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Eggers, Friedrich [Hrsg.]
Deutsches Kunstblatt <Stuttgart>: Zeitschrift für bildende Kunst, Baukunst und Kunsthandwerk ; Organ der deutschen Kunstvereine &. &. — 7.1856

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https://doi.org/10.11588/diglit.1200#0443
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geistig verschmolzen mit dem Inhalt, macht sich zu sehr auf eigene lang und ausdrucksvoller Charakteristik der Gestalten. Mehrere

Hand geltend, um als höheres Kunstmittel zu wirken.

' militärische Studien in Aquarell, Eiuzelfiguren von preußischen Sol-

Bon A. Kaselowskh finden wir ein in der idealistischen daten der verschiedenen Waffengattungen, haben wir noch von
Weise raphaelischer Kunst behandeltes Bild „Mutterliebe," eine mit L. Burger, dem geistreichen Zeichner und Illustrator, zu nennen,
sorgfältiger Hand durchgeführte Einzelgestalt eines jungen Weibes, Darstellungen voll Leben und Frische.

die ihr Kind herzt; doch mangelt es der Darstellung an jener ein

Karl Becker, einer der beliebtesten unserer Gcnremaler, hat

fachen Naivetät und Absichtslosigkeit, welche unmittelbar ergreift. ; in eleganten Schilderungen behaglicher Lebenszustäude für sein schö-
Wie ganz anders berührt uns Ed. Meyerheim, der uuvergleich-( uc^, wenn gleich nicht sonderlich tiefes oder umsasseudes Talent,
licke Schilderer glücklichen Familienlebens, in seinen beiden Bildern das entsprechende Feld gefunden. Mit lebhaftem Sinn für die
„Guten Morgen, Vater!" und „Mutterfreuden." Hier ist jeder Farbe begabt, liebt er entschiedene, glänzende Koloritwirkungen in
Zug voll Wahrheit, Innigkeit und Schönheit, hier athmet das reinste seinen Bildern zu entfalten, weiß jedoch dabei das gegenseitige Ver-
Glück. Solche Bilder sind ein wahrer Schatz, und ein Volk, aus hältniß der Farben mit großem Geschick zu behandeln, die harmoni-
dcssen Mitte ein Mcyerheim — und setzen wir hinzu ein Ludwig sche Verbindung und Verschmelzung derselben durch feine Nüaneen und
Richter hervorgeht, ist in seinem Familienbewußtsein noch nicht so Uebergangstöne trefflich zu bewirken. Von einer maniristischen Ber-
verwahrloft, wie schwarzsichtige Theoretiker uns glauben machen irrnug, welche vor einiger Zeit ihn auf Abwege zu bringen drohte,
wollen. Es ist eine sittliche Schönheit in diesen kleinen Kunstwerken, und die sich in einer übertriebenen Karnation offenbarte, scheint er

die sie in die Reihe des Trefflichsten stellt, was unsere Malerei sich durch sorgfältigere Naturbeobachtung geheilt zu haben, denn die

hervorzubringen vermag. Auch I. G. Meyer aus Bremen ist in fünf diesmal von ihm ansgestellten Bilder zeigen ohne Ausnahme eine
einem ähnlichen Darstellungskreise heimisch, aus dem er diesmal im Allgemeinen naturgemäße Behandlung des Kolorits. Daß man neue
zwei neue Bildchen „Wirst Du endlich wach!" und „Großmutter und oder geistreiche Motive bei B. nicht suchen dürfe, beweisen indeß auch
Enkel" gebracht hat. Besonders das Letztere ist geeignet allgemein diese jüngsten Arbeiten. Abgegriffenere Stoffe als „die alte Zigeu-
anzusprechen, durch die treffliche Charakteristik, womit das gutmü- nerin, zweien jungen Damen wahrsagend" lassen sich nicht leicht er-
Ihige Ergötzen der Alten wiedergegeben ist, indem sie lächelnd dem denken, und der Maler hat es sich leider sogar versagt, irgend
kleinen Mädchen zuschaut, das die Procedur des Waschens mehr als eine interessante Wendung in die höchst gleichgültige Situation zu
Amüsement denn als Lebensanforderung zu betrachten scheint. Die bringen. Auch in der Zeichnung und Farbenstimmung vermissen

Ausführung ist so fein und zart, wie Dow oder van der Werff nur wir die erforderliche Feinheit. Dagegen ist das Bild „Der Schmuck-

immer gemalt haben.

Händler beim Senator" eine sehr vorzügliche Leistung, die mit Glück

Unter dein Titel „Wintervergnügen" stellte Professor Herbig sich dem historischen Charakter des 17. Jahrhunderts anschließt und

zwei junge Damen dar, welche auf spiegelglatter Eisfläche schlitt-
schuhlausend sich wiegen, in unmittelbarer Nähe gegen den Beschauer
sich bewegend. Im Hintergründe sieht man auf der einen Seite
einen Offizier, auf der andern einen jungen Mann in Civil her-
beieilen, sichtlich bemüht, die Damen einzuholen. Wollte der wür-
dige Diccdirektor der Akademie einen Beweis geben, daß seine Tech-
nik in der langen Zeit, da man kein Werk seiner Hand mehr ge-
sehen hat, den modernen Fortschritten nicht fremd geblieben sei, so
muß man gestehen, daß ihm dies gelungen ist.

