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als Photographie, aber in der Composition zurückzustehen, die etwas ge-
sucht ist. Schon das Arrangement, aus dem sie liegt, aber nicht dies al-
lein erinnert zu sehr an den Modelltisch, und das Naive, Natur-unmit-
telbare der andern Blätter tritt zurück.
Sollten denn nun wirklich, wird Mancher fragen, Blätter dieser Art
• nicht der Kunst Abbruch thun, da sie in der Composition gegen so
manches Kunstwerk nicht Zurückbleiben, in der Ausführung, (oder was man
bei Bildern so nennt, nämlich im Detail) es ohne Zweifel übertreffen?
Gewiß würden sie's, wenn sie nicht eben selbst — kleine Kunstwerke wä-
ren. Sind doch am Ende.Pinsel und Farben eben so gut mechanischer
Apparat, als die Jodplatte und die „dunkle Kammer"; aber was einem
Erzeugnis der letzteren künstlerischen Reiz giebt, — ist es denn nicht
dasselbe Gefühl für harmonische Linien, für malerische Contraste von Licht
und Schatten, für angemessene Stellung und charakteristische Situation,
das auch der Maler mit Farben nicht entbehren kann, wenn er mehr als
ein Handwerker sein will? Sagen wir es nur grade heraus, die Hand-
werker unter den Künstlern sind es, die das Lichtbild zu fürchten haben,
die soi-disant Künstler ohne Gedanken und Erfindung. „Geht uns," darf
die Gegenwart sagen, „mit Euren seelenlosen Portraits, Euren stimmungs-
losen Veduten, Euren gedankenlosen, zehnmal wiedergekäueten Genrebildern,
an denen, Wenns hoch kommt, Atlasroben und Plüschteppiche das Beste
sind:, das Alles macht der Photograph besser als Ihr, und billiger!"
Und verlaßt Euch darauf: sie sagt es!
Wir hatten neulich das Vergnügen, ein wenig — ausgelacht zu wer-
den, als wir zwischen Scherz und Ernst behaupteten, die Photographie
werde mit der Zeit in der Kunst das Ideale fördern. „Ich bitte Sie!"
riefen Herren und Damen, „was kann realistischer sein, als das Licht-
bild?!"— „Gerade deshalb," war unsre Antwort. Es kann und wird
uns zeigen, worin die Kunst nichl besteht. Die Künstler werden es müde
werden, mit ihm in Dingen zu concurriren, wo sie stets durch eine rein
mechanische Operation zu überwinden sind. Sie werden fick seiner als
Hülssmittel bedienen, sie werden für das Wie unaufhörlich von ihm
lernen, von der fixirten Natur gleichsam, wie von der beweglichen (wie
der Bildner nach dem über Natur geformten Gyps), aber sie werden ihre
Stärke in Dem suchen, was nicht der Sonnenstrahl dem Menschen zu-
vor, wohl aber der menschliche Geist dem göttlichen nach thun kann —
in freier Schöpfung. Und werden sie's nicht, setzen wir hinzu, so soll-
ten sie's doch.
Wir haben schon gesagt, daß wir das photographische Album der
Frau Bette für eine sehr glückliche Idee halten, und mehr als Ein Künst-
ler verschiedenster. Richtung ist, wie wir hören, unsrer Meinung. Aber
auch für das große Publikum empfiehlt es sich als eine eben so originelle
und anziehende, als — warum sollten wir dies übergehen — leicht zu be-
sitzende Gabe. (Jede Lieferung, monatlich zu drei Blättern erscheinend,
kostet nur Einen Thaler.) Das erste Heft liegt bereits im Lokal des
Kunstvereins aus, aber auch ein Gang in die Werkstatt oder doch an die
— Schau-Kästen der Herausgeberin (Unter 'den Linden Nr. 5) würde
Vielen nicht unbelohnend sein. Wir haben für künstlerisches Arrangement
von Portraitbildern, jedes Alters und Geschlechts, selten so viel Geschmack
und Mannigfaltigkeit vereint gesehen, und halten es für eine angenehme
Pflicht, dies zu sagen. P. M. !
