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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 21.1903

DOI Artikel:
Reiter, Joseph: Aus der Welt der Heiligen: S. Vitalis
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https://doi.org/10.11588/diglit.18333#0177
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Kämpfer galt. „Mein Gott, erbarme Dich
der Seelen", war sein letzter Nnf, so daß
es nicht zn verwundern ist, wenn sein
Altar die Stätte der Fürbitte für die
armen Seelen, in erster Reihe wohl der
im Kampfe nm das heilige Land Ge-
fallenen, geworden ist. — Unter Fest-
haltung dieser Gedanken möchte man bei
der Gottesackerkapelle zn Scheer die Frage
aufwerfen, ob ihr Titel nicht etwa auf
S. Oswald als Seelenpatron Hinweise.
Wir könne» die Frage nicht ohne weiteres
bejahen, schon deshalb nicht, weil die Os-
waldkapelle zu Scleer früher (bis 1300)
die Kirche des abgegangenen Ortes Gem-
mingen gewesen ist. Doch dürfte man
immerhin daran erinnern, daß ehedem die
meisten Pfarrkirchen vom Gottesacker um-
geben waren und daß mithin die Möglich-
keit rorliegt, es könne der Gedanke an
den See len Patron Oswald das Patronat
beeinflußt haben.
In dem Werke: „Die Ban- und Knnst-
denkmäler in den hohenzvllernschen Landen"
findet sich bei MinderSdorf die Bemerkung:
„Dieser Patron läßt Zweifel anfsteigen
an einem sehr alten Bestand einer Kirche in
Mindersdorf." Sollte damit gesagt werden
wollen, daß S. Oswald erst in späterer
Zeit als Kirchenpatron erscheine, so müßte
dem widersprochen werden. Es gibt ur-
alte Oswaltskirchen, wie ja auch der
Kultus des hl. Oswald uralt ist. Im
Jahre 690 kam der hl. Willibrord mit
elf Gefährten nach Friesland. Er war
ein begeisterter Verehrer des hl. Oswald
und verpflanzte dessen Kultus in die von
ihm bekehrten Gegenden. Im 12. und
13. Jahrhundert wurde Oberdentschland
Hanptstätte der Verehrung unseres Hei-
ligen. Im Elsaß (Oswaldkirchen in
Muffig, Ostwald, Nomansweiler, Schönau),
Baden, Schweiz, Bayern (Oswaldkirche in
Negensbnrg), Tirol, Steiermark, Kärnten
und Krain legen Kirchen, Kapellen,
Klöster, Bilder und Taufnamen Zeugnis
hiefür ab. „Sind es zuerst die Glaubens-
boten und Rompilger, welche seine Ver-
ehrung weitertragen, so geschieht dies
später durch die Kreuzfahrer, deren be-
sonderer Patron Oswald wurde. Vor dem
zweiten Krenzznge nahm man außer zum
hl. Georg auch zum hl. Oswald seine be-
sondere Zuflucht. Man wallfahrtete zu

seinen Heiligtümern, legte an seinen Re-
liquien Gelübde ab und brachte Gebete
nm glückliche Seefahrt und glückliche Heim-
kehr dar. An den Wegen der Kreuz-
fahrer, den Verkehrsstraßen vom Norden
zum Süden und Südosten entstanden Os-
waldsheiligtümer. So ist es kein Zufall,
wenn 1148 die S. Oswaldskapelle im
Höllental bei Freiburg errichtet und von
demselben Bischof Hermann von Konstanz
konsekriert wurde, welcher zwei Jahre vor-
her den hl. Bernhard auf seiner Reise am
Oberrhein begleitet hatte."
Reliquien des hl. Oswald finden sich
in Esternach, Münster, Einsiedeln, Zug
(die Oswaldskirche daselbst die schmuck-
vollste aller spätgotischen Bauten in der
Schweiz) sowie im Domschatz zn HildeS-
heim und Solothurn (Oswaldbüste abge-
bildet im Werke: „Die katholische Kirche
unserer Zeit" S. 244). In Hirsau waren
nach dem Cockex HirsuuAiensis im altare
trium re§um ebenfalls Reliquien s. Os-
vvulcli re§is et martinis eingeschlossen.
Attribute des Heiligen sind der Nabe
und ein eigenartiges Gefäß. Der Vogel
trägt in seinem Schnabel einen Ring oder
einen Brief. Bei seiner Salbung zum
König zerbrach nämlich nach der Volkssage
das Oelglas, worauf ein Rabe mit dem
Chrisam erschien und einen Brief brachte
des Inhalts, daß der hl. Petrus selbst
den Chrisam geweiht habe. Dieser Nabe
wurde später als Brautwerber mir dem
Ring abgesandt und vollzog sein Amt mit
bestem Erfolg.
Wenn Oberle (Ueberresie des germani-
schen Heidentums im Christentum) die Be-
hauptung ansspricht, daß in England viel-
fach an Stelle Wodans der hl. Oswald
getreten sei, und daß der Nabe in seiner
Begleitung an die Naben Wodans er-
innere (Hngin-Gedanke- und Mnmir-Er-
innerung vorstellend), so wird er wohl das
Nichtige getroffen haben.
lieber das zweite Attribut auch noch ein
Wort. Nach Beda ist König Oswald am
Osterfeste mit Bischof Aidan zn Tisch ge-
sessen, als ihm gemeldet wurde, es stünden
viele Arme draußen und warteten auf Al-
mosen. Der fromme König sei alsbald
aufgestanden und habe Speisen hinaus-
getragen und verteilt und schließlich sogar
das Prnnkgeschirr der königlichen Tafel
 
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