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Eggers, Friedrich [Editor]
Deutsches Kunstblatt <Stuttgart>: Zeitschrift für bildende Kunst, Baukunst und Kunsthandwerk ; Organ der deutschen Kunstvereine &. &. — 8.1857

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https://doi.org/10.11588/diglit.1201#0159
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der neu - deutschen Kunst" nicht schon 1798 unter, stieg nicht erst
acht Jahr später das leuchtende Gestirn des Faustgedichts über den
deutschen Landen auf? Konnte jener nächtlich wiederkehren von
Cestius Pyramide, oder hat er unter den klassischen Pinien sterbend
jenes christlich-germanische Wunderwerk worausgeahnt? Nicht hier,
noch von uns wird das Räthsel zu lösen sein; nur ein unbefangnes
Wort sei uns noch darüber vergönnt. Niemandem wird'es einfallen,
Carstens geringer zu achten, weil er außer Lucian und Dante, Ho-
mer und Ossian auch an Göthe sich iuspirirt hätte; wäre es denn
nun umgekehrt für den Letzteru ein Schimpf, wenn er wirklich aus
einer Composition von Carstens (die in seinem Besitz war) den
Stoff zu einer Scene seines großen Dramas geschöpft hätte? Doch
wir wenden uns lieber zu letzterem selbst und zu seiner Bedeutung
für moderne Kunst und — Diablerie.

(Schluß folgt.)

% t i t ti n g.

^ ^erllN. Ein Besuch Lei dem Hrn. Konsul Wagener in seiner Villa
in der Schillingsgasse stand auf der Tagesordnung. Neue Erwerbungen, die der
unermüdliche Kunstfreund theils von einem längeren Besuch in Italien heimge-
bracht, theils anderweit empfangen hatte, versprachen eine angenehme Kunstschau,
die freilich immer bevorsteht, wenn man Gelegenheit hat, die geschmackvoll ange-
ordneten und ein wahres Kunsiwohlbehagen athmenden Räume dieses Patriziers
zu besuchen. Vor allem war es auf die Betrachtung einer Statue abgesehen
welche von Emil Wolfs in Rom angekommen war. Wir fanden sie anfeiner
nur im Sommer nach vorne geöffneten Veranda, von der eine breite Treppe in
den sorgfältig gepflegten Garten führt, vortheilhaft aufgestellt. Sie zeigt eine rö-
mische Jungfrau, welche im Begriff ist, für die Kämpfe des zweiten pnnischen
Krieges ihr Ohrgehänge herzugeben und es daher loszunesteln sucht. . Dieses
reizende Motiv ist sehr gut zum Ausdruck gekommen. Mit Anmnth neigt sich
die schlanke Gestalt, leise nach hinten, das schöne Haupt seitwärts senkend, um
das Opfer bequemer zu vollziehu, für welches eine bereitwillige Freudigkeit und
Entschlossenheit aus den Mienen spricht. Die reiche Gewandung ergießt sich,
namentlich über den Riicken, in sehr gefälligen Linien und mit elastischem Leben
heben sich die schwellenden, edel geformten Arme ans derselben empor. Das
Ganze ist eine der liebenswürdigsten neuern Schöpfung ans der, wie und erzählt
wird, sehr reichen und fruchtbaren Werkstatt unseres Landsmannes. Der Konsul
hat die Statue auf ein nach der Zeichnung und Größenaugabe des Künstlers
gefertigtes Piedestal von schlesischem Marmor bringen, und dieses vermittelst einer
neuen Vorrichtung so construiren lassen, daß sich das Ganze drehen läßt, nicht
bloß die Plinthe der Bildsäule, welches, wenn sie viereckig ist, immer fatale Ver-
schiebungen giebt.— Heber andere neue Erwerbungen das nächstemal.

— Auch in Colberg hat man den Entschluß gefaßt, Se. Maj. dem hochse-
ligen Könige ein Denkmal zu errichten. Dasselbe soll in einer Podesterstatne in
Bronze bestehen; wegen der Ausführung ist man mit unserm Drakc, dem auch
Stettin und unser Thiergarten ihr Königsstandbild verdanken, in Unterhandlung
getreten.

