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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Staatliche Museen zu Berlin [Hrsg.]; Knackfuss, Hubert [Bearb.]; Wiegand, Theodor <Prof. Dr. phil.> [Bearb.]
Didyma (Abt. 1, Bd. 1): Textband — Berlin, 1941

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https://doi.org/10.11588/diglit.30744#0096
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Maße u. zeitl.
Stellung der
Außenkapitelle

Figiirliche äußere
Eckkapitelle

Bei den anderen Kapitellen hat der Eierstab des Echinus
wesentlich härtere und derbere Bildung als bei denKapi-
tellen der Innenreihe; die Zwischenblätter haben die
Pfeilform der Spätzeit, und am Abakus sind sie zwar ohne
Pfeilhaken, aber sehr flach und stumpf gearbeitet. Die
Zwickelpalmetten müssen noch stärker unterschnitten
gewesen sein als bei jenen, da sich von ihnen fast nur die
Ansatzstellen der Stiitzbossen auf den Eiblättern neben
den Schnecken erhalten haben (F 411, 412 Tf. 164). Eine
Eigenheit besteht auch darin, daß der Echinuseierstab
unten nicht ganz frei endigt, sondern gegen einen kleinen,
senkrecliten Randstreifen anstößt, der das dadurch
scheibenförmig ahgesetzte Unterlager des Kapitells be-
grenzt.

Arbeit und Verhältnisse der Kapitelle sind gröber als bei
denjenigen der Innenreihe, die Schnecken rollen sich in
größerer Breite und Höhe aus, was eine starke Vergröße-
rung der Polster zur Folge hat. Die optischen Verfeine-
rungen: das Vorneigen der Schneckenflächen und die
Zuriicknahme der Echinusausladung an den Vorderseiten
fehlen hier. Die Hauptmaße ähneln zwar denjenigen der
Innenkapitelle, bieten aber doch manche Abweichungen.
Der Durchmesser des unteren Echinusringes mißt 1,880 m,
die Höhe des Echinus einschließlidi des unteren Randes
0,266 m, des Kanalis 0,255 m, des Abakus 0,128 m, die
Gesamthöhe also 0,649 m. Dieses um 0,104 m größere
Höhenmaß zeigt allein schon den derberen Charakter der
Kapitelle. Die Abakusbreite beträgt 1,933 m, der seit-
liche Abstand der senkrecht stehenden Schneckenflächen
1,721 m, derjenige der Augenmitten, die hier um 28 mm
höher als das Unterlager liegen, 1,726 m. Die Schnecken
ergeben ergänzt eine Höhe von etwa 0,875 m, eine Breite
von 0,778 m und einen seitlichen Augenmittenabstand
von 0,438 m. Damit erhält das Kapitell eine Gesamt-
breite von 1,726 ~t~ 2 X 0,438 = 2,602 m.

Die Unterlager haben wie die Trommeln der westlichen
gestiirzten Säulen zwei auf dem Durchmesser stehende
Diibellöcher und keine Zentraldiibel.

Einen ganz abweichenden Steinschnitt zeigt ein unweit
der Nordostecke auf dem Tempelvorplatz liegendes, noch
nicht versetzt gewesenes Kapitell (F 416 Tf. 165; Z 420,
421 Tf. 54). An dasselbe ist unterhalb des Echinus aus
demselben Block das 0,364 m hohe Halsstück der Säule
mit Ablauf, Plättchen und Rundstab angearbeitet. Wäh-
rend das Kapitell im übrigen vollständig und auch das
Plättchen nebst Rundstab wenigstens zum Teil ausge-
arbeitet ist, zeigt der Ablauf und der eigentliche Halsteil
nur den glatt gespitzten Bossen, noch ohne Angabe der
Kannelurenendigungen, und so entspricht die Ablauf-
ausladung von nur 44 mm noch nicht der wirklichen Ah-
laufgröße.

Alle die genannten Eigenschaften der Außenkapitelle
wie ihre ganze Erscheinung lassen erkennen, daß sie
einer weit jüngeren Zeit angehören als diejenigen der
inneren Reihe. Unter ihnen ist auffallenderweise offen-
har das älteste Stück jenes hei der Nordwesteeke gefun-
dene (F 57 Tf. 38; F414, 415 Tf. 111).

