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Eggers, Friedrich [Hrsg.]
Deutsches Kunstblatt <Stuttgart>: Zeitschrift für bildende Kunst, Baukunst und Kunsthandwerk ; Organ der deutschen Kunstvereine &. &. — 8.1857

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https://doi.org/10.11588/diglit.1201#0230
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214

ist, zeichnet sich besonders eine Landschaft aus der letzten Sammlung
aus. Die Seemaler sind lange nicht so reich ausgestattet, als die
erstaunliche Zahl trefflicher Bilder dieser Gattung in England cs
erwarten ließ. Backhuhsen und van de Capella sind sehr un-
genügend vorhanden. Dagegen sind die zehn von Willem van
de Velde vorhandenen Bilder, fast alle sehr gewählt, und eine
ruhige See aus der Sammlung des Marquis von Hertford unter
seinen großen Bildern dieser Art eins der vorzüglichsten. Auch von
dem Mondscheinmaler Arthur van der Neer sind einige meister-
liche Bilder vorhanden, unter ihnen auch ein Sonnenuntergang aus
der Sammlung G. Field- Ich darf kaum erwähnen, daß es an
einigen Meisterwerken von Franz Snhders- von Jan David de Heein
und Jan van Huysum nicht fehlt.

Was die spanische Schule betrifft, so möchten außerhalb Spa-
nien nicht leicht so viel Bilder der beiden Hauptmeister, Velasquez
und Murillo, zusammen gewesen sein, als hier. Von 24, den
Namen des ersteren tragenden, dürften 20 echt sein, eine, bei der
'außerordentlichen Seltenheit dieses Meisters außerhalb Madrid, ge-
wiß sehr große Zahl. Ich muß mich begnügen, einige der vorzüg-
lichsten hervorzuheben. Sehr merkwürdig ist bei der höchsten Sel-
tenheit seiner historischen Bilder eine unbekleidete, vom Rücken ge-
sehene Venus, worin er ein Modell von schlankem Verhältniß mit
einer wunderbaren Meisterschaft in einem gemäßigten Lokalton mo-
deüirt hat. Unter den Portraiten nenne ich vor allen das in Cha-
racter, wie in der Färbung höchst energische und lebendige des
Admirals Palido Pareja, aus der Sammlung des Herzogs von
Bedford, nächstdem drei verschiedene von Kindern des Königs Phi-
lipp IV. von Spanien in der Sammlung des M. v. Hertford, und
den Comte Ducque Olivarez zu Pferde, aus der Sammlung des
Lord Elgin. Unter den 30 dem Murillo beigemessenen Bildern,
von denen nur wenige einem Zweifel unterliegen dürften, und viele
gute Arbeiten von ihm sind, zeichnen sich folgende besonders aus.
Maria in der Herrlichkeit aus der Sammlung des Sir Cülling
Eardley; unbedingt eins der großartigsten und schönsten unter den
zahlreichen Bildern des Meisters, welche diesen Gegenstand behan-
deln, und ebenso meisterhaft im Silberton durchgeführt, als das be-
rühmte Bild aus der Sammlung Sonst im Louvre im Goldton.
Es wird jetzt von dem trefflichen Stecher, Hrn. Knolle in Braun-
schweig, gestochen. Die Anbetung der Hirten, von großer Wahrheit
der Erfindung und trefflicher Durchführung in einem goldigen Ton.
Der h. Thomas von Villanueva, welcher Almosen austheilt, eben so
edel in dem Heiligen, als wahr in den Armen, beide aus der Samm-
lung des Marquis von Hertford. Maria mit dem Kinde, aus der
Sammlung des Lord Overstone, ebenso schön im Gefühl, als leuch-
tend goldig in der Färbung. In seiner entschieden realistischen Rich-
tung sind die Flucht nach Aegypten aus der Sammlung von S. C.
Eardleh, und eine trinkende Frau mit ihrem Kinde auf dem Arm,
Naturstudium zu dem berühmten Bilde in Sevilla, Moses, der
Wasser aus dem Felsen schlägt, aus der Sammlung des Hrn. Stir-
ling, höchst vorzügliche Leistungen, welchen sich zwei treffliche Exem-
plare seines eignen Portraits aus der Sammlung des Lord Spen-
cer und des Hrn. Marshall anschließen. Auch von anderen spani-
schen Malern von Bedeutung, Morales, Zurbaran, Atonso Cano,
Pedro de Moha, Theotocupoli, Juan de las Roelas und einigen
anderen sind hier echte Bilder, wenn schon nicht gerade von erstem
Range, vorhanden. .