Gr jstuittjrtrt. Durch die Munifizenz Sr..Majestät des Königs ist die
hiesige Staats-Galerie abermals um zwei werthvolle ältere Oelgemälde bereichert
worden. Das eine davon gehört der venetianischen Schule an, und ist daö Werk
des Jacopo Cavedone, „Lot und seine Töchter" darstellend. Ein. größeres
Interesse gewährt jedoch das andere, welches, bekannt unter dem Namen „Mona
Lisa," in mehrfachen Exemplaren vorhanden, dem Kunstforscher die Frage aufwirft:
wo und welches als das vom Meister Leonardo da Vinci gemalte Original
sei. Bekanntlich ließ der König Franz I. von Frankreich, die schöne Madonna
lüsa, cid Giocondo in Fontainebleau, wo er damals Hof hielt, von L. da Vinci
portraitiren und demnach wird wohl anzunehmen sein, daß dieses Bild dasselbe
ist, welches noch jetzt im Louvre gezeigt wird. -Ob L. da Vinci gleichzeitig meh-
rere dieser Bildnisse anfertigte, oder unter seiner Aufsicht anfertigen ließ, läßt
sich zwar nicht bestimmen, aber doch vermuthen, da dieselben, so weit sie uns
bekannt sind, durchaus nicht das Gepräge einer späteren Kopie tragen. Doch, ob
nun Original oder Kopie, in jedem Falle besitzen wir ein äußerst interessantes,
werthvolles Kunstwerk, das einen Vergleich mit seinen in Paris, Madrid, Peters-
burg und München befindlichen Geschwistern nicht zu scheuen hat. —

Im Atelier des Nestors der hiesigen Portrait-Maler Stirnb.rand, sahen
wir jüngst ein größeres wohlgelungenes Gemälde. Es ist dies das lebensgroße

Bildniß des Grafen Wilhelm von Würtemberg in ganzer Figur. Der edle
Herr, der sich auch durch seine leibliche Größe auszeichnet, steht männlich und
ritterlich in voller glänzender Rüstung, die Rechte in die Seite gestemmt, die
Linke auf den geschmückten Helm gelehnt, welcher auf reich geschnitztem gothischem
Tische liegt. Den Hintergrund bildet ein Burggemach, dessen grauer Ton die
blanke ritterliche Gestalt leuchtend hervortreten läßt. Der Kopf hat bei äußerst
sprechender Aehnlichkeit eine frische, wahre Färbung und können wir deni ziem-
lich bejahrten Meister nur Glück wünschen, daß er seinem Auge die Jugend so
lange bewahrt hat. —

Der Bildhauer Gyldeustein hat da« 7 Fuß hohe Modell eines originel-
len Springbrunnens vollendet, welcher gleichsam eine Apotheose der Napoleoni-
den repräsentirt. Der Künstler selbst nennt seine Arbeit: „Triumph-Fontaine
des Kaisers Napoleon des Dritten," wie er es auf den Rand seines Spring-
brunnens eingegraben. Daß der letzte orientalische Krieg eine große Rolle in
diesem Werke spielt, ist selbstverständlich, und so sehen wir auch um das untere
Bassin-sechs recht hübsch komponirte Figuren, welche die bei dem Orientkriege
vornehmlich betheiligten Mächte, also: Frankreich, England, Rußland, Türkei,
Oestreich und Sardinien, repräseutiren. Aus der Mitte des Bassins erhebt sich
eine Säule, um deren Fuß sich eine Halle mit offenen Nischen anbaut. In
dieser steht das Bild Napoleons des I. in ganzer Figur, neben ihm der Genius
der. Geschichte, eine Nolle entfaltend oder aber von den letzten Großthaten seines
Neffen erzählend, Ueber diesem kleinen Pantheon zeigt uns die Fortsetzung der
Säule in erhabener Arbeit die Helden des Krim-Feldzugs, theils zu Roß, theils
zu Fuß, bei denen auch die hervorragendsten Diplomaten nicht vergessen sind.
Nachdem die Säule noch eine mit drei wasferspeienden Adlern geschmückte Schaale
getragen, wird ihrem Schaft das Kapital aufgesetzt, auf welchem der fetzt regie-
rende Kaiser der Franzosen im vollen Ornat, den Zepter in der Rechten, und
den Lorbeer um das Haupt, in edler fürstlicher Haltung steht. Es würde uns
zu weit führen, die Menge feiner und kleiner Details, an denen diese Arbeit
reich ist, auszuzählen, obschon dieselben zum Verständniß und zur folgerechten
Entwicklung des Ganzen wesentlich beitragen. Mögen die einzelnen Bezüge
auch hin und wieder auf etwas lockerem Boden stehn, so können wir doch dem
Ganzen als einem sinnig und originell konzipirtenKunstwerke unsere Achtung nicht
versagen, und wünschen dem Urheber herzlichst, daß sein Werk auch ein
Triumph seiner Kitnst werden möge. —

