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Eggers, Friedrich [Hrsg.]
Deutsches Kunstblatt <Stuttgart>: Zeitschrift für bildende Kunst, Baukunst und Kunsthandwerk ; Organ der deutschen Kunstvereine &. &. — 7.1856

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https://doi.org/10.11588/diglit.1200#0054
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Deutsches

Zeitschrift

für bildende Kunst, Inukunst und

Kunltgetvcrbe.

Kunstblatt.

Llrgan

der Kunstvereine von

Deutschland.

Unter Mitwirkung von

Kugler in Berlin — Passavant in Frankfurt — Waagen in Berlin — Wiegmann in Düsseldorf — Schnaase

in Berlin — Förster in München — Eitelberger v. Edelberg in Wien.

LrLigirt mm /. Eggers in Drrlm.

JM 6. Donnerstag, den 7. Februar. 1836.

Inhalt: Kunstbericht aus München. — Christian Wilbelm Ernst Dietrich. Ein Beitrag zur deutschen Kunstgeschichte des 18. Jahrhunderts. Aus den Papieren
von Ludw. v. Schorn mitgetheilt von O. v. Schorn. (Fortsetzung.) — Sunltliteratur. Geschichte der bildenden Künste von Dr. Karl Schnaase. W. Lübke.
(Schluß.) — Zeitung. Bremen. — Sunstvereine. Der Kunstverein in Salzburg.

Literatur-Blatt Nr. 3. Ekkehard. Eine Geschichte aus dem zehnten Jahrhundert von I. B. Scheffel. — Hebräische Poesie. II. Festgebete
der Israeliten. Neu übersetzt und erläutert von Dr. M. Sachs. (Fortsetzung.) — Zeitung.

Kirnjlbericht aus München.

Wer des Sonntags in der Morgenstunde, sobald die letzten
Klänge der Parademusik verhallt sind, die Arkaden unseres Hofgar-
tens besucht und von fern das Drängen der schaulustigen Menge
am Eingänge und aus der Wendeltreppe des Kunstvereins beobachtet,
möchte fast von innerer Freude über die rege Theilnahme erfüllt
werden, die das große Publikum der bayrischen Residenz den Erzeug-
nissen der Kunstthätigkeit zuzuwenden scheint. Folgen wir dem Zuge
nach und betreten die inneren Räume der Ausstellung, so können
wir freilich bald wahrnehmen, daß ein Theil der Anwesenden sich
mehr aus süßer Gewohnheit eingefunden; ein anderer wohl mehr um
gesehen zu werden, als um zu sehen, sich auf- und abbewegt, und
nur ein kleiner Rest die ausgestellten Werke mit warmem Interesse
iws Auge faßt. Immerhin; es ist doch besser, zu kommen, weil es
der gute Ton so vorschreibt, als gar nicht zu kommen; denn die
Gelegenheit kann nicht bloß Diebe, sondern auch Kunstfreunde machen.
Nur darf die Kunst nicht so gefällig und gefallsüchtig sein, Gelegen-
heit zu machen. Sie muß sich suchen lassen, aber sich nicht auf alle
Fälle von Jedem finden lassen wollen. Wir unseres Theils können
aber nicht umhin, zu finden, daß das bezeichnete Ausstellungslokal
oft einem Marktplatz gleiche, auf dem einiges Vorzügliche, manches
Gute und sehr viel Mittelmäßiges zum Verkaufe feilgeboten wird
und seine Käufer auch findet. Wir wollen weiter unten Gelegen-
heit nehmen, diese Behauptung durch Thatsachen zu unterstützen.
Zuvor aber bitten wir den Leser, uns in einige der bedeutendsten
hiesigen Künstlerwerkstätten zu folgen und eine Reihe der hervorra-
gendsten, theils eben vollendeten, theils der Vollendung nahen
Schöpfungen in's Auge zu fassen.

In W. v. Kaulbach's Werkstatt eintretend, sehen wir den
Meister mit der Vollendung des großen Kartons „die Kreuzfahrer"
für das Berliner Museum beschäftigt, während dicht daneben eine
Leinwand von mäßigen Dimensionen, für die demnächst zu begin-

VII. Jahrgang.

nende Farbenskizze bestimmt, denselben Gegenstand schon jetzt in Um-
rissen uns erkennen läßt. Da das D. Kunstblatt schon mehrfach
ausführlich auf diese Komposition zurückgekommen ist und eine genaue
Beschreibung des ersten Entwurfs 1850 S. 854 geliefert hat,
können wir nun den übrigen Arbeiten, die uns in reicher Anzahl
rings umgeben, unsere Aufmerksamkeit zuwenden. Außer dem Kar-
ton „Karl der Große und Wittekind" sehen wir die verschiedenen
Farbenskizzen der im Neuen Museum nach einander ausgeführten
historischen Gemälde, unter denen die der „Hunnenschlacht" als die
neueste besonders beachtenswerth. Die großen Schwierigkeiten, welche
die Uebertragung der geisterhaften Komposition in Farbe darbieten
mußte, sehen wir hier mit Meisterschaft überwunden und die Zwei-
fel, die sich hie und da dem Beschauer des ergreifenden Kartons in
Raczinskh's Galerie über die Möglichkeit, ohne Verletzung der tief-
poetischen Wirkung den eigenthümlichen Zauber auch in der Farbe
zu vollständiger Geltung zu bringen, aufdrängen mußten, erscheinen
vollständig besiegt. Durch ein übernatürliches magisches Mond- und
Sonnenlicht erhellt, Letzteres von dem Kreuze ausgehend, sehen wir
die geisterhaften Schaaren emporsteigen und gleich mächtigen Traum-
gestalten schweben die Kämpfenden unter den erschlagenen und zu
neuem Streite erwachenden Leibern. Durch den bläulich nebelhaften
Ton, welcher die Färbung des ganzen Gemäldes durchdringt, ist es
gelungen, den Beschauer hinauszutragen über die Grenzen der irdi-
schen Wirklichkeit und ihn augenblicklich in jene sagenhafte Stimmung
zu versetzen, die hier für die richtige Empfindung und das Verständ-
niß der ganzen Darstellung nothwendig ist.

Unter einer großen Anzahl von Probedrücken sehen wir die drei
ersten Blätter der Shakespeare-Galerie, enthaltend die Darstellungen
aus Macbeth, deren genauere Beschreibung wir im D. Kunstblatt
1853 Nr. 13 bereits gegeben haben; neben diesen den vortrefflichen
Stich „Homer und die Griechen" von E. Eichens und eine Reihe
von Probeblättern der neuen Cotta'schen Volksausgabe des „Reinecke
Fuchs", die, von I- Schnorr in Stuttgart auf Holz gezeichnet und

in Schnitt und Druck mit großer Vollendung behandelt, demnächst

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