Eine vollständig barocke Bildung zeigen die Kapitelle
der beiden östlichen Ecksäulen. Von demjenigen der süd-
östlichen Säule sind in der Haussoullierschen Grahung
drei jetzt in Konstantinopel hefindliche Stücke zu Tage
gekommen (Mendel I Nr. 234—235 a; Schede, Meister-

werke 17 Tf. 34), die noch nicht erkennen ließen, daß es
sich um solche des Eckkapitells handelte, wodurch die
irrtümliche Zuweisung derselben zu den normalen Front-
säulen bei Pontremoli-Haussoullier zu erklären ist. Im
Verlaufe der deutschen Grabung hat sich dann nicht nur
ein entscheidendes viertes Fragment dieses Kapitells,
sondern auch das zum größtenTeil erhaltene nordöstliche
Eckkapitell gefunden (F47 Tf. 35; F48 Tf. 36; F425—428
Tf.170; Z 429—431 Tf. 56; Z432 Tf.50).

Während die beiden Polster der Kapitelle die normale
Bildung mit den genau gleich denjenigen der äußeren
Kapitelle gestalteten zweireihigen Blattkelchen und den
im inneren Winkel zusammenstoßenden Halbvoluten
eines gewöhnlichen Eckkapitells zeigten, tritt auf den
beiden Ansichtsseiten reicher, plastischer, figürlicher
Schmuck unvermittelt an Stelle der tektonischen Kapitell-
glieder. Die nur durch den äußeren Rundstab ihrem
äußeren Umfang nach angedeuteten ebenen Schnecken
der Fronten sind mit mächtigen iiberlebensgroßen, frei
vortretenden Götterköpfen besetzt, die mit ihrem Brust-
und Schulteransatz die ganze Kreisfläche bedecken, so
daß letztere ohne organischen Zusammenhang, nur wie
die innere Bodenfläche einer hellenistisch-römischen
Prunkschale, die Funktion eines Emblemträgers erfüllt.
An Stelle der herausgedrehten Eckvolute des normalen
Eckkapitells ist ein ganz selbständiges, plastisches Ge-
hilde getreten, das keinerlei Erinnerung mehr an jene
bewahrt: In die Diagonale des Kapitells gestellt, springt
aus dem Kapitellkörper ein großes Greifenvorderteil
heraus, dessen auf starkem Hals aufgeriditeter Kopf, den
Abakus überschneidend, bis zum Kapitelloberlager
emporreicht, während die Brust mit den horizontal vor-
gestreckten Vorderpranken frei herausgearbeitet, tief
unter das Kapitellunterlager hinabreicht. Kräftige Adler-
flügel, die mit ilirem unteren Ansatz nahe am Ellenbogen
der Tiere beginnen, dedcen die Flächen des Kapitells
nach beiden Seiten hin bis nahe an die Mitte und erreichen
mit ihren gebogenen Schwungfedern das Kapitellober-
lager. Auf der Unterseite wird der über das Kapitell-
unterlager hinabreichende Teil des Greifenkörpers durch
ein einer Blattkonsole gleichgebildetes, vom Unterlager-
rand erst abwärts und dann wieder aufwärts geschwun-
genes großes Akanthusblatt gedeckt, das seitlich bis an die
Flügel und Prankenansätze reichend, sich vorn zwischen
diesen unter der Brust einrollt.

Bei dem Nordkapitell ist der Greif als Löwengreif ge-
staltet mit wallender, bis auf die Brust herabreichender
Mähne, aufstehenden, spitzen Ohren und kugelig-runden
Augen. Der Oberkiefer mit der Nase ist leider zerstört,
dagegen ist der Unterkiefer mit der herausgestreckten
und aus dem geöffneten Maul wie lechzend herahhän-
genden großen Zunge in einem anpassenden Fragment
erhalten. Die vorgestreckten Pranken sind nur in ihren
prachtvoll naturalistisch, mit kräftigen Muskeln und star-
ken Adern — ähnlich wie bei dem oben erwähnten Teil
des Adytongreifenfrieses — gebildeten Ansätzen erhalten,
so daß sich nicht sagen läßt, ob die Tatzen selbst ein-
gebogen oder ausgestreckt waren. Zwischen den Pranken
legt sich die Brust in weich und fleischig modellierte
Falten, die Mähnenhaare sind durch tiefe, eingegrabene
Rinnen in Iebendig behandelte Zotteln aufgelockert, und
die Adlerflügel mit ihrem muskulösen Ansatz, den sidi

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