hemet Sokologli. Mag nun auch hier und da die historische Kritik
noch manches Feld zu zweifeln und genauerere Feststellungen finden,
so ist schon die Mannigfaltigkeit der Formen, der Reichthum der
Erfindungen zu Schutz und Zierrath vielleicht einzig in seiner Art,
und namentlich für den Geschichtsmaler eine unerschöpfliche Fund-
grube. Nun kommt aber zu den Rüstungen, 143 an der Zahl, eine
Reihe von nicht weniger als zwölfhundert Bildnissen hoher und be-
rühmter Personen; es kommt dazu eine prachtvolle Vereinigung
mittelalterlicher Gesäße und Geräthschaften, mannigfach in Form und
Zweck, wie im Material, ausgezeichnet durch kunstreiche Arbeit und
treffliche Erhaltung, an der Spitze jenes kostbare Salzfaß, das Ben-
venuto Cellini für Franz I. angefertigt; Glas- und andere Ge-
mälde von Werth; Seltenheiten jeglicher Art, wie sie Laune und
Bedürfniß der Vorzeit gesucht und hervorgebracht. Und auch hier
ist neben dem Reichthum an speziell österreichischen und Habsburgi-
schen Erinnerungen für das allgemeine, künstlerische wie historische
Interesse aufs Vielseitigste gesorgt, sprudelt hier eine Quelle der
Erkenntniß für Leben und Kunst des Mittelalters, wie kaum irgendwo
eine reichere eröffnet sein dürfte.
Wir können nach diesem flüchtigen Durchblick kurz sein über
den vielfachen geistigen Gewinn, den eine Sammlung dieser Art
bringen kann und wird. Die Phantasie des Künstlers, der Wissens-
drang des Geschichtsforschers, der Geschmack und der Erfindungs-
tricb des Industriellen werden dort gleichzeitig Anreiz und Nahrung
finden, ja unmerklich wie Thau, aber eben so fruchtbar wird sich
ästhetische und allgemeine Bildung von dort den weitesten Kreisen
mittheilen. Wer Wiens neuestes Fortschreiten kennt, wird zugestehen,
daß wir hier nicht von bloßen Möglichkeiten gesprochen haben. —
Aber ebenso wird auch für jeden denkenden Leser eine Andeutung
über die große und Haupt-Bedingung genügen, unter der einzig
und allein der Schatz zu heben, jener mannigfache Gewinn zu er-
obern ist. Nur auf dem Hintergrund einer großen Stadt, in einem
Mittelpunkt staatlicher und allgemeiner Entwicklung, wo tausend
geistige und materielle Strömungen ausgeheu und zurückkehrcn, sich
kreuzen und in einander münden, — nur da kann eine Sammlung,
wie die Ambraser, das völlig sein, was sie ist. Bibliotheken, Ar-
chive, Bildergalerien müssen sie umgeben, sie ergänzen und von ihr er-
gänzt werden. Ihr Studium muß in lebendigem Zusammenhang
fein dürfen mit jedem andern; es muß nicht ausschließlich der Haupt-
zweck Weniger, es muß auch allezeit ein Nebenzweck von Tausenden
sein können. Nicht allein die Theilnahme eines großen und vielartig! in Erwägung gezogen zu haben,
gebildeten Publikums, der Andrang schau- und wißbegieriger Rei-
sender, wie beides allein die große, die Hauptstadt herbeiführt,
sondern auch, und mehr noch, die Vereinigung gelehrter und künst-
lerischer Potenzen, die nicht minder hier allein möglich ist, gehören
mit einem solchen Schatze zusammen, sind ihm ebenso nothwcndig,
als er ihnen.
Wir möchten keineswegs überall und immer dem Prinzip
der Centralisation das Wort reden, so tief sie im Wesen der Mo-
narchie, ja jedes geordneten größeru Staateulebens begründet ist, so
tief ihre Wichtigkeit grade für den österreichischen Gesammtstaat von
seinen dermaligen Lenkern erfaßt wird. Wenn sie aber irgendwo
segensreich und nothwendig für ein kräftiges Gedeihen genannt wer-
den muß, so ist's in Wissenschaft und Kunst. Ganz anders ent-
wickeln sich Beider Kräfte im Drang einer gewaltigen Konkurrenz,
im elektrischen Zusammenstoß der mannigfachsten geistigen und poli-
tischen Elemente, unter dem Flügelschlag und Anhauch eines großen
Herrscherthums. So war es immer, — aber so wird es immer
mehr mit der steigenden Universalität der modernen Bildung.
