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Eggers, Friedrich [Hrsg.]
Deutsches Kunstblatt <Stuttgart>: Zeitschrift für bildende Kunst, Baukunst und Kunsthandwerk ; Organ der deutschen Kunstvereine &. &. — 7.1856

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https://doi.org/10.11588/diglit.1200#0055
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unser bedeutendstes deutsches Illustrationswerk in würdigster Form
auch denjenigen Kreisen zugänglich machen wird, deren beschränktere
Mittel die Anschaffung der Prachtausgabe bisher nicht zuließen.

In M. v. Schwind's Werkstatt sehen wir eine so eben voll-
endete Zeichnung, die sich, dem Inhalte nach, an die im verflossenen
Jahre ausgesührten Wartburgbilder anschließt: „die heilige Elisabeth
wird als Kind von Ungarn nach der Wartburg gebracht." Nach
historischen Angaben ordnete im Jahre 1211 Landgraf Hermann eine
Gesandtschaft an den König von Ungarn ab, um bei demselben um
dessen Tochter für seinen eilsjährigen Sohn Ludwig zu werben. Die
Abgesandten trafen den König mit seiner Familie zu Preßburg an,
wurden sehr wohl ausgenommen und der König übergab ihnen die
kleine Elisabeth, welche damals erst vier Jahre alt war, unter gro-
ßen Feierlichkeiten. Eine silberne Wiege und Badewanne, nebst
1000 Mark Silber, befanden sich unter der Mitgabe. Die Ge-
sandtschaft langte glücklich wieder an Hermann's Hofe an und aus
der Wartburg fand eine vorläufige Einsegnung des jugendlichen Paa-
res statt. Schwind's Zeichnung, der Anlage nach für die Ausfüh-
rung an einer langen Wand bestimmt, zeigt den Zug der Reisenden.
In einem offenen Wagen, angeführt von zahlreichen Reisigen, hat
des Ritters Ewald von Bendelueben hinterlassen'e Wittwe mit der
kleinen Elisabeth Platz genommen, und ihnen folgen 13 Jungfrauen
hoch zu Roß, zahlreiche Ritter und Dienerschaft, nebst den mit rei-
chen Geschenken beladenen Maulthieren nach. Die ganze Kompo-
sition ist von regem Leben und anmuthiger Bewegung durchdrungen
und besonders in der Gruppe der zu Pferde folgenden Damen zeigt
sich jene Fülle lieblicher Grazie, die alle Arbeiten Schwind's beson-
ders kennzeichnet. Der Wald, durch den sich der Zug, schon der
Wartburg nahe, bewegt, ist in wechselnd wiederkehrenden Formen
als Teppichgrund behandelt, wodurch ein der Komposition verliehener
monumentaler Charakter auf glückliche Weise erhöht wird. Die
Zeichnung ist bestimmt, in den Besitz einer kunstsinnigen Dame zu
Eisenach überzugehen.

Unter unseren jüngeren Malern hat wohl keiner in gleich kur-
zer Zeit sich einen so bedeutenden Namen in der deutschen Kunst-
welt zu erringen gewußt, als Karl Piloth. Sein großes Gemälde
„Seni an der Leiche Wallensteins" entlockt allen Besuchern der neuen
Pinakothek gleich anerkennende Bewunderung und veranlaßte erst
kürzlich die Wahl des Urhebers zum Ehrenmitgliede der bayrischen
Akademie der Künste. Piloty's große Gabe charakteristischer Indi-
vidualisirung historischer Persönlichkeiten und seine gewaltige Technik
kömmt von Neuem zur Geltung in einem Gemälde, das sich noch
unter der Hand des Künstlers befindet und eine Scene vor dem
Beginne der Schlacht bei Prag vergegenwärtigt. Unter einem zwi-
schen den Aesten der Bäume aufgezogenen Zeltdache erblicken wir
Maximilian, umgeben von seinen bedeutendsten Feldherren. Der
Streit, der sich im Kriegsrathe entsponnen, ob es passend sei, den
Angriff auf die Stadt zu wagen, ist seiner Entscheidung nahe, denn
gegenüber dieser Gruppe erblicken wir im Mönchsgewand, auf einem
von Maulthieren gezogenen Wagen stehend, Pater Dominikus de
Jesu Maria, den spanischen Karmeliter, ein Marienbild in erhobe-
ner Rechten, die zweifelnden Krieger anfeuerud zum Beginne des
Gefechtes. Aufmerksam schenken die Feldherren den begeisterten Wor-
ten Gehör, die den Lippen des Priesters entströmen, während ein
Theil der Soldaten andächtig kniend lauscht, ein anderer schon be-
schäftigt ist, die Vorbereitungen zum nahen Angriffe zu rüsten. Voll-
ständige Durchbildung aller einzelnen, hier auftretenden Charaktere,
eine reiche, wohlgruppirte und verständliche Komposition und meister-
hafte Behandlung in der Farbe zeichnen auch diese neueste Arbeit
Piloty's aus, welche für die Ausschmückung eines Schlosses, dem
Baron Frankenstein gehörig, dienen soll.

