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Eggers, Friedrich [Hrsg.]
Deutsches Kunstblatt <Stuttgart>: Zeitschrift für bildende Kunst, Baukunst und Kunsthandwerk ; Organ der deutschen Kunstvereine &. &. — 7.1856

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https://doi.org/10.11588/diglit.1200#0448
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435

von einer matt anfliegenden, in röthlicher Masse ansgeführten schwach vergolde-
ten Erhebung. Hervorstechend sind 50 Dessertteller. Gleich den großen Basen
mit vaterländischen Gegenständen und Geschickten bemalt, werden sie gewiß ihren
sinnreichen Zweck, einst beim frohen Male die junge Fürstin an ihre ferne Hei-
math zu erinnern, in wohlthuender Weise erfüllen. Krone und Namenszug der
hoben Besitzerin, welche in der Mitte jeder größeren Fläche angebracht sind,
drücken den Stempel ihrer königlichen Herkunft auf diese schönen Geräthe. —

Auch unter den übrigen Stücken der Ausstellung zeichnen sich nicht wenige
Gegenstände durch geschmackvolle Erfindung und Behandlung ans. So z. B.
eine Anzahl prächtiger Theeservice, gleich den oben genannten Schalen in ab-
wechselttd mattem und farbigem Stoffe und von den anmnthigsteu Formen. Bän-
der lobenswerth sind die älteren Nachahmungen der Antike. Mag durch diese
nicht mit hinreichender Feinheit dnrchgefiihlten Formen auch hie und da das
Auge eines Käufers befriedigt, ja entzückt werden, den geübteren, au den Fluß
hellenischer Linien gewöhnten Blick werden die willkürlichen auch noch so gering-
fügigen Abweichungen von den, allerdings auch im Alterthnm schon entstellten,

Mnstersormen verletzen. Diese halbe Nachahmung ist so schlimm, wie jede Halb-
heit; sie macht denselben Eindruck, wie eine halbverstandene Wahrheit ans den
denkenden Kopf, die Erzählung einer guten Geschichte ohne die Pointe aus den
witzigen Zuhörer.

— In dem neuen Verzeichnisse Nr. 28. der antiquar. Buchhandlung von
2. Stargardt in Berlin befinden sich sub Nr. 73 13 Spielkarten, wohl die ältesten
deutschen, aufgeführt. Sie sind mit dem Reiber gedruckt und befinden sich auch
mit einigen Varianten in der Knpserslichsammlnng des Köngl. Museums in Berlin
(aus der Nagler'schen Samml.). Der Besitzer hat ein Facsimile anfcrtigen lassen, das
er den sich dafür Jnteressirenden gern znr Disposition stellt. — In der letzten Ver-
sammlung der deutschen Gesellschaft in Berlin wurden über ein beim Buben
befindliches, schwerverstündliches Wort die verschiedensten Hypothesen ausgestellt.

— Se. Mas. der König haben geruht, dem Hofmaler Professor Ed. Hil-
debrandt den rothen Adlerorden dritter Klasse mit der Schleife zu verleihen.

Augsburg, 16. Nov. Als wir am 2. Mai d. I. die Mittheilung
machten, welche bedeutenden Kunstwerke unsere Sammlungen durch die gelungene
Restauration mehrerer Gemälde neu gewonnen haben, bemerkten wir zugleich,
daß der gewandte Meister, Herr Galerie-Conservator Eigner auch die Restau-
ration der Wandgemälde von Hans Bnrkmair (1514) am Hintergebäude
des Marimilians-Mnseums gegen die St. Anna-Gasse in Angriff nehme. Diese
6 großen Gemälde hatten durch den Einfluß der Witterung, durch die im Jahre
1825 vorgenommene Uebertünchung, und durch die spätere Abnahme dieser Tünche
so sehr gelitten, daß beinahe Jedermann gegen die Möglichkeit einer auch nur
theilweise genügenden Herstellung sehr wohl begründete Zweifel hegte. Man
weiß ja, wie sehr fast überall solche Restaurationen mißlungen sind, wie sie stets
fast jede Spur einer ursprünglichen Arbeit vertilgten. Man war also auch hier
zu Sorgen berechtigt, so sehr man die Meisterschaft Eigners auch anerkannte.

