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Beilage zum Diözesan-Archiv von Schwaben — 1892

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https://doi.org/10.11588/diglit.17219#0028
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28

§ 2.

Das heiligiste Seiten-Blut Christi JESU zu Mantua,
dessen unser Weingartisches ein abgesönderter Thcil zu seyn
uit gczweifflct wird, ist vil Jahr an einem sicheren Ort ehr-
crbiethig verschlossen gebliben, und uiemaleu öffentlich gezeiget
worden. Nach der Hand aber ist von denen Römischen Päpsten,
benanntlich von Pio Secundo, und denen Mantnanischen
Bischöffen verordnet worden, daß diser unendliche H. Blut-Schatz
aufs wenigist einmal im Jahr öffentlich solle anßgesetzt wer-
den, welches einige Jahr hindurch an beut H. Char-Freytag,
nachgehends aber an dem H. Auffahrts-Fest geschehen ist.

Ob, wie, und' wann dtse H. Blnt-Anßsctzung bey unseren
jetzigen Zeiten zu Rtantna gepflogen werde, dessen feynd wir
in dem Jahr 1733. durch eine sichere Hand von Mantua
folgender Gestalten benachrichtiget worden.

Das hochschätzbare Heiligthum des; werthisten Seitcn-
Bluis JEsu Christi wird zur öffentlichen Verehrung dem Volck
niemalen vorgcstcllet, als am H. Char-Freytag, an welchem
darmit Nachmittag dreymal, zu drcycn underschidlichen Stun-
den, und nach so vil vorhero gehaltenen Predigen, der Segen
oder Benediktion gegeben wird.

Hinnach zu Abend-Zeit versetzet man das Heiligthum
widcrnm in sein gewöhnliche Behaltnnß, und wird mit 4.
Schlißlen verwahret, deren einen der Fürst, den anderen der
Senat, den dritten das Capitcl des; Dom-Stiffts, deit vierten
das Haupt, oder der Vorsteher der Collegiat-Kirchen S. An-
dreae zu Händen ncmmen. Und wird mehr besagtes hoch-
heilige Blut Niemand zu sehen vorgewisen, ausser Fürsten und
grossen Herren, welche eintwederö eigentlich dahin reysen, oder
aber sonsten darnmcn iunständig anfnchen. So vil der Briefs
des; S. T. Herrn N. Fascha Ecclesiae Collegiatae S. An-
dreae zu Mantua Primicerij, &c. Sub dato Mantua den
26.ten Febr. Anno 1733.

Ans; disem allen ersitzet man vhnschwehr, daß sowol Man-
tua, als andere mit vornehmen Heiligthümer von Christo dem
Herren bereicherte Orter ihre geistliche Schätz, um selbe in
desto grösserer Hochschätzung und Ansehen zu erhalten, gar
selten im Jahr zu sehen öffentlich vorstellen.

8 3.

Sehe deine, wie ihmc wolle! die gestellte Frag, ob cS
besser, und nützlicher sehe, das; heiligiste Blut offt, oder aber
nur selten öffentlich zu sehen vorweisen, ist durch das bißhero
beygcbrachtc noch nit erörteret. Was Weingarten anbelanget,
so haltet es sich an die vb-angezogenc Schrifft-Stell: Sapientia
absconsa, & Thesaurus invisus; quae utilitas in utrisque?
verborgene Weißheit, und ein Schatz, den man nit sihet; was
nutzen sie bcyde? und will allerdings behaupten, das; ihr
gnaden-reicher H. Blut-Schatz zum Trost der Frommen Christ-
Gläubigen, und zur täglichen Hilff, und Zuflucht aller Be-
trübten, Prcsthafften, und Noth-Leydenden mehrmal vorgewisen
werden solle. Und dises um desto ehender und lieber, je länger
sothanc Andachts-Verrichtung also gepflogen worden.

Anno 1294. hat C. de Hascnstein einen Wein ans; seinem
Reb-Garten zu Ravenspurg hieher geopfferet, damit die fromme
Walfahrter von dem H. Blut zu trincken haben, welches ohne
öffentliches vorweisen und Zeigen nit hat geschehen können.

Anno 1351 hat Eberhard Truchseß ein Som Wein gc-
stisftct ans; seinem Garten nnder der Burg zu Ravenspurg für
die jcnige, welche daö H. Blut besuchen, sehen, und Andachtö
halber darab zu trincken begehren.