Wohl mochte in der Vorzeit noch die stille Klosterzelle, der enge
Erker des reichstädtischen Bürgerhauses den großen Gelehrten, den
bewunderten Künstler zur Reife bringen; aber das ist vorbei. Wer
mit will, muß mitten in den Strom des allgemeinen Lebens und
Ringens hinein, darf nicht irgendwo in einer stillen Biegung des
Ufers bleiben; und was jetzt leuchtet, muß leuchten für alle Welt.
Es war nicht bloßer Scherz, wenn wir es oben nicht für gleichgül-
tig wollten gelten lassen, ob der reisende Kunstfreund die Schätze
von Ambras im Belvedere zu Wien oder dreiviertel Stunden von
Iuspruck aufzusuchen habe, es ist eben so wenig einer, wenn wir in
die Verlegung derselben nicht allein einen Verlust für Wien, sondern
auch für den Kaiserstaat, nicht für diesen nur, auch für Deutschland,
ja für die ganze gelehrte und künstlerische Welt erblicken. Und die-
ser Verlust — steht wirklich mit ihm im Gleichgewicht der Gewinn,
den Tyrol, den Inspruck von der projektirteu Aufstellung zu Ambras
haben sollen? Wir sagten im Allgemeinen schon, warum wir es be-
zweifeln, ohne damit dem dortigen künstlerischen und wissenschaftlichen
Streben im Mindesten zu nahe treten zu wollen. Aber werden doch
auch Tyrols aufkeimende Talente, Tyrols wissensdurstige junge Gei-
ster in der Hauptstadt die Nahrung und innere wie äußere Förde-
rung suchen und finden, deren sie bedürfen, und wahrlich, die Wun-
der von Ambras werden ihnen dort nicht verloren sein. Und wenn
sie nicht vergessen (warum sollten sie auch?), daß ein Fürst Tyrols
jene Schätze zuerst vereinte, so werden sie sich auch mit gerechtem
Stolze erinnern, daß sie nicht allein Tyroler, daß sie auch Mitglie-
der der großen österreichischen Völkerfamilie sind, die in Wien ihren
Mittelpunkt, in dem ruhmvollen Haus Habsburg ihr Palladium hat;
sie werden fühlen, daß Tyrol das mitbesitzt, was Wien, was
Oesterreich angehört.
Offen gesagt, wir haben uns (und sicher nicht wir allein!) lange
Zeit die Gründe nicht vorstellen können, die gegenüber den wichtigen
Vortheilen des Verbleibens in Wien, wie wir sie oben angedeutet,
den Plan der Znrückverlegung nach Ambras hervorgerufen haben,
und die schon wegen der unleugbar bedeutenden Schwierigkeiten und
Kosten schwerlich rein administrative sein konnten. Wir vermochten
uns, sagen wir, diese Gründe nicht vorzustellen, bis ein gelehrter
Freund uns unterrichtete, daß es sich gewissermaßen um eine Rechts-
frage handle. Es hat sich nämlich seit einiger Zeit die Ansicht
geltend gemacht, daß die Sammlung ein Landeseigenthum der ge-
fürsteten Grafschaft Tyrol und daher an dieselbe zurückzugeben sei;
und sicher macht es dem Gerechtigkeitssinne der kaiserlichen Regie-
rung die höchste Ehre, die Sache auch von diesem Gesichtspunkt ans
Soweit wir indeß, bereitwilligst von geschichts- und rcchtskun-
igen Freunden unterstützt, uns über dieselbe zu unterrichten gesucht
haben, liegt sie ganz anders. Vor Allem: die Sammlung ist ein
kaiserlicher Hans-, nicht ein (tyrolischer) Landes-Schatz (Siehe die
Beschreibung des Baron von Secken, I, 25, 27) und diesen Um-
stand allein hat es Ocstreich inclusive Tyrol zu verdanken, daß sie
gegenwärtig in österreichischen Landen, statt in — München ist.
Denn hätte sie dem Lande gehört, sie würde ohne Zweifel mit
dem letztern im Preßburger Frieden an Bayern gekommen sein.
Wer möchte behaupten, daß dies dem Wunsch des fürstlichen Stif-
ters, sie in Tyrol bewahrt zu wissen, entsprechender gewesen wäre,
als ihre damalige Uebersiedlung ins Belvedere? Aber schon in weit
früheren Perioden uub ohne äußere Nöthigung durch Krieg oder
Vertrag hat man kein Bedenken gehabt, die zur Sammlung gehöri-
gen Handschriften und Münzen, (jene schon 1665, diese 1713 und
1784) zum größten Theil von ihr zu trennen und resp. der Hofbibliothek
und dem kaiserlichen Münzcabinet einzuverleiben; Beweis genug, daß
man sich schon damals dazu im vollem Recht, sowie daß man die
genannten wissenschaftlichen Schätze fruchtbringender in Wien, als zu
Ambras glaubte. Wird man auch sie wieder zurückwandern lassen?