Die Einen sagten, da die Ueberreste, so wie sie erhalten, ungenießbar wären, und
ein treues Wiedcrbringen des Ganzen, das sich besonders durch den Zauber der

Farbe ausgezeichnet, unmöglich sein würde, sollte man lieber Alles wieder be- , . . ,., ., .—^ ^.gcuoncye uever-

decken; die Andern meinten, da die Ueberreste noch so herrliche Zeugnisse eines schwänglichkeit überwunden, die ewig dauernden Geistesgebilde geschaffen. So
großen Meisters der Augsburger Schule seien, sollte man sie erhalten, wie sie steht er da, im Mittelpunkte des Lichtes, selbstlenchtcnd. Athemlos lauschen die
sind, ohne Störung ihrer Originalität, damit man wenigstens theilweise anck von! Zuhörer seinen Worten. Tort sehen wir links, den Arm aufgestützt, den bie-

einem der Wandgemälde, mit denen Hans Bnrkmair so viele Gebäude in AngS- dern Dannecker, der mit den Worten des Dichters sein begeistertes lebendiges

bürg schmückte, eine treue Anschauung hätte. Die letztere Anschauung batte ge-, Bild in sich aüfznnehmen scheint, um es dereinst der Nachwelt zu erhalten. —

wiß Vieles für sich, fand aber keinen besonderen Anklang, da man das ruinöse Vom Rücken gesehen, die Laute in der Hand, sinnt Zumsteg den Weisen nach,

Denkmal an dem erneuerten schönen Gebäude nicht sehen zu können glaubte, mit welchen das Ränberlicd in alle Schichten des Volkes dringen sollte. Peter-
Eine dritte Ansicht hat vor allem mit Entschiedenheit Herr Conservator Eigner Isen und Hoven lehnen sich, aufmerksam horchend, aneinander, während vom
vertreten, indem er die Möglichkeit der Wiederherstellung vertheidigte und zur! Tische, über welchen er sich gebeugt, ein Vierter, vielleicht Heideloff, anfblickt.
That zu machen wagte. Ihm stimmte in edlem Vertrauen die ganze Verwal- Sie Alle gewahren die drohende Gefahr nicht. Denn in der langsam geöffneten
tung der Stadtgemeinde bei, und wies dem Meister sogleich die Mittel zur Aus-I Thür steht der durch den Aufseher: gerufene unerbittliche Herzog Karl Alexander,
führung au. Ungeachtet dieses Vertrauens und dieser Zuversicht hörte man doch ! welchen die gemüthliche Franziska vergebens zu begütigen sucht. — Die Gruppe
allenthalben die Ansicht anssprechen, es sei und bleibe dieses Unternehmen ein , znr Rechten hat den Eintretendeu mit Schrecken erkannt, welcher durch Schiller's
gefährliches Wagnis;. Auch wir deuteten in der bezeichneten Mittheilnng unsere ununterbrochenes Donnern „in tyranuos" noch gesteigert wird — vergebens
Besorgnis; an, und glaubten, es habe hier der berühmte Restaurator sich eine! sucht Scharsenstein seinen Redestrom zu hemmen, während der treue Anton
freiwillige Feuerprobe aufgeladen, die seinem Ruf beeinträchtigend werden könnte. I Joseph Koch bemüht ist, das übrige Mannscript unter dem Tische verschwin

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mtb wir freuen uns, das Ganze dann in würdiger Umrahmung und von ge-
höriger Entfernung ans betrachten zu können. (A. Z.)

J Dl eötU'll, 30. Nov. Die Literaturgeschichte ist erst in unseren Tagen
zlw Wissenschaft geworden, und in Wechselwirkung dazu steht, daß in unseren
Tagen mehr als je die stillwirkenden inneren Kräften beachtet werden und das
stehende Heer der Ideen in seiner organischen Bildung und in seinen Evolutionen
immer mehr und mehr die allgemeine Ueberschau und Schätzung gewinnt. Die
Kunst hat von dieser neuen Wissenschaft ihre eigenthümlichen Einwirkungen und
Bestimmungen erfahren. Das Leben der Dichter wurde vielfach zum Objekt von
Dramen und Romanen und überhaupt allerlei dichterischen Formen genommen.
So sehr man nun auch dagegen ankämpfen muß, daß die Dichrnng — die eine
stylvolle Wiedergabe des Lebens nach Maaßgabe allgemein nothwendiger oder
doch allgemein erkennbarer Motive sein -muß — sich im Heransheben an sich
eximirter und incommensurabler Zustände von ihrem eigentlichen Berufe ab-
weiche und zu einer kiinstlerischen Kunst werde, ebenso sehr ist nicht zu läugnen,
daß die bildende Kunst ans dieser neuen, dem allgemeinen Interesse nahegebrach-
ten Wissenschaft fruchtreiche Ergebnisse ziehen kann.