% t i t ti n g. ■
|sj JtlÜltdjCIt. Crawford's „Washington". Die Schaustellung von
Crawford's „Washington" lockte-in diesen Tagen eine große Anzahl Menschen
nach Miller's Erzgießerei, und das große Kunstwerk verdiente diese Auszeich-
nung. Die Ausstellungen, welche der Correspondent der Allgem. Zeitung dagegen
erhebt, sind zwar zum Theil begründet, und namentlich nmß zugestanden werden,
daß dem Streben nach Ausdruck und Effekt mehr von der rein forinellen Schön-
heit geopfert ist, als es bei plastischen Kunstwerken der Fall sein sollte. Aber der
Totaleindrnck der Statue ist nichtsdestoweniger ein höchst imposanter und läßt
die Einwürfe der Kritik nicht so leicht anfkommen. Die Idee des Künstlers
scheint die gewesen zu sein, in Washington zugleich den Führer und Bändiger
der Revolution darzustellen, und dieser Gedanke ist durch die Haltung des einer-
seits auf- und vorwärtsstrebenden, andererseits kräftig zurückgehaltenen und eben
dadurch festen Fuß gewinnenden Pferdes, so wie durch den Gegensatz zwischen
dem wilden Feuer des Pferdekopfs und der ruhigen Energie im Angesicht des
Reiters nicht nur vollkommen deutlich und entsprechend, sondern auch so ansge-
drückt, daß sich der Dualismus zu einer wirklichen Harmonie und Einheit ge-
staltet. Den günstigsten Eindruck macht das Werk, wenn der Beschauer seinen
Standpunkt so vor demselben nimmt, daß sich dasselbe ihm zur Linken befindet;
von der anderen Seite besehen erscheinen die Contouren des Pferdes und beson-
ders die Haltung des gegen den Boden gestemmten Vorderfußes ein wenig hart
und vermögen den Formensinn als solchen nicht zu befriedigen. Der Guß ist
vortrefflich gelungen; der goldähnliche Glanz der schönen Bronze trägt nicht we-
nig zum überwältigenden Effekt des Ganzen bei.
tltflU. Aus der Werkstatt des Bildhauers Fabris, Direktors der päbst-
lichen Akademie der Künste, ward gestern das letzte Stück einer in kolossalem
Maßstab modellirten Gruppe nach Ripa Grande gebracht, um in Civitavecchia
nach St. Petersburg eingeschifft zu werden. Seit vielen Jahren ward hier nichts
Aehnliches gesehen, denn der Koloß überragt bei weitem selbst Crawfords
Washington-Denkmal. Er stellt den Athleten Milo von Croton in seinen letzten
Augenblicken dar. Milo, der in der fünfzigsten Olympiade in den Spielen zu
Delphi Sieger war, soll eine so übermenschliche Stärke besessen haben, daß er
einen lebendigen Ochsen auf seinen Schultern durch die Arena trug und mit sei-
ner Faust tödtete. Als er bei vorgerücktem Alter, nachdem er die Kunst schon
bei Seite gelegt, auf der Reise am Wege einen wahrscheinlich vom Blitze theil-
weise gespaltenen Eichbaum bemerkte, wandelte ihn die Lust an, den Baum
gänzlich auseinander zu reißen. Doch die Kräfte schwanden während der An-
strengung, sein Arm ward in der sich schließenden Ritze eingeklemmt und er ward
so gefesselt die Beute eines herzustürzenden wilden Thiers. Die Stadt Rom
wollte die Gruppe schon vor sechszehn Jahren für den Monte Pincio in Mar-
mor ausführen lassen, doch die Kosten schreckten davon zurück. Die kais. russische
Regierung, welcher der Künstler das Modell schenkte, wird es nun in St. Pe-
tersburg in Bronze gießen und dort anfstellen lassen. Sie machen sich vielleicht
einen Begriff von seiner Größe, wenn ich bemerke, daß der bloße Transport
vom Atelier nach Ripa Grande und von da nach Civitavecchia über 4000 Thlr.
kostete.' ‘ (V. Z.)
NI. A tNldon. Sie haben wohl schon in englischen Blättern die interessante
! Mittheilung gelesen, daß die Stadt Manchester eine Ausstellung von Kunstschätzen
in einem so großartigen Maßstabe ins Leben rufen will, wie dies in England
noch niemals der Fall war.
England ist ein Land, in dem für die Verbreitung des Kunstsinns unter
dem Volke, noch wenig geschehen ist. Dies liegt nicht etwa darin, daß es arm
an großen Kunstwerken wäre, — im Gegentheil, es giebt wohl kein Land, wo
jährlich eine größere Summe in Sammlungen von Knnstgegenständen angelegt
würde, als gerade England, aber diese Schätze befinden sich meist in den Händen
von- Privaten, wodurch sie natürlich für den größeren Theil des Publikums un-
zugänglich sind, während die öffentlichen Galerien vergleichsweise gegen die an-
derer Länder arm und von geringer Bedeutung sind. Da man gewöhnlich
glaubt, daß London England so repräsentirt, wie Paris Frankreich, so bringt der
Besucher sicherlich keine hohe, wenigstens keine richtige Meinung von den Knnst-
schätzen des Landes mit nach Hause, wenn er die Londoner Galerien besucht hat,
denn Wenige wissen, daß die besten Kunstwerke über ganz England zerstreut sind,
und sich meist in den Händen der Großen des Landes befinden, die ihre, mit so
verschwenderischer Pracht und Reichthnm ansgestatteten Landsitze damit schmücken.
