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Diez, Ernst; Burger, Fritz [Editor]; Brinckmann, Albert E. [Editor]
Handbuch der Kunstwissenschaft: Die Kunst der islamischen Völker — Berlin-Neubabelsberg: Akad. Verl.-Ges. Athenaion, 1915

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https://doi.org/10.11588/diglit.66388#0222
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PERSISCHE GARTENSCHLÖSSER

sondere Ehrung, wie uns mehrere Schriftsteller berichten. Dieser Empfangs- und Festsaal
wurde durch Mosaiken (Sizilien) oder Fliesen, Stuck und Stalaktiten reich ausgestattet,
und womöglich von einer Quelle durchflossen. Um diesen Hauptraum waren in zwei
Geschossen Wohnräume angeordnet; die Zimmer des zweiten Stockwerks durch eine Empore
verbunden, die den Frauen den Einblick in den Saal gewährte. Ein drittes Geschoß
bestand aus offenen Hallen. Jedes Geschoß war durch eigene, entweder außen oder inter-
mural angelegte Treppen erreichbar. Bägh-i-Firdüz zeigt überdies mit seinem prächtigen
Stuckreliefdekor, daß sich diese alte persische Dekorationstechnik bis in die neueste Zeit
fortgeerbt hat (Abb. 241).
Für persische Bautypen höfischer Art bietet heute noch Isfahan einige Beispiele, während andere,
erst in den letzten Jahrzehnten verschwundene, wenigstens in guten Aufnahmen von P. Coste u. a. vor-
liegen. Die von Schah Sultän Husein wiedererbaute Thronhalle des Schah c Abbas L, Tschihil Sutün (Vierzig
Säulen), hat ihre Vorbilder in den achamenidischen und sasanidischen Apadanas und wurzelt somit ideell im
alten Hiläni. Der von zwei geschlossenen Räumen flankierte offene Thronsaal ist ihr wichtigster, auch
durch die dekorative Ausstattung mit Spiegelmosaik (Aineh Kari) betonte Teil, wo der Schah sich öffent-
lich zeigte, wie in den Vorhallen der Apadanas. Der dahinter liegende Quersaal mit den drei Kuppeln
für private Empfänge und Feste (vgl. den Grundriß von Firüzäbäd) tritt daneben an Bedeutung zurück.
Der rückwärtige Teil ist unvollständig. Nach gleichem Muster ist die moderne Thronhalle des Schahs in
Tehrän gebaut. Den Typus des Gartenpavillons, wie er in Persien häufig gebaut wurde, verkörpert Hescht-
Bihischt, die „Acht Paradiese“ von 1670 (Abb.248). Ist schon Tschihil Sutün ohne den großen architektonisch
angelegten Park, in dessen Mitte er steht, undenkbar, so stellt dieser Gartenpavillon die konsequenteste
Gartenarchitektur dar, die sich denken läßt. Er krönt mit seiner Kuppel das Zentrum der beiden sich kreu-
zenden Pappelalleen, deren eine durch Wasserbassins und die Freitreppen, die auf die Plattform führen, als
Hauptzugang betont wird. Der Pavillon ist also ein Quadrivium, und seine Voraussetzung der Park,
dessen Perspektiven er mit seiner Durchsicht rahmt und künstlerisch steigert. Die Wohnräume, einst für
Frauen des Schahs bestimmt, sind zweigeschossig in die vier Eckpfeiler verlegt. Der Zweck solcher Bauten,
anmutige Zentren für Gartenfeste zu bilden, ist vorbildlich erreicht, das fühlte schon Chardin, der das
sefewidische Hofleben gesehen hat und trotz seiner Verwöhnung am Pariser Hof gesteht, daß diese Bauten,
„obgleich in gewisser Hinsicht nur etwas größere Kartenhäuser, nichtsdestoweniger lachender und ange-
nehmer sind als unsere prächtigsten Paläste“. Charakteristisch für die improvisierte Bauart und Dekoration,
die vorherrschte und die Zerstörung der meisten Schlösser und Gartenbauten erklärt, ist u. a. folgende
Beschreibung des Ibn Batütah vom Jahre 1333 eines Palastes in Chwarism (Chiwa): „Wir kamen in seinen
Palast und traten in einen großen Mischwär ein, dessen meiste Gemächer aus Holz waren. Von da gingen
wir in einen kleinen Audienzsaal, der eine Kuppel aus vergoldetem Holz hatte und dessen Wände mit ver-
schiedenfarbigen Stoffen bespannt waren und der Plafond bedeckt mit einem goldbroschierten Seidenstoff.“
In der gleichen Stadt beschreibt er ein vornehmes Wohnhaus, dessen Salon mit köstlichen Teppichen deko-
riert war; „seine Wände waren mit Stoff bespannt. Man hatte zahlreiche Nischen angebracht, in deren
jeder sich Vasen von vergoldetem Silber und aus ‘iräqenischem Glas befanden. Es ist die Sitte der Be-
wohner dieses Landes, die Vasen so in ihren Wohnungen aufzustellen“ (Voyages ed. Defremery III 8).
Diese Dekorationsart ist in ihrer Übertreibung heute noch in einigen Räumen des sefewidischen Torbaues
CÄH Qapü in Isfahan erhalten. Die Wände wurden mit Holzgerüsten (Noguldün) umkleidet, die Nischen
in Vasenform hatten (Abb. 240). In diese Nischen stellte man Gefäße aller Art hinein, selbst in die schon
fast horizontal geneigten Plafondnischen. Einen so dekorierten königlichen Weinkeller in Isfahän beschreibt
uns wieder Chardin: „Die Wände sind ringsum mit Jaspisplatten bekleidet bis zu acht Fuß Höhe; und
darüber sieht man bis zum Kuppelzentrum nichts als Nischen der verschiedensten Formen, welche mit
Vasen aller Fermen und aus allem möglichen Material ausgefüllt sind, die man sich nur erdenken kann...
Es gibt nichts Lachenderes und Heitereres als diese Unmasse von Vasen, Schalen, Flaschen von aller Art
Formen und Material; aus Kristall, Karneol, Onyx, Jaspis, Amber, Korallen, Porzellan, Gold, Silber,
Email usw., durcheinander gemischt, mit denen die Wand inkrustiert erscheint, und die so lose darin sitzen,
daß man zu sagen geneigt ist, sie werden herabfallen.“
Auf dem Gebiet des reinen Nutzbaues hat wiederum Persien Baugestalten von wahrhafter Monu-
mentalität geschaffen, wie es die Karwanserails, Brücken, Wasserbehälter (Abambär) Eisbehälter (jachdän)
 
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