Lucas Giordano.
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digen Fleißes ungeachtet, doch im Alter nicht viel im
Vermoͤgen hatte. Unſer Kuͤnſtler machte ihm bey
einem Beſuche den Vorwurf, daß er in ſeinem Leben
durch die fleißige Manier viel Zeit verdorben. Er
zog ſich ſolches dergeſtalt zu Gemuͤthe, daß er nicht
lange mehr lebte.
Giordano gieng darauf wieder nach Neapel,
wo die Jeſuiten ihm, auf Verlangen des Vicekoͤnigs,
das Gemaͤlde von dem heiligen Franeiſcus averius
auftrugen. Sie beſchwerten ſich bey demſelben, daß
der Maler es nicht endigen wollte, da es doch an dem
nahe bevorſtehenden Feſte dieſes Heiligen auf dem
Hauptaltare aufgehangen werden muͤßte. Der Vi-
cekoͤnig gieng zu ihm, um ihm dieſe Nachlaͤßigkeit vor-
zuhalten; er entwiſchte aber durch die Hinterthuͤre,
und machte das ganze Bild, wie er ſich von allen Sei-
ten gedraͤngt ſahe, in anderthalben Tagen und einer
Nacht fertig. Der Vicekoͤnig war neugierig, es
zu ſehen, und erſtaunte daruͤber. Giordano malte
zuweilen, ohne auszuruhen, eine Maria mit dem Kin-
de: und brachte in einer Stunde eine halbe Figur
ganz zu Stande. Er wartete nicht ſo lange, bis ſeine
Pinſel rein gemacht waren, ſondern malte unterdeſſen
mit dem Finger. Seine Manier hatte viel Angeneh-
mes und Uebereinſtimmendes. Er verſtund die Ver-
kuͤrzungen; verließ ſich aber zu viel auf ſeine geuͤbte
Hand, daher man ihm den verdienten Vorwurf macht,
daß er die Welt mit zu viel mittelmaͤßigen und nicht
genug uͤberlegten Gemaͤlden angefuͤllt habe. Die
Zeichnung war oft ſehr unrichtig, welches dem Man-
gel
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digen Fleißes ungeachtet, doch im Alter nicht viel im
Vermoͤgen hatte. Unſer Kuͤnſtler machte ihm bey
einem Beſuche den Vorwurf, daß er in ſeinem Leben
durch die fleißige Manier viel Zeit verdorben. Er
zog ſich ſolches dergeſtalt zu Gemuͤthe, daß er nicht
lange mehr lebte.
Giordano gieng darauf wieder nach Neapel,
wo die Jeſuiten ihm, auf Verlangen des Vicekoͤnigs,
das Gemaͤlde von dem heiligen Franeiſcus averius
auftrugen. Sie beſchwerten ſich bey demſelben, daß
der Maler es nicht endigen wollte, da es doch an dem
nahe bevorſtehenden Feſte dieſes Heiligen auf dem
Hauptaltare aufgehangen werden muͤßte. Der Vi-
cekoͤnig gieng zu ihm, um ihm dieſe Nachlaͤßigkeit vor-
zuhalten; er entwiſchte aber durch die Hinterthuͤre,
und machte das ganze Bild, wie er ſich von allen Sei-
ten gedraͤngt ſahe, in anderthalben Tagen und einer
Nacht fertig. Der Vicekoͤnig war neugierig, es
zu ſehen, und erſtaunte daruͤber. Giordano malte
zuweilen, ohne auszuruhen, eine Maria mit dem Kin-
de: und brachte in einer Stunde eine halbe Figur
ganz zu Stande. Er wartete nicht ſo lange, bis ſeine
Pinſel rein gemacht waren, ſondern malte unterdeſſen
mit dem Finger. Seine Manier hatte viel Angeneh-
mes und Uebereinſtimmendes. Er verſtund die Ver-
kuͤrzungen; verließ ſich aber zu viel auf ſeine geuͤbte
Hand, daher man ihm den verdienten Vorwurf macht,
daß er die Welt mit zu viel mittelmaͤßigen und nicht
genug uͤberlegten Gemaͤlden angefuͤllt habe. Die
Zeichnung war oft ſehr unrichtig, welches dem Man-
gel
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