Die französische Schule ist nicht gerade reich besetzt, indeß einige
der wichtigsten Meister, besonders Nicolas Poussin und Claude,?
sehr gut vertreten. Die beiden vorzüglichsten unter den historischen'
Bildern des ersten, ist der durch den Stich von Raphael Morghen1
allgemein bekannte Tanz der Jahreszeiten, welches Bild der Marquis

von Hertford aus der Sammlung Fesch in Rom gekauft, und ein
sowohl durch die graziösen Motive, als die klare Farbe höchst aus-
gezeichnetes Bachanal aus der Sammlung des Grafen Carlisle.
Aber auch zwei Landschaften ersten Ranges sind von ihm vorhanden.
Die -eine mit Orpheus und Euridice, welche von der Natter gebissen
wird, aus der Sammlung der Lady Dunmore, ist von jener Erha-
benheit der Composition, welche nur ihm eigen ist, In der andern
höchst fleißig ausgeführten, aus Lord Derby's Sammlung, sind mit
vielem Geschmack Gebäude von antiken Formen eingewebt. Auch
unter den sechszehn Landschaften des Claude ist die Mehrzahl sehr-
gut, verschiedene aber höchst vorzüglich. Zu den letzteren gehören
zwei sehr große Bilder aus der Sammlung des Grasen Burlington,
davon das eine mit Apollo und den Musen, das andere mit einer
Ruhe auf der Flucht nach Aegypten, letztere wie ich glaube von der
Hand des Sassoferrato staffirt ist, und ein Seehafen von
klarer und warmer Färbung aus der Sammlung der Königin.
Ein kleineres Bild aus der Sammlung von Hrn. Stirling
ist von seltnem Zauber des feinen Silbertons. Von den übrigen
Meistern erscheinen noch Watteau, Laueret und Paterre durch drei
höchst ausgezeichnete Bilder aus der Sammlung des Marquis von
Hertford, von der vorth eilhastesten Seite. Ga spar Poussin ist
durch fünf Bilder im Verhältniß zu der erstaunlichen Zahl der schön-
sten Werke von ihm in England nur sehr unvollständig vertreten-
Freilich aber gehört eine Ansicht von Tivoli aus der Sammlung des
Marquis von Hertford und eine Ansicht aus der Campag'na, aus
der Sammlung Holford, in Adel des Gefühls, Färbung und Durch-
führung, zu seinen schönsten Werken. Wenige Meister sind aber so
gut bedacht, als Grenze, denn das junge Mädchen, welches ein
ländliches Opfer darbringt, aus der Sammlung Hertford und schon
früher in der Sammlung Fesch bekannt, ein aus der Sammlung
Choiseul stammendes kleines Mädchen mit einem Hunde, aus der
Sammlung von Edmund Förster, und zwei kleine Mädchen, die mit
Tauben spielen, aus den Sammlungen Hertford und Holford gehö-
ren zu seinen berühmtesten Bildern.

Was nun endlich die englische Schule anlangt, so wird sich
jeder Vorurtheilsfreie überzeugen, daß dieselbe in allen Fächern, mit
Ausnahme der Historienmalerei, von Hogarth bis auf unsere Tage,
sehr Ausgezeichnetes hervorgebracht hat.

Hogarth erscheint hier als ein sehr tüchtiger Maler von Bild-
nissen und von landschaftlichen Ansichten. Von seinen Bildern in
der Gattung, welche alle Welt durch die Kupferstiche kennt, sind hier
nicht gerade die besten vorhanden. Das vorzüglichste ist die Scene
aus „tlie Beggars Opera“, im Besitz des Buchhändlers John
Murray. Von dem größten Genremaler der neueren Zeit, Wil-
kie, dessen Werke ebenfalls durch die meisterlichen Stiche allen Kunst-
freunden bekannt sind, finden sich hier zwölf Bilder vor, und unter
ihnen zwei seiner berühmtesten, der Renttag und das Blindekuhspiel.
Außerdem befinden sich hier die beiden größten historischen Bilder,
welche er gemalt hat, „der Pabst Pius VII. und Napoleon" und
„Columbns im Kloster la Rnbida." Auch von Mulready, nächst
Wilkie dem ausgezeichnetsten Genremaler der englischen Schule, ist
hier eine Reihe seiner besten Werke vorhanden, welche durch den
bald humoristischen, bald gemüthlichen Inhalt, die gute Zeichnung, die
warme und kräftige Färbung, die sehr sorgfältige Ausführung an-
sprechen. Minder vollständig ist Leslie, ein feiner Humorist, ver-
treten, doch befindet sich hier sein treffliches Bild ans Sterne's
Triftram Shand'Y, Onkel Toby, der zusieht, ob die Wittwe etwas
im Auge hat. Auch die übrigen, in England mit Recht hochge-
schätzten Genremaler Frith, Webster, Goodaal, Henry Wil-
liams, lernt man hier sehr gut kennen. Stothart, der erfindungs-
reichste und graziöseste englische Maler zu der Zeit, als Flaxman
 
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