ihrem Quellgebiet bei Uelzen bis zur Mündung der Elbe
bereits von einem germanischen Volksstamm bewohnt, der die natürliche Grenze
der Elbe überschritten hatte. Das restliche Heidegebiet begann sich schon langsam
durch Weidewirtschaft und Holznutzung in unfruchtbares Sandgebiet zu verwan-
deln, durch das aber alte Handelswege von Jütland kommend ihre Verbindungen
nach Süden und Westen zogen1.
Dieser Menschenschlag, der sich mit Ackerbau und Viehzucht beschäftigte und
vielleicht schon die Solequellen bei Lüneburg kannte, war von beachtlicher Größe,
die Frauen maßen im Durchschnitt 170—175 cm, die Männer bis zu 196 cm. Deut-
lich hebt sich ihre Kultur- und Lebensform von der übrigen in Norddeutschland ab
durch ihre frühzeitige Verbindung mit Süddeutschland2. Aus Gräberfunden im
Ilmenautal ließ sich die Entwicklung ablesen3. Jene alten Handelswege, die geschickt
das Höhengelände der Heide ausnutzten und auch die sumpfigen Bach- und Fluß-
ufer zu überqueren verstanden, besaßen bereits Verbindungen über Braunschweig und
die Mittelgebirge an die Donau und mögen bis an jenen urgeschichtlichen Weg bei
Singen, der dann den Rhein bei Stein — Hemishofen überquerte, geführt haben.
1 Dr. Asmus, Hannover: „Zur Frage der ur- und frühgeschichtlichen Handels- und Ver-
kehrsstraßen in Niedersachsen. 1957—58.
2 Handbuch der Urgeschichte Deutschlands, herausgegeben v. Ernst Sprockhof? (Band I):
Friedrich Holste „Die Lüneburger Gruppe“ .. . Die Ilmenau-Gruppe führte ein Leben
von grundsätzlich süddeutscher Art und gibt und empfängt manche Anregung, bis zum
Beginn der III. Periode die nordische Kultur, wie die Fremdkulturen im Süddeutschen
Raum, eine gänzliche Wandlung im Formenschatz und Beziehungen hervorbringt.
3 Prof. G. Schwantes: Jastorf und sein Urnenfriedhof. 1960.
und dem Bodenseeraum
Von Helga v. Ditfurth
Wer vom Bodensee kommt und durch die Lüneburger Heide fährt, dabei einen
Besuch des Klosters Ebstorf bei Uelzen nicht scheut, stellt fest, daß er in eine Land-
schaft gekommen ist, die mit dem Bodenseeraum in einer Wechselbeziehung steht,
die bereits im Dunkel der Urzeit begann. Aus dieser Sicht gesehen werden ihm
Dinge, die längst bekannt sind, plötzlich in einem neuen Licht erscheinen, und es ist
ein reizvolles Bemühen, den gegenseitigen Befruchtungen dieser beiden so verschie-
denartigen Landschaften nachzugehen, die beide niemals eine politische Einheit
bildeten.
In der frühen Bronzezeit, als sich rechtsseitig der Elbe und in den Skandinavischen
Ländern die einzelnen Stämme der Germanen entwickelten, waren die fruchtbaren
Ufer der Ilmenau mit ihrem Quellgebiet bei Uelzen bis zur Mündung der Elbe
bereits von einem germanischen Volksstamm bewohnt, der die natürliche Grenze
der Elbe überschritten hatte. Das restliche Heidegebiet begann sich schon langsam
durch Weidewirtschaft und Holznutzung in unfruchtbares Sandgebiet zu verwan-
deln, durch das aber alte Handelswege von Jütland kommend ihre Verbindungen
nach Süden und Westen zogen1.
Dieser Menschenschlag, der sich mit Ackerbau und Viehzucht beschäftigte und
vielleicht schon die Solequellen bei Lüneburg kannte, war von beachtlicher Größe,
die Frauen maßen im Durchschnitt 170—175 cm, die Männer bis zu 196 cm. Deut-
lich hebt sich ihre Kultur- und Lebensform von der übrigen in Norddeutschland ab
durch ihre frühzeitige Verbindung mit Süddeutschland2. Aus Gräberfunden im
Ilmenautal ließ sich die Entwicklung ablesen3. Jene alten Handelswege, die geschickt
das Höhengelände der Heide ausnutzten und auch die sumpfigen Bach- und Fluß-
ufer zu überqueren verstanden, besaßen bereits Verbindungen über Braunschweig und
die Mittelgebirge an die Donau und mögen bis an jenen urgeschichtlichen Weg bei
Singen, der dann den Rhein bei Stein — Hemishofen überquerte, geführt haben.
1 Dr. Asmus, Hannover: „Zur Frage der ur- und frühgeschichtlichen Handels- und Ver-
kehrsstraßen in Niedersachsen. 1957—58.
2 Handbuch der Urgeschichte Deutschlands, herausgegeben v. Ernst Sprockhof? (Band I):
Friedrich Holste „Die Lüneburger Gruppe“ .. . Die Ilmenau-Gruppe führte ein Leben
von grundsätzlich süddeutscher Art und gibt und empfängt manche Anregung, bis zum
Beginn der III. Periode die nordische Kultur, wie die Fremdkulturen im Süddeutschen
Raum, eine gänzliche Wandlung im Formenschatz und Beziehungen hervorbringt.
3 Prof. G. Schwantes: Jastorf und sein Urnenfriedhof. 1960.