Manchester nun hat es unternommen, diese Schätze an das Licht zu ziehen,
und dem Volke diesen nationalen Reichthnm zu zeigen. Es ist von doppeltem
Interesse, daß gerade Manchester, diese Metropole der industriellen Welt, dieser
Hauptsitz des Fabrikwesens und geschäftlichen Verkehrs, eine Ausstellung in das
Leben rufen will, die Alles enthalten soll, was England von den edelsten
Schöpfungen des künstlerischen Genius besitzt. — Wir müssen nothwendig Ge-
wicht auf die Bezeichnung dieses großartigen nationalen Unternehmens „Aus-
stellung von Knnstschätzen" legen, denn mit richtigem Urtheil hat man erkannt,
in welcher Weise das Werk angelegt werden müsse, um das in letzter Zeit so
vielfach durch Kunst- und Industrie-Ausstellungen in Anspruch genommene In-
teresse der civilisirten Welt auf's Neue zu erregen. — WaS die „Industrie-Aus-
stellungen" anlangt, so ist ganz Manchester selbst eine permanente große Jndnstrie-
Ansstellung und fähig, mehr Belehrung zu geben, als aus dem ganzen Inhalt
irgend eines Glaspalastcs gewonnen werden kann. Wollte Manchester also nicht
gegen die Weltausstellungen von London, Dublin und Paris in großem Nach-
theil sein, mußte es nothwendig seinem Unternehmen einen neuen Charakter ge-
ben. Dies spricht sich auch in den Mittheilungen des bereits ernannten Comitös,
einem Briese des Prinzen Albert und den Worten des Prospektns ans, worin
es heißt, daß die Ausstellung nicht allein Oelgemälde, Aquarelle, Kupferstiche und
Photographien enthalten, sondern daß auch alle andern Zweige der Kunst und
des höheren Handwerks mit eingeschlossen sein sollen, z. B. „Skulptur in Stein,
als Photographie, aber in der Composition zurückzustehen, die etwas ge-
sucht ist. Schon das Arrangement, aus dem sie liegt, aber nicht dies al-
lein erinnert zu sehr an den Modelltisch, und das Naive, Natur-unmit-
telbare der andern Blätter tritt zurück.
Sollten denn nun wirklich, wird Mancher fragen, Blätter dieser Art
• nicht der Kunst Abbruch thun, da sie in der Composition gegen so
manches Kunstwerk nicht Zurückbleiben, in der Ausführung, (oder was man
bei Bildern so nennt, nämlich im Detail) es ohne Zweifel übertreffen?
Gewiß würden sie's, wenn sie nicht eben selbst — kleine Kunstwerke wä-
ren. Sind doch am Ende.Pinsel und Farben eben so gut mechanischer
Apparat, als die Jodplatte und die „dunkle Kammer"; aber was einem
Erzeugnis der letzteren künstlerischen Reiz giebt, — ist es denn nicht
dasselbe Gefühl für harmonische Linien, für malerische Contraste von Licht
und Schatten, für angemessene Stellung und charakteristische Situation,
das auch der Maler mit Farben nicht entbehren kann, wenn er mehr als
ein Handwerker sein will? Sagen wir es nur grade heraus, die Hand-
werker unter den Künstlern sind es, die das Lichtbild zu fürchten haben,
die soi-disant Künstler ohne Gedanken und Erfindung. „Geht uns," darf
die Gegenwart sagen, „mit Euren seelenlosen Portraits, Euren stimmungs-
losen Veduten, Euren gedankenlosen, zehnmal wiedergekäueten Genrebildern,
an denen, Wenns hoch kommt, Atlasroben und Plüschteppiche das Beste
sind:, das Alles macht der Photograph besser als Ihr, und billiger!"
Und verlaßt Euch darauf: sie sagt es!