— Der Hofbaumeister Knapp hat sich von seiner langen schweren Krank-
heit so weit wieder erholt, daß er sein Geschäft wieder aufzunehmen im Stande ist.

— Dem geschickten Miniatur-Maler Holder Hierselbst hat Se. Majestät
der König das Ritterkreuz des Friedrichs-Ordens verliehen.

Hl. Wnniju'l'g. In Berlin hat sich ein Hülfsverein zur Unterstützung
des germanischen Museums gebildet, an dessen Spitze der Director der Kunst-
kamnier, Hauptmanu von Ledebur, der Kreisgerichts-Director Odebrecht,
der Geh. Archivrath Märcker, Director Waagen, nebst anderen namhaften
Männern stehen, von deren wissenschaftlichein Eifer und praktischer Tüchtigkeit
das Beste zu hoffen steht. Außerdem ist vom Fortgange der genannten Anstalt
das Erfreulichste zu melden. Der Großherzog von Mecklenburg-Schwerin
hatt derselben einen Jahresbeittag von 120 Thlr. zugesichert. Unter dem höch-
sten Adel Deutschlands, der seine thättge Anerkennung dem Museum schenkt,
sind als hinzugetreteu Fürst Karl Egon zu Fürstenberg, die.Grafen von
Isenburg, Büdingen, WächterSbach, Graf Franz von Kuefstein u., a.
zu nennen. Die Stadt Hof hat sich den Orten angeschlossen, welche dem ger-
manischen Museum Jahresbeiträge bewilligten; den deutschen Studenten ist die
Erlanger Verbindung Germania in Unterstützung der National-Anstalt voraus-
gegangeu. Von höchster Wichtigkeit ist, daß die Direction des königl. Sächs.
Hauptstaatts-Archivs zu Dresden dem Museum die unentgeltliche Anfer-
ttgung von Urknndenregesten und Abschriften aus dem genannten Archive zn-
gesagt hat.

Drillet. Die Versteigerung der berühmten Gemäldesammlung des
Herrn Theodor Patureau wird, wie man aus Paris schreibt, dort am
20. April beginnen. Das Cabinet Patureau war, neben dem des Herzogs von
Arenbcrg, das bedeutendste von Brüssel, und bestand aus ungefähr 70 Bildern,
meistens aus der vlämischeu und holländischen Schule. Die beiden Perlen der
Sammlung sind eine Landschaft von Hobbema, die Mühlen genannt, und ein
holländisches Estaminet von Adrian Ostade, aus der Sammlung Van Saceghem.
Außerdem sind noch drei andere Ostade da, zwei Rembrandt, drei Rubens, ein
Van Dyck, fünf Teniers, vier Ruysdael, drei Wouverman, zwei Jan Steen,
zwei W. Van der Velde, ein Paul Potter, ein Terburg, ein Franz Mieris der
ältere, ein Gonzales Coqües, ein Murillo, vier Köpfe von Grenze, zwei Watteau,
drei Voucher rc. rc. Die Sammlung des Grafen Cornelissen soll gleichfalls
zur Versteigerung nach Paris wandern, und dasselbe Schicksal wird auch wohl
die des verstorbenen Herrn Van der Schrick in Löwen haben.
 
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