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Deutsche Kunst: illustrirte Zeitschrift für das gesammte deutsche Kunstschaffen ; Centralorgan deutscher Kunst- u. Künstlervereine — 2.1897/​1898

DOI issue:
Nr. 19 (15. Juli 1898)
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https://doi.org/10.11588/diglit.69999#0380
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362

Deutsche Kunst.

jährigen war sein anderthalbjähriger Aufenthalt an der Düssel-
dorfer Akademie unter Schadow. Klan verstand den hochbegabten
Knaben nicht und ihm fehlte der Refpekt vor der greifenhaften
Pedanterie dieser Schulung, hier schon kamen feiner Feuerfreie
Anwandlungen, als müsse er „die goldne, liebe Jugend wie
Thorheit belächeln". Wir reproduziren zwei seiner IFühzeit-
Skizzen, den „Alexander und Bucephalus" und die „Medea",
die den grandiosen Ernst, die herbe Tragik feiner jungen Kluse
andeuten.*) Zwei weitere Jahre verlor er in München, und
lernte darauf ein Jahr in Antwerpen unter wappers den Begriff

schon quälte ihn das Mißverstehen der deutschen Kunstgenosten.
Der grau-grünliche Schleier, das Charakteristikum des Feuer-
bachschen Kolorits, begann in damaliger Zeit seine Werke wie
mit einem müden pauch zu überziehen. Cin Gtimmungssymptom
des Malers überfliegt seine Schöpfung. Dem Plastiker schien es
ein willkommenes Mittel, das Auge des Beschauers den Voll-
werth der Form genießen zu lassen.
Ein Frendenüberschwang erschütterte des Künstlers Seele,
als ihn ein karg bezahlter Auftrag des Prinzregenten von Baden
zur Kopie dec Assunta Tizian's nach Venedig entsandte. Jetzt

A. Feuerbach. Schauspielszene aus Hamlet, Melgemälde.


„Natur" schätzen. 1851 glaubte er in Paris unter Loutüre den
Wendepunkt seiner Entwickelung zu fühlen, als er „von deutscher
Gpitzpinfelei zu breiter, pastoser Behandlung, von Schablone zur
Anschauung" geführt wurde. In das Elternhaus nach Karlsruhe
zurückgekehrt, begann eine leidenschaftliche Produktion.
venetianische Farbengluthen leuchteten aus seinem „Pafis in
der Schenke" und „Aretinos Tod". Der Geist Paul Veronese's
pochte mächtig an das Innere des deutschen Künstlers. Jetzt

*) wir danken dieses Material, wie alle übrigen, bisher unpublizirten
Illustrationen dem liebenswürdigen Entgegenkommen der Gurlitt'schen Kunst-
handlung. Sie ist durch die Mutter Feuerbach's und durch emsiges Nachforschen
in den Besitz dieser Werke gelangt. Als Entdecker und Förderer von Künstlern
wie Löcklin, Thoma, Feuerbach hat sich die Firma Fritz Gurlitt ein bleibendes
Verdienst im deutschen Kunstleben gesichert.

sollte er schaueu, was er längst anbetete. Mit dem liederfrohen
Victor Scheffel, der ihm eigenhändige Genfteige unterwegs auf-
legen mußte, begab er sich auf die Reise. Voll gegenseitigen
Verständnisses und feinfühliger Zurückhaltung ist beiden echten
Künstlern die Zeit ihres Zusammenlebens in beglückender Gemein-
schaft verstrichen. Auch in Feuerbach's Brust lebte der Poet und
seine Naturschilderungen im „Vermächtniß" lesen sich wie klang-
reiche Prosahymnen. Was die Assunta ihm in der Schätzung
der peimath nützte, verdarb sein Bild die „Poesie", und gerade
hierin hatte er ein Symbol aller italienischen Schönheit zu geben
erstrebt. Die gehoffte Pension wurde ihm abgeschlagen, von
dem unerwarteten Schlage fast zu Boden geschmettert, hebt sich
sein künstlerisches Bewußtsein in konzentrirter Festigkeit, Ein
schöpferischer Trotz packt ihn, und, hundert Francs in der Tasche,
 
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