In einer Abtheilung des hiesigen Glaspalastes hatte während

der Sommermonate des vorigen Jahres unser Schlachtenmaler Feod.
Dietz seine Werkstätte aufgeschlagen, um ein Gemälde von großen
Dimensionen „die Zerstörung des alten Heidelberg" auszuführen.
General Melac, durch Ludwig XIV. beauftragt, die Rheinufer von
Trier bis Offenburg zu verheeren, fiel am 16. Februar 1689 in
Heidelberg ein und schon in den Morgenstunden wurde der große
Thurm gesprengt, die umliegenden Gebäude fielen der Zerstörung
anheim und der Elisabethenbau ging in Flammen auf. In diesem
Momente allgemeiner Verwüstung erblicken wir in der figurenreichen
Komposition General Melac zu Pferde auf der Mitte des Markt-
platzes angelangt. Dicht vor ihm erhebt sich von der Leiche ihres
erschlagenen Gatten ein verzweifelndes Weib; ihr Arm wendet sich
drohend gegen den Feind und sie stößt einen furchtbaren Fluch aus
über die Urheber der Gräuelthaten. Rings umher zeigen sich zahl-
reiche Gruppen der Fliehenden; Bürger, an deren Spitze die Geist-
lichkeit, flehen um Schonung, während die französischen Krieger in
wildem Uebermuthe sich der Zerstörungslust überlassen. Ueberall
tritt uns aus den einzelnen Theilen des großen Ganzen, die sich um
den Mittelpunkt, die Hauptaktion darstellend, glücklich gruppiren, eine
wohlthuende Frische der Auffassung und bildlichen Verkörperung ent-
gegen; die einzelnen Scenen bieten eine reiche Mannigfaltigkeit des
Gedankens und der Empfindung, ohne die harmonische Gesammt-
wirkung zu beeinträchtigen. Schon jetzt zeigt sich in den erst unter-
malten Köpfen das Streben nach scharfer Charakteristik, während
einzelne, in der Durchführung bereits vollendete, den glücklichen Er-
folg dieses Strebens darthun. Das Gemälde ist für Heidelberg be-
stimmt, wo es als bleibendes Zeichen der Erinnerung an jene trau-
rige Epoche, die den Untergang der alten Stadt herbeiführen sollte,
zur Aufstellung gelangen wird.

An ein großes Gemälde, dessen Inhalt der Geschichte der neue-
sten Zeit entnommen ist, legt gegenwärtig Fr. Pecht die letzte Hand;
es ist die Uebergabe Venedigs im Jahre 1849. Schon auf der
allgemeinen deutschen Gemäldeausstellung sahen wir von ihm eine
Episode jenes Ereignisses behandelt, und der Künstler hat dieselbe
jetzt mit einigen Veränderungen einer umfangreicheren Komposition
auf geschickte und glückliche Weise einzuverleiben gewußt. Die Pia-
zetta ist der Schauplatz der Handlung. Im unmittelbaren Vorder-
gründe wird in ergreifenden Zügen das Elend, das der Krieg über
die Stadt hereingebracht, geschildert. Verwundete werden auf offe-
nem Platze verbunden und nothdürftig gepflegt, Todte hinweggetragen
und trotzige Krieger, das Bewußtsein ihres Sieges an der Stirne
tragend, reichen, dennoch durch den Jammer zu Mitleid bewegt, dem
entblößten bettelnden Volke magere Spenden. Rechts eilen die Mit-
glieder der provisorischen Regierung hinweg, um die bereitliegenden
Schiffe zu besteigen, indem sie scheidend ihren Mitbürgern die letzten
Abschiedsgrüße zuwinken; in der perspektivischen Ferne des Hinter-
grundes aber nimmt vor der Fronte der aufmarschirten Truppen
Radetzky, umgeben von seinem Stabe, die Schlüssel der Stadt in
Empfang, die ihm von einem Zuge Abgeordneter überreicht werden.

Immer verdient es Anerkennung, wenn wir bei einzelnen un-
serer begabten deutschen Künstler die Aufmerksamkeit bei der Wahl
ihrer Stoffe auf Momente unserer jüngstvergangenen Geschichte ge-
richtet sehen. Pecht hat die Studien zu seinem Bilde an Ort und
Stelle gesammelt und so sehen wir in demselben bei einer freien
und lebendigen Komposition dennoch die größte Wahrheit und Treue
der einzelnen Spezialitäten, so wie den allgemeinen charakteristischen
Eindruck des dargestellten Vorgangs wiedergegeben.

A. v. Kotzebue vollendet demnächst ein größeres Schlachten-
bild, jener Reihenfolge angehörig, die er für den Kaiser von Ruß-
land auszuführen beauftragt wurde. Der dargestellte Moment be-
handelt das Zusammentreffen russischer und französischer Truppen
in einem Thale nahe bei Schwytz während des Feldzugs 1799 un-
 
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