noch manches Feld zu zweifeln und genauerere Feststellungen finden,
so ist schon die Mannigfaltigkeit der Formen, der Reichthum der
Erfindungen zu Schutz und Zierrath vielleicht einzig in seiner Art,
und namentlich für den Geschichtsmaler eine unerschöpfliche Fund-
grube. Nun kommt aber zu den Rüstungen, 143 an der Zahl, eine
Reihe von nicht weniger als zwölfhundert Bildnissen hoher und be-
rühmter Personen; es kommt dazu eine prachtvolle Vereinigung
mittelalterlicher Gesäße und Geräthschaften, mannigfach in Form und
Zweck, wie im Material, ausgezeichnet durch kunstreiche Arbeit und
treffliche Erhaltung, an der Spitze jenes kostbare Salzfaß, das Ben-
venuto Cellini für Franz I. angefertigt; Glas- und andere Ge-
mälde von Werth; Seltenheiten jeglicher Art, wie sie Laune und
Bedürfniß der Vorzeit gesucht und hervorgebracht. Und auch hier
ist neben dem Reichthum an speziell österreichischen und Habsburgi-
schen Erinnerungen für das allgemeine, künstlerische wie historische
Interesse aufs Vielseitigste gesorgt, sprudelt hier eine Quelle der
Erkenntniß für Leben und Kunst des Mittelalters, wie kaum irgendwo
eine reichere eröffnet sein dürfte.
Wir können nach diesem flüchtigen Durchblick kurz sein über
den vielfachen geistigen Gewinn, den eine Sammlung dieser Art
bringen kann und wird. Die Phantasie des Künstlers, der Wissens-
drang des Geschichtsforschers, der Geschmack und der Erfindungs-
tricb des Industriellen werden dort gleichzeitig Anreiz und Nahrung
finden, ja unmerklich wie Thau, aber eben so fruchtbar wird sich
ästhetische und allgemeine Bildung von dort den weitesten Kreisen
mittheilen. Wer Wiens neuestes Fortschreiten kennt, wird zugestehen,
daß wir hier nicht von bloßen Möglichkeiten gesprochen haben. —
Aber ebenso wird auch für jeden denkenden Leser eine Andeutung
über die große und Haupt-Bedingung genügen, unter der einzig
und allein der Schatz zu heben, jener mannigfache Gewinn zu er-
obern ist. Nur auf dem Hintergrund einer großen Stadt, in einem
Mittelpunkt staatlicher und allgemeiner Entwicklung, wo tausend
geistige und materielle Strömungen ausgeheu und zurückkehrcn, sich
kreuzen und in einander münden, — nur da kann eine Sammlung,
wie die Ambraser, das völlig sein, was sie ist. Bibliotheken, Ar-
chive, Bildergalerien müssen sie umgeben, sie ergänzen und von ihr er-
gänzt werden. Ihr Studium muß in lebendigem Zusammenhang
fein dürfen mit jedem andern; es muß nicht ausschließlich der Haupt-
zweck Weniger, es muß auch allezeit ein Nebenzweck von Tausenden
sein können. Nicht allein die Theilnahme eines großen und vielartig! in Erwägung gezogen zu haben,
gebildeten Publikums, der Andrang schau- und wißbegieriger Rei-
sender, wie beides allein die große, die Hauptstadt herbeiführt,
sondern auch, und mehr noch, die Vereinigung gelehrter und künst-
lerischer Potenzen, die nicht minder hier allein möglich ist, gehören
mit einem solchen Schatze zusammen, sind ihm ebenso nothwcndig,
als er ihnen.
Wir möchten keineswegs überall und immer dem Prinzip
der Centralisation das Wort reden, so tief sie im Wesen der Mo-
narchie, ja jedes geordneten größeru Staateulebens begründet ist, so
tief ihre Wichtigkeit grade für den österreichischen Gesammtstaat von
seinen dermaligen Lenkern erfaßt wird. Wenn sie aber irgendwo
segensreich und nothwendig für ein kräftiges Gedeihen genannt wer-
den muß, so ist's in Wissenschaft und Kunst. Ganz anders ent-
wickeln sich Beider Kräfte im Drang einer gewaltigen Konkurrenz,
im elektrischen Zusammenstoß der mannigfachsten geistigen und poli-
tischen Elemente, unter dem Flügelschlag und Anhauch eines großen
Herrscherthums. So war es immer, — aber so wird es immer
mehr mit der steigenden Universalität der modernen Bildung.