Wir hatten neulich das Vergnügen, ein wenig — ausgelacht zu wer-
den, als wir zwischen Scherz und Ernst behaupteten, die Photographie
werde mit der Zeit in der Kunst das Ideale fördern. „Ich bitte Sie!"
riefen Herren und Damen, „was kann realistischer sein, als das Licht-
bild?!"— „Gerade deshalb," war unsre Antwort. Es kann und wird
uns zeigen, worin die Kunst nichl besteht. Die Künstler werden es müde
werden, mit ihm in Dingen zu concurriren, wo sie stets durch eine rein
mechanische Operation zu überwinden sind. Sie werden fick seiner als
Hülssmittel bedienen, sie werden für das Wie unaufhörlich von ihm
lernen, von der fixirten Natur gleichsam, wie von der beweglichen (wie
der Bildner nach dem über Natur geformten Gyps), aber sie werden ihre
Stärke in Dem suchen, was nicht der Sonnenstrahl dem Menschen zu-
vor, wohl aber der menschliche Geist dem göttlichen nach thun kann —
in freier Schöpfung. Und werden sie's nicht, setzen wir hinzu, so soll-
ten sie's doch.
Wir haben schon gesagt, daß wir das photographische Album der
Frau Bette für eine sehr glückliche Idee halten, und mehr als Ein Künst-
ler verschiedenster. Richtung ist, wie wir hören, unsrer Meinung. Aber
auch für das große Publikum empfiehlt es sich als eine eben so originelle
und anziehende, als — warum sollten wir dies übergehen — leicht zu be-
sitzende Gabe. (Jede Lieferung, monatlich zu drei Blättern erscheinend,
kostet nur Einen Thaler.) Das erste Heft liegt bereits im Lokal des
Kunstvereins aus, aber auch ein Gang in die Werkstatt oder doch an die
— Schau-Kästen der Herausgeberin (Unter 'den Linden Nr. 5) würde
Vielen nicht unbelohnend sein. Wir haben für künstlerisches Arrangement
von Portraitbildern, jedes Alters und Geschlechts, selten so viel Geschmack
und Mannigfaltigkeit vereint gesehen, und halten es für eine angenehme
Pflicht, dies zu sagen. P. M. !
% t i t ti n g. ■
|sj JtlÜltdjCIt. Crawford's „Washington". Die Schaustellung von
Crawford's „Washington" lockte-in diesen Tagen eine große Anzahl Menschen
nach Miller's Erzgießerei, und das große Kunstwerk verdiente diese Auszeich-
nung. Die Ausstellungen, welche der Correspondent der Allgem. Zeitung dagegen
erhebt, sind zwar zum Theil begründet, und namentlich nmß zugestanden werden,
daß dem Streben nach Ausdruck und Effekt mehr von der rein forinellen Schön-
heit geopfert ist, als es bei plastischen Kunstwerken der Fall sein sollte. Aber der
Totaleindrnck der Statue ist nichtsdestoweniger ein höchst imposanter und läßt
die Einwürfe der Kritik nicht so leicht anfkommen. Die Idee des Künstlers
scheint die gewesen zu sein, in Washington zugleich den Führer und Bändiger
der Revolution darzustellen, und dieser Gedanke ist durch die Haltung des einer-
seits auf- und vorwärtsstrebenden, andererseits kräftig zurückgehaltenen und eben
dadurch festen Fuß gewinnenden Pferdes, so wie durch den Gegensatz zwischen
dem wilden Feuer des Pferdekopfs und der ruhigen Energie im Angesicht des
Reiters nicht nur vollkommen deutlich und entsprechend, sondern auch so ansge-
drückt, daß sich der Dualismus zu einer wirklichen Harmonie und Einheit ge-
staltet. Den günstigsten Eindruck macht das Werk, wenn der Beschauer seinen
Standpunkt so vor demselben nimmt, daß sich dasselbe ihm zur Linken befindet;
von der anderen Seite besehen erscheinen die Contouren des Pferdes und beson-
ders die Haltung des gegen den Boden gestemmten Vorderfußes ein wenig hart
und vermögen den Formensinn als solchen nicht zu befriedigen. Der Guß ist
vortrefflich gelungen; der goldähnliche Glanz der schönen Bronze trägt nicht we-
nig zum überwältigenden Effekt des Ganzen bei.