Es wäre wohl nicht unwichtig, einmal das Verhältniß der Naturgeschichte

znr bildenden Kunst zu betrachten. Heute nur fei auf ein ganz bestimmtes Er-
gebniß hingewiesen.

Die Geschichte der Heroen unseres Nationalgeistes gewinnt immer mehr und
in immer weiteren Kreisen eine uationalgeschichtliche Bedeutung. Die Darstellun-
gen ans dem Leben Schiller's und Göthe's sind, im besten Sinne des Worts,
Geschichtsbilder, wie sie eben nur der deutschen Nation eigen sein konnten.
Es ist daher nicht zufällig, daß, wie die immer mehr sich ausbreitende Literatur,
auch die bildende Kunst sich dieser Momente bemächtigen mußte, für die alle
deutschen Herzen gleich schlagen, so weit die deutsche Zunge klingt. Ueberall,
wo der Geist Schiller's und Goethe's das Herz bewegt, wird nun eine bildliche
Vergegenwärtigung ihres Lebens mit gleicher warmer Begeisterung ausgenommen
werden. Es war ein gewiß glücklicher Gedanke des ruhmvoll bekannten Malers
Theobald von Oer: den entscheidenden Wendepunkt im Leben Schiller's zum
Gegenstände einer lebenskenntlichen und meisterhaft grnppirten Darstellung zu
machen. Das Bild (die erste Vorlesung der „Räuber" von Schiller) hat bei
seiner Ausstellung in Dresden, Weimar und Berlin allgemeine und warme An-
erkennung gefunden, so daß oft der Wunsch ausgesprochen wurde: es möchte
durch Vervielfältigung bald ein Schmuck deutscher Familienstnben werden; so
wird nun die Erfüllung dieses Wunsches gewiß mit allgemeiner Freude erfaßt
werden. So eben ist das Gemälde von Theobald von Oer in treuer lithogra-
phirter Nachbildung von Moritz Golde (21 Zoll hoch 29 breit) erschienen.

Schiller liest eben einen der stürmischen Monologe Karl Moor's mit aller
Emphase, zu welcher sein jugendlich brausender Geist ihn Hinzureißen Pflegte.

Er steht in der Mitte des Bildes, hat die Uniform des Regimentsseldscheers
und seinen Degen abgelegt, wie als unmittelbares Zeichen, daß er jeglichen
Zwang, den seine Stellung ihm anfcrlegt, abgestteift hat; und seine ganze Ge-
stalt ist ein beredter Ausdruck des gewaltigen, in drangvoller Gährung befind-
lichen Geistes, der in ihm lebt, und der, nachdem er die erste jugendliche lieber-

r V-... * * • •

Hin so mehr freuen wir uns, nun sagen zu können, er habe seine Probe rühm
voll bestanden, und wir bringen ihm diesen öffentlichen Dank mit dem Gefühle
dar, mit dem er ihm von Seiten des Magistrats und mehrerer Kunstfreunde
so einstimmig und theilnehmend ausgesprochen wurde. Er hat seine Arbeit ge-
stern vollendet. Eigner wußte die Vorzüge und Mängel des Meisters mit glei-
cher Liebe und Sorgfalt zu erforschen, jede Spur ihrer Kundgebung zu verfolgen
und so die völlige Wiedertringung der Eigenthümlichkeiten des Meisters zu er-

den zu lassen; und ein Dritter, wohl der junge Wolzogen, sprachlos vor
Schrecken den Punschlöffel in der Hand hält.

Nach dieser Katastrophe rettete Schiller sich und seinen Genius durch die
Flucht vor schwer drohender Gefahr und schuf fortan in selbstständiger Unab-
hängigkeit jene Werke, die zu den edelsten Besitzthttmern der deutschen Nation
für alle Zeiten gehören.

Da« vorliegende Bild zeigt Schiller auf dem entscheidenden Wendepunkte,

reichen. Da das ganze Gebäude außer den sechs Gemälden, welche in höchst! und gewährt an sich durch den bedeutsamen Inhalt, wie durch die reine künst-
naiver Weise sechs Hauptbeschäftigungsarten der Menschen darftellen, noch mit : lerische Ausführung ein bleibendes Interesse für die tausend und abertausend
Ornamenten bedeckt war, und diese im künfttgen Frühjahr auch wiederhergestellt .gebildeten Deutschen, oder was gleichbedeutend ist für die tausend und abertan-
werden sollen, wird das Gerüste bis dahin über die Gemälde gedeckt bleiben,! send Verehrer Schiller's.
 
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