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bein rühmlich zu erwähnen, der mit einem Theil einer höchst
geistvollen „Skizze zu einem Friese, den Untergang von Pom-
peji darstellend" zu grossen Hoffnungen berechtigt. Der Ge-
danke ist in der That fruchtbar an den mannigfaltigsten Moti-
ven. Ob diese sich zu einem Ganzen runden, können wir aus
dem Fragment nicht ganz beurtheilen. An diesem bewundern
wir aber eine frische Kühnheit, die den Schrecken des Ereig-
nisses ihr Recht anthut und doch mit feinem Tact die Wüstheit
und Verworrenheit einer so jäh hereinbrechenden Bestürzung
nach künstlerischen Absichten ordnet. Unter den Gruppen der
Flüchtenden sind wunderbar schöne Gestalten. Wir heben be-
sonders den bärtigen Mann hervor, an den sich das junge Weib
ängstlich anlehnt, das greise Paar, das von einem Kinde zur
Eile angetrieben wird, die Mutter, die ihre erschöpfte junge
Tochter vor den nachstürmenden Reitern zu schützen sucht
(ein Anklang an den Amazonenfries von Phigalia ist hier nicht
zu verkennen), die jungen Priesterinnen, die sich um das Bild
der Göttin drängen, und den traurigen Helios, der einem Tag
des Unheils leuchten soll. Nur achte der Künstler bei der
Ausführung auf ein gleiches Maass der Körper. Manche lie-
gende Figur würde, aufgerichtet, die anderen weit überragen.
— Hassenpflug's Absalon, so viel Verstösse gegen Linien-
gefühl und Wahrscheinlichkeit der Künstler begangen hat,* er-
freut doch durch eine gewisse naturalistische Frische und Derb-
heit, an der es dem „Siegfried" Hartung's, der mehr ein
Siegfried der Redoute als der deutsche Sagenheld ist, nur zu
sehr gebricht. ,

An monumentalen Arbeiten im eigentlichen Sinne ist viel
Erfreuliches geleistet. Dankberg's Statuetten der neun Ho-
henzollerischen Kurfürsten in Gips präsentiren sich einfach
und würdig, interessante Costümbilder ä la Schwanthaler. G.
Genschow's Statuette des verstorbenen Direktor Schadow ist
charakteristisch und zierlich aufgefasst. R. Piehl hatte eine
Statuette der Königin von Preussen ausgestellt, im edelsten
Stil und von vieler Anmuth der Linien. Aber auch auf diesem
Gebiete hat. E. Rietschi allen Mitbewerbern den Rang abge-
laufen. Wie hat er in seiner Statuette .Lessing's alle Züge in
dem Charakter dieses Gewaltigen vereinigt! Da ist im Blicke
der „Scharfsinn, der sich zum Tiefsinn steigert", der Witz
voll Güte und Menschlichkeit in dem scharfen Schnitt der Lip-
pen, die doch von allem Verächtlichen frei sind, Adel des
Poeten auf der hohen Stirn, und im ganzen Wesen jene Ela-
sticität des Mannes, jene Schlagfertigkeit, jene Ehrenhaftigkeit
des Denkens und Handelns, mit der er selbst seine Neider be-
schämte. Der ist mit den Schauspielern umgegangen, der hat
die Franzosen verjagt, die Nester der Lichtscheuen und die
Stoppelfelder der Aufklärer gesäubert, mit Winckelmann gerun-
gen — und der hat die Emiüa und den Nathan sehreiben kön-
nen. Da ist jeder Zoll ein Lessing, der Lessing der deutschen
Jugend, der Stolz einer „Nation von Denkern". Sinnig ist es,
wie er die Hand mit der Rolle auf dem Torso der griechischen
Säule ruhen lässt, und "der Zopf und das französische Kleid
(das sich trefflich für die Plastik eignet) stehen dem Manne
wohl, der den Zwang der Mode durchbrach und unter dem
fremden Rock das deutscheste Herz trug; sie sind gleichsam
die Spolien seines Sieges. Bald wird dieses Bild über ganz
Deutschland verbreitet sein, das Studierzimmer jedes Gelehrten
schmücken und jedes Studenten, der nicht allzudürftige Wechsel
bekommt. Nicht so der Goethe desselben Meisters, so hoch
und schön auch dieses Werk ist. Aber es ist zu gewaltig für
ein Studierzimmer; diesem Zeus gebührt ein Tempel oder ein
Marktplatz, wo sein emporgerichteter Blick keine niedre Decke,
sondern den Himmel trifft. Wir dachten dabei an die Worte
des herrlichen Sonetts unseres Rückert:

Und hehr vom Wipfel schaut, ein Aar und sprühte
Noch Weltverklärungsblitz' aus morschen Krallen.