Sein kürzlich aus Italien zurückgekehrter Sohn, W. Herbig,
hat mehrere lebensgroß gemalte Eiuzelfiguren^) ansgestellt, wie z. B.
..eine Trauernde aus dem Sabinergebirge," „Genzanerin im Fest-

einen schönen Nachklang der farbenprächtigen venetianischen Meister
jener Zeit gewährt. Besondere Aufmerksamkeit erregte ein bisher
unbekannter jüngerer Maler, Fr. Kraus mit einem kleinen Gen-
rebilde „Nach dem Frühstück," dessen feine, harmonische Wirkung,
dessen klares Helldunkel und solide Durchführung ihm den Rang
eines köstlichen anmnthigem Kabinetsstückes gab. Zwei junge Damen
in einem mit modernen Komfort eingerichteten Gemache, nach been-
digtem Frühstücke sich behaglicher Muße überlassend, indem die eine
am Kamine stehend aus einem Buche vorliest, die andere in elegant
nachlässiger Haltung sich vor dem traulich flackernden Feuer behag-
lich in einem Sessel wiegt, das ist Altes, aber dies Wenige ist mit
einer seltnen Feinheit in Durchdringung und Ausbildung der Motive
kostüm," „Italienische Fruchtverkäuferin." Der Künstler stützt sich zur Anschauung gebracht, mit zierlicher, und doch geistreich freier

auf getreues Spezialstudium der Natur und bemüht sich, in Auf-
fassung und Darstellung eine erhöhte Stimmung hervorzurnfen. Am
meisten ist ihm dies in dem zuerst genannten Bilde gelungen, das
mit Ernst und Verständnis; durchgeführt ist. Die Farbenbehand-
lung schwankt jedoch noch zwischen den Eindrücken verschiedener äl-
terer Schulen, und es ist zu wünschen, daß der junge Künstler
durch diese Uebergangsstadien sich zu einer selbstständigen Ausbil-
dung der Darstellungsinittel erhebe. Mehrere andere Künstler haben
ebenfalls Studien an Einzelfiguren ansgestellt. So Otto Heydeü
eine „Italienische Schnitterin" von großartiger Auffassung, warmer,
klarer Färbung und poetischem Eindruck, E. Arnold ein „Mar-
burger Bauermädchen, zu Markte gehend," höchst ansprechend durch
Frische und Naivetät, sowie durch ein gesundes, blühendes Kolorit,
G. Biermann einen „Italienischen Hirtenknaben," in einer ernsten,
an Leopold Robert erinnernden Auffassung und Farbengebung. Die
„Kartenlegerin" desselben Künstlers beweist sein nicht gewöhnliches
Talent für die Farbe, für die Darstellung von Lust und Licht mit
den feinen Abstufungen bis in dämmriges Helldunkel hinein; allein
es fehlt an einer geistigen Durchdringung des Stoffes, an Besee-

*) Ausführlicher besprochen S. 157 des lauf. Jahrg.

Pinselführung in einem sorgfältig abgewogenen Kolorit dargestellt.
Derselbe Künstler bewährte sich auch in einem männlichen Bildniß
(Kniestück in Lebensgröße) als tüchtigen Portraitmaler in schlichter
Auffassung, breiter, markiger Behandlung und kräftig wirksamer
Farbengebung.

Als einen der ansprechendsten Genremater haben wir noch
C. Cretius zu nennen, der seit der vorigen Ausstellung eine über-
raschende Wandlung seiner künstlerischen Auffassung erlebt zu haben
scheint. War er früher vergeblich bemüht, das italienische Volk
nach dem Vorgänge des unvergeßlichen Leopold Robert in seiner
idealen Schönheit zu schildern, wobei er in eine zu weiche, melan-
cholische Auffassung und Färbung sich verirrte, so hat er offenbar
seitdem in Darstellung der humoristischen Scenen des südlichen Volks-
lebens einen Stoffkreis gefunden, der seinem Talente besser zusagt.
Feine Beobachtung und geschickte Darstellung launiger Züge, dabei
ein naturwahres, frisches Kolorit und eine liebevolle Durchführung
bis in's kleinste Detail charakterisiren diese liebenswürdigen Bilder.
Der „Italienische Arzt," der „Winkel-Advokat in Rom" und der
„öffentliche Schreiber" sind ansprechende Zeugnisse durchaus gesunder
Richtung. Das anekdotische Interesse, welches sich an die vorge-
sührten Scenen knüpft, erhöht durch die feine Betonung des Cha-
 
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