Wohl mochte in der Vorzeit noch die stille Klosterzelle, der enge
Erker des reichstädtischen Bürgerhauses den großen Gelehrten, den
bewunderten Künstler zur Reife bringen; aber das ist vorbei. Wer
mit will, muß mitten in den Strom des allgemeinen Lebens und
Ringens hinein, darf nicht irgendwo in einer stillen Biegung des
Ufers bleiben; und was jetzt leuchtet, muß leuchten für alle Welt.
Es war nicht bloßer Scherz, wenn wir es oben nicht für gleichgül-
tig wollten gelten lassen, ob der reisende Kunstfreund die Schätze
von Ambras im Belvedere zu Wien oder dreiviertel Stunden von
Iuspruck aufzusuchen habe, es ist eben so wenig einer, wenn wir in
die Verlegung derselben nicht allein einen Verlust für Wien, sondern
auch für den Kaiserstaat, nicht für diesen nur, auch für Deutschland,
ja für die ganze gelehrte und künstlerische Welt erblicken. Und die-
ser Verlust — steht wirklich mit ihm im Gleichgewicht der Gewinn,
den Tyrol, den Inspruck von der projektirteu Aufstellung zu Ambras
haben sollen? Wir sagten im Allgemeinen schon, warum wir es be-
zweifeln, ohne damit dem dortigen künstlerischen und wissenschaftlichen
Streben im Mindesten zu nahe treten zu wollen. Aber werden doch
auch Tyrols aufkeimende Talente, Tyrols wissensdurstige junge Gei-
ster in der Hauptstadt die Nahrung und innere wie äußere Förde-
rung suchen und finden, deren sie bedürfen, und wahrlich, die Wun-
der von Ambras werden ihnen dort nicht verloren sein. Und wenn
sie nicht vergessen (warum sollten sie auch?), daß ein Fürst Tyrols
jene Schätze zuerst vereinte, so werden sie sich auch mit gerechtem
Stolze erinnern, daß sie nicht allein Tyroler, daß sie auch Mitglie-
der der großen österreichischen Völkerfamilie sind, die in Wien ihren
Mittelpunkt, in dem ruhmvollen Haus Habsburg ihr Palladium hat;
sie werden fühlen, daß Tyrol das mitbesitzt, was Wien, was
Oesterreich angehört.
Offen gesagt, wir haben uns (und sicher nicht wir allein!) lange
Zeit die Gründe nicht vorstellen können, die gegenüber den wichtigen
Vortheilen des Verbleibens in Wien, wie wir sie oben angedeutet,
den Plan der Znrückverlegung nach Ambras hervorgerufen haben,
und die schon wegen der unleugbar bedeutenden Schwierigkeiten und
Kosten schwerlich rein administrative sein konnten. Wir vermochten
uns, sagen wir, diese Gründe nicht vorzustellen, bis ein gelehrter
Freund uns unterrichtete, daß es sich gewissermaßen um eine Rechts-
frage handle. Es hat sich nämlich seit einiger Zeit die Ansicht
geltend gemacht, daß die Sammlung ein Landeseigenthum der ge-
fürsteten Grafschaft Tyrol und daher an dieselbe zurückzugeben sei;
und sicher macht es dem Gerechtigkeitssinne der kaiserlichen Regie-
rung die höchste Ehre, die Sache auch von diesem Gesichtspunkt ans
Soweit wir indeß, bereitwilligst von geschichts- und rcchtskun-
igen Freunden unterstützt, uns über dieselbe zu unterrichten gesucht
haben, liegt sie ganz anders. Vor Allem: die Sammlung ist ein
kaiserlicher Hans-, nicht ein (tyrolischer) Landes-Schatz (Siehe die
Beschreibung des Baron von Secken, I, 25, 27) und diesen Um-
stand allein hat es Ocstreich inclusive Tyrol zu verdanken, daß sie
gegenwärtig in österreichischen Landen, statt in — München ist.
Denn hätte sie dem Lande gehört, sie würde ohne Zweifel mit
dem letztern im Preßburger Frieden an Bayern gekommen sein.
Wer möchte behaupten, daß dies dem Wunsch des fürstlichen Stif-
ters, sie in Tyrol bewahrt zu wissen, entsprechender gewesen wäre,
als ihre damalige Uebersiedlung ins Belvedere? Aber schon in weit
früheren Perioden uub ohne äußere Nöthigung durch Krieg oder
Vertrag hat man kein Bedenken gehabt, die zur Sammlung gehöri-
gen Handschriften und Münzen, (jene schon 1665, diese 1713 und
1784) zum größten Theil von ihr zu trennen und resp. der Hofbibliothek
und dem kaiserlichen Münzcabinet einzuverleiben; Beweis genug, daß
man sich schon damals dazu im vollem Recht, sowie daß man die
genannten wissenschaftlichen Schätze fruchtbringender in Wien, als zu
Ambras glaubte. Wird man auch sie wieder zurückwandern lassen?