tltflU. Aus der Werkstatt des Bildhauers Fabris, Direktors der päbst-
lichen Akademie der Künste, ward gestern das letzte Stück einer in kolossalem
Maßstab modellirten Gruppe nach Ripa Grande gebracht, um in Civitavecchia
nach St. Petersburg eingeschifft zu werden. Seit vielen Jahren ward hier nichts
Aehnliches gesehen, denn der Koloß überragt bei weitem selbst Crawfords
Washington-Denkmal. Er stellt den Athleten Milo von Croton in seinen letzten
Augenblicken dar. Milo, der in der fünfzigsten Olympiade in den Spielen zu
Delphi Sieger war, soll eine so übermenschliche Stärke besessen haben, daß er
einen lebendigen Ochsen auf seinen Schultern durch die Arena trug und mit sei-
ner Faust tödtete. Als er bei vorgerücktem Alter, nachdem er die Kunst schon
bei Seite gelegt, auf der Reise am Wege einen wahrscheinlich vom Blitze theil-
weise gespaltenen Eichbaum bemerkte, wandelte ihn die Lust an, den Baum
gänzlich auseinander zu reißen. Doch die Kräfte schwanden während der An-
strengung, sein Arm ward in der sich schließenden Ritze eingeklemmt und er ward
so gefesselt die Beute eines herzustürzenden wilden Thiers. Die Stadt Rom
wollte die Gruppe schon vor sechszehn Jahren für den Monte Pincio in Mar-
mor ausführen lassen, doch die Kosten schreckten davon zurück. Die kais. russische
Regierung, welcher der Künstler das Modell schenkte, wird es nun in St. Pe-
tersburg in Bronze gießen und dort anfstellen lassen. Sie machen sich vielleicht
einen Begriff von seiner Größe, wenn ich bemerke, daß der bloße Transport
vom Atelier nach Ripa Grande und von da nach Civitavecchia über 4000 Thlr.
kostete.' ‘ (V. Z.)
NI. A tNldon. Sie haben wohl schon in englischen Blättern die interessante
! Mittheilung gelesen, daß die Stadt Manchester eine Ausstellung von Kunstschätzen
in einem so großartigen Maßstabe ins Leben rufen will, wie dies in England
noch niemals der Fall war.
England ist ein Land, in dem für die Verbreitung des Kunstsinns unter
dem Volke, noch wenig geschehen ist. Dies liegt nicht etwa darin, daß es arm
an großen Kunstwerken wäre, — im Gegentheil, es giebt wohl kein Land, wo
jährlich eine größere Summe in Sammlungen von Knnstgegenständen angelegt
würde, als gerade England, aber diese Schätze befinden sich meist in den Händen
von- Privaten, wodurch sie natürlich für den größeren Theil des Publikums un-
zugänglich sind, während die öffentlichen Galerien vergleichsweise gegen die an-
derer Länder arm und von geringer Bedeutung sind. Da man gewöhnlich
glaubt, daß London England so repräsentirt, wie Paris Frankreich, so bringt der
Besucher sicherlich keine hohe, wenigstens keine richtige Meinung von den Knnst-
schätzen des Landes mit nach Hause, wenn er die Londoner Galerien besucht hat,
denn Wenige wissen, daß die besten Kunstwerke über ganz England zerstreut sind,
und sich meist in den Händen der Großen des Landes befinden, die ihre, mit so
verschwenderischer Pracht und Reichthnm ansgestatteten Landsitze damit schmücken.
Manchester nun hat es unternommen, diese Schätze an das Licht zu ziehen,
und dem Volke diesen nationalen Reichthnm zu zeigen. Es ist von doppeltem
Interesse, daß gerade Manchester, diese Metropole der industriellen Welt, dieser
Hauptsitz des Fabrikwesens und geschäftlichen Verkehrs, eine Ausstellung in das
Leben rufen will, die Alles enthalten soll, was England von den edelsten
Schöpfungen des künstlerischen Genius besitzt. — Wir müssen nothwendig Ge-
wicht auf die Bezeichnung dieses großartigen nationalen Unternehmens „Aus-
stellung von Knnstschätzen" legen, denn mit richtigem Urtheil hat man erkannt,
in welcher Weise das Werk angelegt werden müsse, um das in letzter Zeit so
vielfach durch Kunst- und Industrie-Ausstellungen in Anspruch genommene In-
teresse der civilisirten Welt auf's Neue zu erregen. — WaS die „Industrie-Aus-
stellungen" anlangt, so ist ganz Manchester selbst eine permanente große Jndnstrie-
Ansstellung und fähig, mehr Belehrung zu geben, als aus dem ganzen Inhalt
irgend eines Glaspalastcs gewonnen werden kann. Wollte Manchester also nicht
gegen die Weltausstellungen von London, Dublin und Paris in großem Nach-
theil sein, mußte es nothwendig seinem Unternehmen einen neuen Charakter ge-
ben. Dies spricht sich auch in den Mittheilungen des bereits ernannten Comitös,
einem Briese des Prinzen Albert und den Worten des Prospektns ans, worin
es heißt, daß die Ausstellung nicht allein Oelgemälde, Aquarelle, Kupferstiche und
Photographien enthalten, sondern daß auch alle andern Zweige der Kunst und
des höheren Handwerks mit eingeschlossen sein sollen, z. B. „Skulptur in Stein,