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Eggers, Friedrich [Hrsg.]
Deutsches Kunstblatt <Stuttgart>: Zeitschrift für bildende Kunst, Baukunst und Kunsthandwerk ; Organ der deutschen Kunstvereine &. &. — 8.1857

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https://doi.org/10.11588/diglit.1201#0135
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fanden sie sich nichtsdestoweniger in wunderbarer Uebereinstimnmng aller
ihrer Ansichten. Daß sich alles so günstig gestaltete, war dein friedfertigen,
vermittelnden, für die heilige Sache nur lebenden Overbeck vornämlich
zuzuschreiben. „Overbeck, ruft Wilhelm Schadow, Du erkanntest die
Schätze der aus der christlichen Offenbarung hervorgegangenen Poesie und
Kunst und wußtest die längst vergessenen und vergrabenen wiederum zur
Geltung zu bringen." „Selig der Mann, der eine solche Einförmigkeit
besitzt!"

Die deutschen Maler drangen glücklich durch. Uneingeschränkte An-
.erkennung wurde ihnen sowohl von Seiten der Deutschen und Italiener,
obgleich jene Anfangs nicht weniger als diese mißtrauisch ihr Treiben be-
trachteten. „In der lebendigen Welt, schreibt Niebuhr, haben nur unsere
deutschen Künstler Werth und mit ihnen, soweit ihre Sphäre reicht, ver-
setzt man sich wohl auf Stunden, in ein besseres Volk."

Durch die Unternehmungen in Fresko ist das Andenken ihres erfolg-
reichen Zusammenwirkens gesichert.

Für die beiden vornehmsten Ereignisse, die Overbeck in Nom
-erlebte, dürfte er die Rückkehr des Papstes und die Ausgrabung der
Gebeine Raphaels im Pantheon im Jahre 1833 erachten. Man
lernt ihn, den „liebenswürdigen, unfreien Schwärmer,"*) aus
dem Briefe kenenn, den er kurz nachdem er Raphaels irdische Ueber-
reste erblickt hatte, nach Frankfurt sandte an seinen Freund Veit.

Rom d. 18. September 1833: „Was sich in diesen letzten Ta-
gen bei uns zugetragen und gegenwärtig noch alles beschäftigt,
was irgend Kunst liebt oder übt, das wird gewiß nicht minder
Deine lebhafte Theilnahme erregen, als es mich auf das Innigste
ergriffen hat. So dünkt es mich, Pflicht zu sein, Dir selber
zu erzählen, was diese meine Augen gesehen und, fast dürfte
ich hiuzusetzen, meine Hände getastet haben. Wisse denn,
Thenerster, daß ich in das offne Grab Raphaels geblickt habe
und ihn selber, den theuern, den unvergleichlichen Meister ge-
sehn, wovon meine Seele dergestalt erfüllt ist, daß es mir
fast ein Bedürfniß ist, mich dnrch diese Mittheilung zu erleich-
tern. — Zu weit würde es führen, Dir die Resultate der ein-
zelnen Grabungen zu berichten und wie wechselsweise unsere
Hoffnung bald stieg, bald wieder sank; genug am 14. Septem-
ber am Kreuzerhöhnngstage, genau um Mittag, zeigte sich in
deutlichster Uebercinstimmung mit dem, was Vasari berichtet,
ein ganz eingemauerter Sarg, der zwar bis auf wenige Split-
ter schon zerfallen war, allein die köstlichen Ueberreste, nach
denen gesucht ward, noch in ziemlich wohlerhaltenem Skelett
vollständig bewahrte. Welch ein Schauer uns anwandelte, als
zuerst die Ueberreste des theuern Meisters aufgedeckt dalagen,
das wirst Du aus dem, was unfehlbar in Dir selber vorgeht,
wenn Du dieses liesest, besser abnehmen können, als ich es Dir
zu sagen vermöchte. — Möge denn ein für die Kunstgeschichte
gewiß so merkwürdiges Ereigniß auch nicht ohne segensreiche
Folgen für unsre und die kommenden Zeiten bleiben; möchten
im Andenken an den Hochverehrten, viele würdig werden, Erben
seines Geistes zu werden, der wohl leider! viel tiefer begraben
liegt, als seine Gebeine."

Overbeck hat wenig Schüler gehabt, aber eine um so grö-
-ßere Zahl eifriger Anhänger. Der erste unter ihnen ist Joseph
Führich. Bei einem Theil der Maler gilt jener mehr als irgend ein
-anderer Meister, nämlich bei denen, die ihre Kunst ausschließlich
-der katholischen Kirche weihen.

