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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 8.1863

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https://doi.org/10.11588/diglit.13517#0414
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398

Kunst-Chronik.

Berlin. — Die Verlosung der für den Künst-
ler-Unterstützungsverein von hiesige» Künstlern so
zahlreich beigesteuerten Gegenstände ist vis Mitte Januar
hinausgeschoben und Die Ausstellung in Folge besten ver-
längert worden. Wir zeigen dies unfern Leser mit der
Aufforderung zur reckt zahlreichen Betheiligung an dem
verdienstlichen Unternehnen mit der Bemerkung an, daß
die Chancen des Gewinns sehr groß sind, da selbst bei
Absetzung von 4000 Loosen jedes 10 te Loos gewinnt.

Kreuznach. — Seitens eines hierorts für Errichtung
einer Statue zu Ehren des verstorbenen Geh. Sanitäts-
Raths Dr. Pricger, des Gründers des Kreuznacher
Sool-Bades gegründeten Comitös ist die Ausführung
dieser Statue dem Bildhauer Karl Caner übertragen
worden. Die Statue soll aus carrarischem Marmor erster
Klaffe 8^ Fuß groß ausgeführt werden und im Laufe
von etwa zwei Jahren fertig sein. Das Modell dazu in
halber Größe ist bereits vorhanden.

— — Der Bildhauer Robert Cauer ist mit dem
Modell zu einem 5 Fuß hohem Marmor-Relief beschäftigt,
was nach Frücht in die Familengruft des Ministers von
Stein kommen soll, als Grabdenkmal für die jüngst ver-
storbene Gräfin Kielmansegge, der einzigen Tochter des
Ministers.

Köln. — Es wird die Freunde des Dombaues inter-
essiren, daß die Stadt Köln sämmtliche Gebäude, welche
an der Nordost-, Ost- und Südseite des Domes liegen,
zum Niederreißen erworben hat. Um den Dom herum
soll nun ein Umgang geführt werden, welcher dem Publi-
kum täglich offen steht, und nach Osten hin, an der Außen-
seite des hohen Chors der Kirche, sich zu einer großartigen
Halbrotunde, gerate der festen Rheinbrücke gegenüber, er-
weitert. Der Plan wird bald ausgeführt werden, und
dann wird der Dom von einem prächtigen freien Platz
umgeben sein, der größer und ansehnlicher ist, als unseres
Wissens ein solcher sich bei irgend einer Kathedrale be-
findet.

Wetzlar. — Hier hat sich behufs Erneuerung und
Vollendung des Doms ein Dombauverein gebildet. Die
aufzubringenden Kosten betragen mindestens 40,000 Thlr.

Koblenz. —• Die hiesige St. Castorkirche, in ihren
westlichen Theilen ein Bauwerk des elften Jahrhunderts,
jetzt verständig restaurirt, hat in dem neuen Portale, nach
dem Plane des Werkmeistes am Dombau zu Köln, Franz
Schmitz, ausgeführt, einen der Würde des Baues ent-
sprechenden Bauschmuck erhalten. Das Portal, in streng
romanischem Stile, ist ebenso schön in seiner Gesammt-
wirkung wie in seinen Details, die außerordentlich flei-
ßig gearbeitet sind. Noch fehlt dem Thürbogenfelde, dem
Tympanum, der plastische Bildschmuck. Indessen hat sich
die Aussicht eröffnet, auch diesen bald ausgeführt zu sehen,
und zwar nach dem Entwürfe des kölner Bildhauers Pe-
ter Fuchs.

Bonn. — Nachdem die berühmten alten Wandgemälde
zu Brauweiler auf Anordnung des Regierungspräsidiums
durch den hiesigen akademischen Zeichnenlehrer H o h e her-
gestellt worden sind, haben jüngst auch die Restaurations-
arbeiten von den alten Fresken der schönen romanischen
Doppelkirchc zu Schwarzrhcindors aus dem Jahre 1151
begonnen. Eine Deutung dieser höchst bemerkenswerthen,
stark an die Antike erinnernden Wandgemälde hat kürzlich
ein katholischer Geistlicher in der „Bonner Zeitung" ver-
öffentlicht. Uebrigens wird die Kirche auch architektoni-
scher hergestellt.