Übrigens feynd gewisse Fcst-Täg des Jahrs, an welchen

das heiligiste Blut gewöhnlich eintwederö in ordentlicher Pro-
cession hernmgetragen, oder sonsten zur öffentlichen Verehrung
vorgestellet, und jedermänniglich darvon zu trincken gegeben
wird. Dergleichen Fest-Täg seynd das H. Blut-Fest den
12.ten Mertzen: Der Creütz-Mitwoch: Der nächste Freytag
nach der Himmelfahrt Christi, oder so genannte H. Blut-Ritt:
Die Weingartis. Kloster-Kirchweyhe an St. Johannes-Tag den
24.teil Jun. Die Hagelfcür den 26.te» des; jetz-erwehnten
Monatö: und der H. Char-Freytag, von welchein was mchrers
in dem nächsten § 4. zu ersehen kommet.

Jetz-gedachten Fest-Tägen sollen billich auch die 2. Stiffter-
Jahr-Täg, deren einer den 5.ten Mertzen, der andere den
9.ten Novem. feürlich gehalten wird, beygezehlct werden, als
an welchen das heiligiste Blut auf einet» rothen schon anß-
gearbeiteten Küssen gelegt, jedoch mit einem Velo, oder Kelch-
Tüchel bedeckt, in Gegenwart und Begleitung des; gantzen
Convents, auch anderer vilen sowol geistlich- als weltlicheit
Persohncn zu dem Altar, bey welchem die Weingartische Stiffter
begraben ligen, nnder zusammen Läntnng aller Glocken, doch
ohne alles Kirchen-Gesang, getragen, und allda vorbesagter
Massen auf dem Küssen ligend, und bedeckt in die Mitten ge-
stellt wird, worauf sodann gleich darbet) ein solennes Scel-
Ambt in Pontificalibus erfolget. Beliebens stehet ein mit der
Stifster-Wappen, verschidenen Cronen, und Scepter, auch vilen
Wachs-Kertzen, und anderen Sachen anßgeziertes Lastrum
Ooloris, oder Todten-Gerist vor ermeltem Altar, und pflegt
der jeweylig-Regierende Herr Prälat nach abgebcttetcm so ge-
nannten Offertorio, sich mit seinen Geistlichen Ministris gegen
dem Volck utnznwenden, und zu dem Altars-Fuß herab zu lrette».
Da inzwischen Adm. F. p. Prior mit denen sambtlichen F.
F. Patribus Conventualibus seeundum Ordinem Lenij,
daß ist, nach der Ordnung der abgelegten Clösterlichen Pro-
fession, ans; dem Chor zu dem Stiffter-Altar hinzu gehet,
allwo er auf der Epistel-Seiten von F. P. Custode, welcher
mit einem Chor-Rock, und fchwartzcn Stohl angethan ist, eine
Hostie oder Oblat auf einer Pateit in die rechte Hand, in die
Lincke aber eitlen mit Wein gefiltett Kelch empfanget, so er
dann vermittelst eines in beyden Händen gehaltenen schwartzen
Veli, oder Schleyers dem Herrn Prälaten zu traget, und mit
gebührender Haupt-Neigung offerieret. Hoch-gedachter Herr
Prälat mit aufgesetzter Insul zwischen dem Diacono, und
dem Subdiacono stehend, ltiimiiet erstlich die Hostie, und gibt
solche dem Diacono auf eilt besondere Paten; hernach schittet
er ans; dem beygebrachten Kelch ein wenig Wein in den Kelch,
so der Subdiaconus in Händen haltet, worauf der Offerens
sich gleich widernm gegen der vorige» Epistel-Seiten zurück
ziehet, und dem nächstfolgenden den Kelch, und Paten samt
dem fchwartzcn Velo darreichct, und sofort die übrige einer
nach dem anderen biß ans den letsten. Wann nun sothanc
Oblation vollendet, wird das Hoch-Ambt ferners continuieret,
und nach disem die bei einem Castro Doloris gebräuchliche
Todten-Ceremonien verrichtet. Hierauf aber wird das heiligiste
Blut zu seinem besonders gewidmeten Altar auf vor-berührte
Weiß widcrnm übersetzet, und mit ihme sowol vor- als nach
disem jährlichen Traur-GOttsdienst dem anwesenden Christcn-
Volck der Segen ertheilet. Endlichen wann alles Obige be-
sagter Massen vollzogen, so wird alsdann den Tag hindurch
für die in GOtt Ruhende Stiffter reichliches Almosen sowol
in Brod, als M chl anßgespendet nnder die arme Leüth, deren
Anzahl bis; gegen, ja auch über 7000. sich schon betoffen hat.

(Schluß folgt.)

Stuttgart, Buchdruckerci der Aktiengesellschaft „Deutsches Botksblatt".
 
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