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Eggers, Friedrich [Hrsg.]
Deutsches Kunstblatt <Stuttgart>: Zeitschrift für bildende Kunst, Baukunst und Kunsthandwerk ; Organ der deutschen Kunstvereine &. &. — 5.1854

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https://doi.org/10.11588/diglit.1198#0079
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Zeitschrift

für bildende Kunst, Baukunst und

Kuiistgciverbc.

Unter Mitwirkung von

Drgau

der Kunstvereine von

Deutschland.

Kugler in Berlin — PassavanL in Frankfurt — Waagen in Berlin — Wiegmann in Düsseldorf — Schriaase

in Berlin — Förster in München — Eitelberger v. Edelberg in Wien.

Rrdigirt mm /. Eggers in Arrlin.

M S. Donnerstag, den 2. März. 1884.

Inhalt: Statue Chr. Rauch'ö von Fr. Drake. — Die „Geschichte" und die „Sage", gestochen von Louis Iacoby. Von W. LüLke. — Bemerkungen über
eine Anzahl von Gemälden rc. G. F. Waagen. (Schluß.) — AuilstUteratur. W. Lübke, die mittelalterliche Kunst in Westfalen. Von C. Schnaase. —
Zeitung- Berlin. Ans dem Nassauischen. Rom. — Kunstvereinc. Kunstausstellung zu Wiesbaden.

Statur Christian Nauch's von Fr. Drake.

(Mit Abbildung.)

Es würde der Worte nicht bedürfen, um das Standbild, wel-
ches Fr. Drake von seinem Meister Rauch entworfen hat, bei un-
fern Lesern einzuführen, da wir durch die gütige Erlaubnis.des
Künstlers in Stand gesetzt sind, diesen Zeilen eine von L. Pietsch
radirte Abbildung des Werkes beizufügen. Die geistvolle Schöpfung
deS Bildhauers würde, selbst in skizzenhafter Umrißdarstellung wie-
dergegeben, doch zu lebendig, 31t eindringlich für sich selbst sprechen
und das arme Wort des Berichterstatters, durch ihre tiefe Lebensfülle
zum Schweigen bringen. Denn was wollen Worte bedeuten, wo
das Werk selbst aus jeder Linie uns den Gruß seiner edelktaren
Einfachheit und Schönheit so vernehmlich entgegenwinkt.

Wenn wir daher doch nicht unterlassen mögen, mit einigen Wor-
ten die heute beiliegende Abbildung zu begleiten, so geschieht das
nicht, weil das Werk, sondern weil wir selbst derselben bedürfen.
Wer mag gern seinen Mund schließen, einer Schöpfung gegenüber,
in deren volles Wesen man sich liebevoll eingelebt hat; und wer
mag uns unsere Redseligkeit verdenken, da wir dem Werke des Mei-
sters nicht einen Empfehlungsbrief mitgeben, sondern nur unsere ei-
gene Freude darüber kundgeben wollen.

Die Statue Rauch's ist für die überlebensgroße Ausführung in
Marmor bestimmt und soll sammt der Statue Schinkel's und viel-
leicht noch anderer Kunstheroen der Neuzeit die herrliche Säulenhalle
des von Schinkel erbauten Berliner Museums schmücken. Ein schö-
ner Platz und ein schöner Gedanke! Die dunkle, im oberen Theile
freskengeschmückte Wand der Vorhalle wird einen wohlthuenden ar-
chitektonischen Hintergrund abgeben, und zwischen den edlen schlank-
aufstrebenden ionischen Säulen des Portikus werden die schimmernden
Gestalten dieser würdigen Wächter an der Schwelle des kunstgeweih-
ten Heiligthumes in ernster Größe auf die Schauenden niederblicken.
Wir möchten vorweg der Ausführung dieses Gedankens in seinem
ganzen Umfange diejenige Harmonie und Einheit wünschen, welche
dadurch gewährleistet wird, daß die sämmtlichen dazu erforderlichen
Kunstwerke ebenbürtigen Händen anvertraut werden.

V. Jahrgang.

Was die in Rede stehende Statue betrifft, so gehört sie unbe-
dingt zum Schönsten, was die moderne Bildnerei im Gebiete der
Portraitdarstellung hervorgebracht hat. Allerdings drohte hier jene
schlimmste Klippe nicht, welche so oft diesen Zweig der moderneil
Skulptur von vornherein fast jeder Möglichkeit einer idealen Schöpfung
beraubt. Der Künstler brauchte weder mit der Ungunst eines un-
schönen, unbedeutenden Gesichtes, noch mit dem Ungeschick einer ge-
ringen, mangelhaften Gestalt zu kämpfen; es bot sich ihm vielmehr
als Gegenstand der Darstellung ein Kopf, der zu den bedeutendsten
und schönsten, eine Gestalt, die zu den imponirendsten gehört, mit
einem Wort eine Persönlichkeit, der die Natur schon bei der Geburt
Alles verliehen, und die im beständigen bildnerischen Schaffen sich
selbst gleichsam zu vollendeter plastischer Erscheinung durchgebildet hat.
Aber damit.stieg auf der andern Seite die Höhe und Schwierigkeit
der Aufgabe. Es galt hier nicht allein jene olympische Hoheit des
Kopfes in ihrer ganzen Gewalt zur Erscheinung 31t bringen, es galt
auch die ganze Gestalt so würdig wiederzugeben, daß sie in allen
Theilen den edlen Lineamenten des Gesichtes harmonisch entspreche.
Wie sollte das aber durchgeführt werden, da. man den großen Mei-.
ster in der unschönen Tracht des Tages sehen wollte, wie er vor
unser Aller Augen einhergeht! Da hat denn Drake zum Mantel
gegriffen, aber nicht zu einem fremdher entlehnten griechischen Hi-
mation oder zur römischen Toga, sondern zu dem Mantel, wie Rauch
ihn ebeir zu tragen pflegt, wenn er sich auf der. Straße zeigt.

Der Mantel ist künstlerisch in Verruf gekommen durch die vie-
len ungeschickten Versuche, die Unfähigkeit Gestalten zu, schaffen,
welche ordentlich auf ihren Füßen stehen können, mit seinen Falten
zu „bemänteln." Man glaubte, es sei leichter eine Mantelstatue zu
behandeln, allein zahlreiche unglückliche Mantelfiguren liefern den
Beweis, daß es eben nichts Leichtes sei, eine Gestalt so mit dem
Mantel zu bekleiden, daß dieser sich in schönem und doch durchaus
natürlichem Faltenwurf um den Körper lege und in feiner Weise
den Bau desselben andeute, statt ihn zu verstecken. Dies hat Drake
hier in unübertrefflicher Weise erreicht. Wie schön bilden sich, grö-
ßere Lichtmaffen, von den Schattenlinien kräftiger Falten in lebendi-
gem Flusse begränzt! Wie klar und rein zeichnet sich bei allem

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