, Stuttgart. — Oberbaurath Leins will die von ihm
erbaute Billa des Kronprinzen in einem buntfarbigen Pracht-
werke mit erläuterndem Text veröffentlichen. Das Werk

soll in drei Abtheilnngen erscheinen, and zwar werden in
den ersten beiden die äußern und inner» malerischen An-
sichten, im dritten aber das rein Architektonische enthalten
sein. Für die ersten beiden Abtheilnngcn dürfte das schöne
Werk Professor Gräb's in Berlin: „Schloß Babelsberg"
maaßgebend sein, und ist ein erst kürzlich ans Italien zurück-
gekehrter, äußerst talentvoller junger Architekt, Dollin-
g er, bereits mit den Aufzeichnungen beschäftigt.

-In der „Permanenten Kunst-Ausstellung"*) machte

ein übergroßes Kniestück-Bildniß der Königin von Holland,
welche sich während ihrer Anwesenheit hier von Winter-
halter malen ließ, viel Lärm. Künstler von Fach und
Kunstverständige wollten aber außer der Aehnlichkeit im
Bilde Nichts finden als eine mit Bravour und in an-
sprechender Salon-Manier gemalte Mode-Figur. Ein
anderes, mit einer gewissen Ostentation in einem Saale
des Königsbaues zur Ausstellung gebrachtes Genrebild
von Brion, einem in Paris gebildeten Elsässer, stellt
eine: „Hochzeit im Elsaß" vor, welches von dem Bericht-
erstatter der Rec. hart mitgenommen wird.

— — Der hiesige Künstler-Verein wird zum Besten
seiner Unterstützungs-Kasse eine Weihnachts-Ausstellung
großer Transparent-Gemälde im großen Saale des Königs-
baues veranstaltet wird. S>echs gegen 23' hoher und ver-
hältnißmästig breiter Gemälde aus der heiligen Geschichte
nach Fra Bartolomeo, Raphael, Rubens, Cor-
regio rc. sind zu diesem Zwecke bereits vollendet und
sollen von großer Wirkung sein. Passende Gesänge von
Palcstrina u. A., geleitet vom Direktor des klassischen
Kirchengesanz-Bereins, werden jedes einzeln gezeigte Bild
begleiten und ein von Herrn Dr. Grunert gesprochener
Prolog die erhebende Feier einleiten.

Mühlhausen im Elsaß. — Wie lange sich die Ueber-
licferungen der altdeutschen Kunst gelegentlich erhalten
haben, das erfuhren wir kürzlich, als ein hiesiger Arzt
sechs Teppiche mit biblischen Darstellungen erwarb, welche
nach dem Zeugniß der cingewebten Inschriften vom Ende
des 16. und Anfang des 17. Jahrhunderts stammen. Zwei
tragen die Jahrzahl 1592, zwei 1595, einer ist von 1598
und der späteste hat das Datum 1600. Auf jedem befin-
den sich zwei Monogramme, deren Entzifferung bis jetzt
nicht gelungen ist. Auf den ersten Blick sieht man jedoch,
daß man es mit Kompositionen der besten alten Meister
zu thun hat. In der That erkennen wir, in der „Fuß-
wascken Petri" und der „Kreuztragung Christi" die Vorbilder
von Dürer's kleiner Holzschnitt-Passton, in der „Taufe
Christi" dagegen die bekannte Komposition von Martin
Schön. Ein Vergleich mit den Originalen ergiebt die
größte Genauigkeit und Treue der Nachbildung, nur daß
die Empfindung im Ganzen etwas flauer und der Cha-
rakter der Zeichnung etwas abgeschwächt ist, wie sich's von
der späten Entstehungszeit nicht anders erwarten ließ.
Man wird sich aber darüber weniger zu wundern haben,
als über dies lange Nachwirken einer alten guten Knnst-
tradition. Von den drei anderen Bildern, der „Kreuz-
ausrichtung", „Himmelfahrt Christi" und „Ausgießung des
h. Geistes", vermag ich mit den mir zu Gebote stehenden
Mitteln die Originale nicht nachznweisen; doch entspreche»
sie den übrigen in der gesammten Auffassung und Be-
handlung vollständig. Die Teppiche sollen ursprünglich
aus dem Kloster Maursmünster (Icknrmoutior) herrühren
und mögen Erzeugnisse einer elsässischcn Fabrik sein. Der
Photograph Braun in Dörnach bei Mühlhausen, dem
wir unter Andern die herrlichen großen Blätter der Mün-
ster zu Straßburg und zu Thann verdanken, hat vorzüg-

*) Eine ausführliche Korrespondenz bringen wir in der
nächsten Nummer. (Siehe Briefkasten.)
 
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