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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 31,2.1918

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Heft 10 (2. Februarheft 1918)
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Vom Heute fürs Morgen
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https://doi.org/10.11588/diglit.14372#0126
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Alles, was an die Altkleiderstelle
abgeliefert wird, diente vorher und oft
geraume Zeit schon einem anderen
Zwecke. Trotzdem entstanden daraus
unter geschickter Wahl und Ausnützung
des Gegebenen „neue" Kleidungsstücke,
die auch einer scharfen Kritik, sowohl
auf Form und Ausstattung, als auch
auf Haltbarkeit hin noch standhielten.
Durch gut angebrachte Ziernähte,
Säumchen, Biesen und Stickereien ver-
schiedenster Lechniken wurden die nicht
zu umgehenden Schäden ausgeschaltet,
verdeckt oder gar zum Anlaß des neuen
Schmuckes genommen. So zeigte eine
feine lehmfarbige Tuchbluse aus wei-
chem Seidenglanztuch eine geschmack-
voll wirkende Passenstickerei in regel-
losem Streumuster, deren Gruppierung
sich den vorhandenen, nicht zu um°
gehenden „Mottenlöchern" völlig an-
paßte. Ein flottes Iungmädchenjackett
aus dem feinen schwarzen Luch eines
Herrenfracks zeigte Biesennähte am
Sattel und Gürtel, die, wie erklärt
wurde, auch nur dem Zweck dienten,
fein gestopfte Mottenlöchcr unsichtbar
zu machen, und dabei doch als reiz-
voller Schmuck wirkten.

Man sollte durch derartige Wander-
ausstellungen auf unsre Frauenwelt
einwirken. Auch hier kann Wertarbeit
geleistet werden. E. Th.

Ehrendoktoren für Geldgeschenke?
on der Heidelberger Universität sind
die Kommerzienräte Rudolf Mosse
nnd Netter zum Dank für Schen-
kungen zu Ehrendoktoren ernannt wor-
den. Gegen die „Erwerbung" der „ge-
lehrten Würde eines vr. d. a. durch
geldliche Leistungen" protestierten nun
Angehörige der Universität Marburg:

„Wir fragen: Ist es nicht möglich,
solche an sich dankenswerte Taten, die
aber höchstens mittelbar gclehrter Ar-
beit dienen, auf andere Art hervor-
zuheben? Wir fragen: Ist es nicht
durch einen organisatorischen Mangcl
der Hochschule bedingt, daß sie sich
durch gelegentliche Schenkungen aus
ihrem Bildungsziel sich ergebende,
prinzipielle Forderungen erfüllen las-
sen muß? Soziale Wohltätigkeit löst
nicht die soziale Frage. Schcnkungen
machen nicht aus Hochschulen einen

lebendigen, geistbestimmten Organis-
mus einer gclehrten Bildungsanstalt."

Für unsre Kriegerheimstätten-
Bewegung

sind nun auch Hindenburg und
Ludendorff in Briefen an Da-
maschke so entschieden eingetreten, daß
uns das bedeutsam scheint. Hinden-
burg schreibt u. a.:

„Das Vaterland soll jedem, der von
ehrlicher Arbeit leben will, dazu hel-
fen, ein vor Wucherhänden geschütztes
Heim zu gewinnen, in dem deutsches
Familienleben und der Aufwuchs an
Leib und Seele gesunder Kinder mög-
lich ist. Das will Ihre Bewegung, und
deshalb werden die besten Wünsche
aller derer mit Ihrer Arbeit sein,
welche die Größe unserer Zeit erkannt
haben und es ehrlich mit unseren Krie-
gern und unserem Volke meinen. Es
handelt sich hier um ein Werk von
größter sozialer Tragweite. Ie eher
es in Angriff genommen wird, desto
mehr wird es eine Quelle neuer Freu-
digkeit und dankbarer Hingebung un-
serer tapferen Lruppen werden!"

Ludendorff schreibt:

„In Len von Ihnen überreichten
Schriften scheinen mir folgende Punkte
besonders bedeutsam:

s. Die Erinnerung an die Zeit nach
l87s — heimkehrende Landwehrmänner
fanden sich mit ihren Familien ver-
derblichem Wohnungselend, zum Teil
sogar völliger Obdachlosigkeit preisge-
geben — eine Erfahrung, die eine
Quelle schwerster Enttäuschung und
verhängnisvoller Verbitterung werden
mußte. Eine solche Erfahrung
darf ein Volk nur einmal
machen. Diese ernste Lehre müssen
wir beachten, wenn wir vor dem Arteil
der Geschichte bestehen wollen.

2. Der Hinweis auf die Not kinder»
reicher Familien, die es schon jetzt viel-
fach sehr schwer haben, Wohnungen
zu erhalten, in denen ein gesundes
und sittliches Familienleben möglich
ist. Es ist nun zweifellos die entschei-
dende Frage für unsere ganze Zukunft,
daß wir ein gesundes, wachsendes Volk
und vor französischen Zuständen be-
wahrt bleiben. Kein Mittel aber scheint
hier so sicher organisatorische Besserung
 
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