Noch ein Denkmal eines grossen Todten ist aus der Hand
RietschTs hervorgegangen, die Büste Felix Mendelssohn-Bar-
tholdy's. Es fehlt uns hier der Raum etwas mehr zu sagen,
als unsernDank, dass R. uns den Künstler und den Menschen
gegeben hat. Was die übrigen Portraits betrifft, so können
wir nur noch die Arbeiten von Schievelbein, Fr. Die-
trich, Wichmann, Julius Franz, CarlBläser undEmil
Wolf als gelungen anführen, obwohl auch unter den Nichtge-
nannten viele aller Ehren werth sind.

Unter den Thierbildern zeichneten sich W. Wolfs Ar-
beiten, wie immer, durch* ihre grosse Lebendigkeit und Ener-
gie der Bewegung vor allen aus. (Er hatte leider weniger aus-
gestellt als in frühern Jahren.) Unseres Bedünkens ist die Art,
wie Wolf seine Thiere vorführt, die einzige, die ihnen eine
künstlerische Seite abgewinnt. Denn das blosse Zurechtkneten
eines gutmüthigen B.ehbocks, mit aller mühsamen Langweilig-
keit jedes Härchens, wie es Schindler gethan hat, gewinnt
uns nicht das geringste Interesse ab. Aber Kampf von Stärke
und Gewandheit, mächtigen Tatzen und flüchtigen Füssen, das
fesselt, das empfinden wir mit. Und hier offenbart sich auch
der Reichthum von Schönheiten an der thierischen Natur, un-
gesucht aufs Höchste gesteigert. Man vergesse nirgend, dass
die Kunst für den Menschen ist, und, wo sie Stoffe aus ungei-
stigen Bereichen nimmt, Schein und Gleichniss des Geistigen
über ihr Werk zu verbreiten hat, um es dem Menschen ans
Herz zu bringen. Vincenz.

Ein Beitrag zum Leben des Lucas Granach.

(Fortsetzung und Schluss.)

Gehen wir jetzt zu den uns vorliegenden Urkunden selbst
über und ordnen dieselben nach der Zeit ihrer Entstehung, so
finden wir zunächst eine Rechnung über Tischlerarbeiten, deren
Lucas Cranach für einige seiner Bilder benöthigt war. — Das
Blatt datirt sich vom Jahre 1518, also dem Zeitabschnitte, in
welchem der Künstler bei Churfürst Friedrich dem Weisen in
Diensten stand. Auf der Rückseite des Blattes befindet sich der
Name des Geld-Empfängers: Christianus Goldschmidt aus Al-
tenburg.

Wörtlich lautet das Schreiben also:
a.

1 fl. vor die lucrecia die ich gemacht hab vor das täfelein
vom tischler und vom Zubereiter und zu vergulden.
iiij fl. vor die klein lucrecia.

x gl. vor die zwey futer darin sie verwart sein.
Auf der Rückseite:

Ich Cristianus Goldschmidt hab von Mstr. Lucas maier em-
pfangen v fl. x gl. nach laud dysses Zettel am auffarttag im 18.
jar zu Altenburg.

Lucas Malers Zettel bit er yetz zu betzalen.

Malherarbeit v fl. x gl. Meister Lucas Erhalten xviij.

Die Besoldung, welche Cranach für seine Dienste am Hofe
des Churfürsten empfing, betrug jährlich 100 Gulden und sollte
ihm halbjährlich ausgezahlt werden. Unter b. folgt eine Quit-
tung, die der Künstler im Jahre 1545, also zu Lebzeiten seines
dritten Herrn, Friedrich des Grossmüthigen, über den Empfang
von 50 Gulden halbjährlicher Besoldung, von Pfingsten bis Crucis,
eigenhändig ausgestellt und unterschrieben hat. Das ihm ver-
liehene Wappen, der geflügelte Drache, ist daruntergedruckt.
b.
Vf Lebenlang Lucas Kranach Maler 1 fl. Michaelis 1545.
Ich Lucas Cranach Maler zuWitlinbergk beken mit diesscr
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