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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 30,3.1917

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Heft 17 (1. Juniheft 1917)
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Vom Heute fürs Morgen
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https://doi.org/10.11588/diglit.14297#0279
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schätzt sind die jungen Triebe des
tzopfens. Eßbar sind ferner die
jungen Blätter unsrer Disteln,
deren (im Frühjahrzu erntende)
Wurzel uns überdies ein sehr
brauchbares Mehl liefert, dessen
Artischockengeschmack durch die nahe
Verwandtschaft unsrer Disteln mit
der Artischocke sich erklärt. —

Eßbar sind noch viele andere,
seltenere und hier daher nicht ge-
nannte Pflanzen. Wir wollen uns
bei der Ausnützung für die mensch-
liche Ernährung auf die soeben emp»
fohlenen beschränken und uns der
Mannigfaltigkeit freuen, die unsre
Speisenfolge schon durch sie bekom-
men kann. An der Verbreitung der
Kenntnis jener Pflanzen und bei
der Bekämpfung törichter Vorurteile,
die der Ausnutzung der Wildpflan«
zen noch im Wege stehen, können
unsre Leser und Leserinnen hervor-
ragend mitwirken,- der Ausbreitung
der geforderten Kenntnisse sind die
Bestrebungen unsrer Wandervereine
jeglicher Art in hohem Maße gün-
stig. Ieder Rucksack, der mit Wild-
gemüse gefüllt in die SLadt heim-
gebracht wird, hilft den Vorrat an
eßbarem Gute vermehren und hat
als willkommener Beitrag zu unsrer
Ernährung zu gelten.

Die beste Zeit sind Frühling und
Frühsommer: die Gemüse sind dann
am zartesten, der Zustand der Blät-
ter ist reinlich und appötitlich, die
Fülle dessen, was die Natur für
die Küche bietet, am größten. Aber
auch späterhin bleibt an Trieb-
spitzen und jungen Blättern noch
viel zu ernten, bis Spätsommer
und tzerbst die Aufmerksamkeit auf
wildwachsendes Obst und vor allem
auf das tzeer der Pilze lenken. ^
Bonn Ernst Küster

„Nicht arbeitendes Kapital"

wei Beispiele aus dem Bereich
des wohllautenden Schlagworts
vom „nicht arbeitenden Kapital«.

Rentner, die sich den Luxus einer
vornehmen Privatgalerie leisten kön-
nen, sollten hoch besteuert werden,
las ich neulich. Kann man etwas
Billigeres erdenken? Sehr schön!
ich gebe ein Beispiel: Ein begei-
sterter Kunstfreunv von sehr mäßi-
ger Wohlhabenheit verwendet alles
Geld, das er erübrigt, statt zu ge-
winnbringenden Anlagen dazu» Ge-
mälde um sich zu sammeln. Die
Witwe lebt sehr eingeschränkt von
den Zinsen des Vermögensrestes
für die Pflege ihrer Kinder und die-
ser Bilder. Iener Vorschlag bedeutet
also für sie, daß sie zu diesen Sor-
gen auch noch zu hohen Steuern
wegen Besitzes von nicht arbeiten-
dem Kapital verurteilt werde. —
Es gibt Leute, die aus Protzigkeit
sammeln; wenigstens hört man viel
von ihnen. Bekannt sind mir nur
solche geworden, die sich arm sam-
melten. Aber das ist unfruchtbare
Ideologie: man soll sein Kapital
arbeiten lassen.

Gegenfrage: Welches Kapital ar-
beitet fruchtbarer, sobald man von
Kulturarbeit spricht, das, welches
tzausgreuel im Fabrikhunderttau-
send verfertigt und bis ins innerste
Inner-Afrika treibt, oder das, wel-
ches Gegenstände guter Kunst zu
einem sich in sie vertiefenden Stu-
dium versammelt, zwischen deren
unhörbaren Gesprächen Lebendige
verkehren mit lauschenden Seelen?

Aber das faule nichtarbeitende
Kapital überhaupt, das Renten-
kapital, es sollte um der Arbeit
willen geradezu verfolgt, es sollte
mit Vorzugssteuern belegt werden,
hören wir. Wiederum sehr schön
den klingenden Worten nach, „Se-
gen der Arbeit^ und so weiter.
Gegenfrage: Wovon leben diejeni-
gen unsrer geistigen Arbeiter, die
nicht Marktarbeit, sondern Kultur-
arbeit leisten? Oder welches Kapi-
tal hat mehr für die Kultur ge»
arbeitet, als das „nichtarbeitende

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