*) In einem Schreiben Niebuhr's.

KiniZtlitrrlltnr.

- - . * '. ...

Jahrbuch der Kaiser!. König!. CenLral-Commission zur Erhaltung
und Erforschung der Baudenkrnale. 1856. Mit 17 Tafeln
und 26 Holzschnitten. Wien, 1856. In Commission bei W.
Braumüller.

Von W. Lübke.

(Schluß.)

Wir wenden uns nun zu einem größeren, den Beschluß dieses
Bandes bildenden Aufsatze von R. Eitelberger v. Edelberg über
einen archäologischen Ausflug nach Ungarn. Es ist eine für die
mittelalterliche Kunstforschung sehr werthvolle Arbeit; denn sie er-
schließt dieser Disciplin ein neues, bisher in weiteren Kreisen gänz-
lich unbekanntes Gebiet. Der Verf. ist mit dem Architekten Hi es er
in den Jahren 1854 und 1855 im Aufträge der Central-Commission
zweimal im südwestlichen Ungarn gewesen, hat eine Anzahl der wich-
tigsten Orte untersucht, ihre alten Denkmäler kennen gelernt und
giebt in anziehender Reiseschilderung einen Bericht, der dnrch die
nach den Zeichnungen und Aufnahmen Hieser's trefflich ausgeführ-
ten Holzschnitt-Illustrationen und größeren Kupsertafeln eine besondre
Anschaulichkeit erhält.

Obwohl die Untersuchungen des Verf. nur einen kleinen Theil —
die Gegend zwischen Donau und Drau — und auch diesen, wie er
vorsorglich bemerkt, nicht erschöpfend behandeln, so sind die Resultate
doch jetzt schon höchst beachtenswerth. Daß die mittelalterlichen
Denkmäler der deutschen Donauländer den Einfluß der deutschen,
und speciell der süddeutschen Bauschule zur Schau tragen, ist nach
den bis jetzt veröffentlichten Ergebnissen der Forschung nicht mehr zu.
bezweifeln. Ebenso scheint es sich herauszustellen, daß in der gothi-
schen Epoche ein starker Wechsel eingetreten sei und direkte Einwir-
kungen der französischen Architektur Statt gesunden haben. An den
böhmischen Bauten ist dies wenigstens klar genug zu erkennen. Auch
kann ein solches Resultat keineswegs befremden, da dasselbe mit
gewissen in anderen Gegenden angestellten Beobachtungen zusammen-
trifft. Wir erwähnen nur beispielsweise Belgien, wo in romanischer
Zeit der deutsche Einfluß der benachbarten rheinischen Schule der

scheu Epoche die politische.und künstlerische Machtstellung Deutsch-
lands erlosch, und das abhängige Zwischenland zu den architektoni-
schen Principien der nordfranzösischen Bauhütten sich sofort bekannte.
Ob und wie weit dies letztere Verhältniß auch in den österreichi-
schen Donanländern stattgefunden habe, läßt sich nach dem jetzigen
Stande der Forschung noch nicht entscheiden: wohl aber tritt für
die romanische Epoche die abhängige Stellung von Deutschland nicht
bloß für die deutschen, sondern auch, nach Eitelberger's Forschungen,
für die ungarischen Gebiete des österreichischen Staates für uns
außer Frage. Die Thatsache, daß'Deutschland den Beruf hat und
pflegt, „die Kultur nach Osten zu tragen", erweist sich also auch
auf knnsthistorischem Gebiete von altem Datum und geschichtlicher
Berechtigung. Suchen wir, dem Gange des Aufsatzes folgend, dies
näher zu charakterisiren.

Zunächst ist festzuhalten, daß es in Ungarn nach der Ver-
sicherung des Verfassers, trotz der Unkunde- der Bewohner
und trotz der häufigen Vornrtheile und irrigen Meinungen, eine
große Anzahl mittelalterlicher Denkmale giebt. Vorwiegend gehö-
ren dieselben der romanischen Bauweise und dem Ueb'crgangssthl
an. Frühes, Alterthümlichcs aus jener Epoche i]t freilich kaum
erhalten, und die Volkstradition, welche meistens die älteren Kirchen
vom h. Stephan herstammen läßt, ist eben so wenig auf die noch
. vorhandenen Bauwerke anzuwenden, wie im westlichen Deutschland
 
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